
EDITORIAL

Liebe Leserin, lieber Leser
«Unsere Gottesferne ist das wirkliche Problem, die ‹tödliche Volkskrankheit› par excellence», sagte Verlagsleiter Lothar Wagner in einem Gespräch über die Misere dieser Zeit. So vieles verunsichert die Menschen, mancher hat das Gefühl, ihm werde der Boden unter den Füssen weggezogen. «Die Welt, wie wir sie kannten, wird gerade ausgelöscht», formulierte der Publizist Milosz Matuschek. Es ist vor allem die Geschwindigkeit dieses Wandels, der die Menschen das Fürchten lehrt. Wo führt das hin?
Die Suspendierung der grundlegendsten Freiheitsrechte ist nun schon ein Jahr in schwankender Radikalität in Kraft. Vormals im Rechtsstaat Undenkbares ist normal geworden. Die Appelle von Regierungen an Zusammenhalt und Gemeinsinn sind Moral-Surrogate, sie dienen der Herrschaft, nicht der Gemeinschaft. Demokratische Verfahren gleichen immer häufiger einer Demokratie-Simulation, etwa, wenn an Parlamenten vorbei Grundrechte gecancelt werden. Die Väter des deutschen Grundgesetzes gaben dem Staatswesen eine strikt föderale Verfassung, als Schutz vor zu viel Zentralmacht, als Damm gegen totalitäre Versuchungen und Gefahren. Ein guter Teil der Regierungsmacht endete an den Grenzen der Bundesländer. Jetzt bricht dieser Damm, das Land wird mit dem Infektionsschutzgesetz regiert, es soll den Föderalismus aushebeln (Stand Mitte April).
Die Gewaltenteilung zwischen ausführender Gewalt (Regierung) und dem Parlament, welches diese kontrolliert, funktioniert nur noch eingeschränkt. Das Parlament ist zum Stichwortgeber für das geworden, was die Regierung ohnehin schon aufgleist. Und die Presse, die «vierte Gewalt»? Hat sie den Auftrag, unerschrocken zu berichten, regierungskritisch und möglichst wahrheitsgemäss, aufgegeben? Der christliche Journalist Egmond Prill besuchte eine grosse Corona-Demo in Kassel und sah eine entspannte Versammlung eines Querschnitts der Bevölkerung: Arbeitnehmer, Familien, Leute, die ihren Müll mitnahmen, Linke mit knallroten Fahnen, Israelfahnen. «Ein Fest der Menschen mit der Sehnsucht nach Freiheit und Leben.» Viele Ärzte und Menschen aus dem Gesundheitswesen nehmen an diesen Demos teil. Die Berichterstattung in den Medien schockierte Egmond Prill. Sie stellte die Wahrheit auf den Kopf. Das berichten Menschen, die solche Demos besucht haben; Christen und Nichtchristen, Teilnehmer und unabhängige Journalisten wie Boris Reitschuster. Egmond Prill kam das Jesajawort von der Herrschaft der Lüge in den Sinn (Jes. 5,20–21). Das Immunsystem des Rechtsstaates – Informationsfreiheit und das Recht auf freie Meinungsäusserung – ist im Visier. «Man kann derzeit gar nicht schnell genug schauen, wie Kritiker stummgeschaltet und wegzensiert werden», schreibt Milosz Matuschek, «und wie schnell ganze Gesellschaften ihre Grundprinzipien über Bord werfen.»
Soweit kommt es, wenn der eigentliche Grund des Zusammenhalts der Gesellschaft, der Konsens über ethische Grundfeste, sich zersetzt hat. Gott ist heilig und unwandelbar, deshalb ist seine gute Weisung für unser Zusammenleben, sein Gesetz, heilig und unwandelbar. Das Gesetz dieser Welt ist unheilig und es wandelt sich ständig, die Gesetze werden immer kurzlebiger und abstruser. «Die als Herrscher gelten, halten ihre Völker nieder, und ihre Mächtigen tun ihnen Gewalt an», sagt Jesus. Aber so soll es unter uns nicht sein, führt Jesus aus: «Wer gross sein will unter euch, der soll euer Diener sein» (vgl. Mark. 10,42–44).
Diese Zeit ist ein Weckruf. Er ruft uns zu Gott und in die Gemeinschaft miteinander. Jeder muss sich jetzt selbst vergewissern, auf welchem Fundament er steht. Es muss eines sein, das ihm nicht unter den Füssen weggezogen werden kann. Dann gilt es, andere zu finden, die ebenfalls erkannt haben: «… der Fels aber war Christus.»
