

PROPHET DER VERNICHTUNG
Der Finanzbeamte Siegfried Lichtenstaedter hatte in den 20er-Jahren ein scharfes Auge für noch kaum sichtbare Entwicklungen. Der Historiker Götz Aly hat ihn in Erinnerung gerufen.
Stefan Frank
Am 20. Januar jährte sich zum 80. Mal die Wannseekonferenz, wo sich 15 hochrangige Vertreter des NS-Regimes trafen, um die sogenannte «Endlösung der Judenfrage» im Detail zu organisieren.
Siegfried Lichtenstaedter, ein jüdischer Verwaltungsjurist aus Bayern, der in seiner freien Zeit gelehrte, scharfsinnige und oft auch satirische Texte schrieb, hatte die Ermordung der deutschen Juden vorausgeahnt. Es ist dem deutschen Historiker Götz Aly zu verdanken, der Lichtenstaedter durch sein 2019 veröffentlichtes Buch «Siegfried Lichtenstaedter. Prophet der Vernichtung. Über Volksgeist und Judenhass» in Erinnerung gerufen hat.
Oberregierungsrat Lichtenstaedter lebte in den 1920er-Jahren in München. Er las neben vielem anderen auch die rechtsradikale Presse, was ihm wichtige Einsichten…