Der Fußball sendet deutliche Signale
"Mensch, was war das für ein schwuler Pass!“ – es ist noch nicht allzu lange her, dass man im Fußball diskriminierende Sprüche dieser Art regelmäßig gehört hat. Kommentare, die sehr verletzen können. Und die dafür sorgen, dass sich homosexuelle Menschen im Fußball ausgegrenzt fühlen.
Doch in den vergangenen zehn Jahren hat sich Großartiges entwickelt: Der Fußball leistet aktive Aufklärungsarbeit – und sendet damit deutliche Signale, dass Homosexuelle willkommen sind. Den Begriff „schwuler Pass“ hört man heute zum Glück kaum noch.
Persönlich bin ich dankbar, dass ich diese Entwicklung eng begleiten durfte, als Vorstand der Bundesstiftung Magnus Hirschfeld. Zu den Hauptaufgaben unserer im Oktober 2011 gegründeten Stiftung gehört, die Akzeptanz von Menschen mit einer nicht heterosexuellen Orientierung in der Gesellschaft zu fördern, natürlich auch im Sport. Speziell dafür markierte der 17. Juli 2013 einen Meilenstein: An diesem Tag erfolgte die Unterzeichnung unserer „Berliner Erklärung“: eine Selbstverpflichtung, sich im Sport aktiv für die Akzeptanz sexueller Vielfalt einzusetzen. Neben der DFL und Clubs der Bundesliga und 2. Bundesliga gehören Vereine und Verbände wie der DFB oder der DOSB zu den Unterzeichnern.
Ein weiterer Meilenstein war das vorbildhafte Comingout von Thomas Hitzlsperger im Januar 2014, vier Monate nach seinem Karriereende als Spieler. Dadurch wurden Tabus aufgebrochen, die manche früher vielleicht im Kopf hatten, und Vorurteile widerlegt – zum Beispiel dass schwule Spieler womöglich nicht dieselbe Leistung erbringen könnten wie andere. Das Coming-out eines 52-maligen Nationalspielers hat in dieser Hinsicht viel verändert.
Umso mehr empfand ich es als Auszeichnung für unsere Arbeit, dass sich Thomas Hitzlsperger dafür entschied, Botschafter unserer Initiative „Fußball für Vielfalt – Fußball gegen Homofeindlichkeit und gegen Sexismus“ zu werden. Hierbei haben wir zusammen mit der Universität Vechta zahlreiche Bildungsangebote entwickelt und bieten diese auch in Zusammenarbeit mit der DFL Stiftung an – zum Beispiel für Mitarbeitende von Proficlubs. Dass Thomas Hitzlsperger als unser Botschafter aktiv ist, hat dem Thema noch viel mehr öffentliche Aufmerksamkeit gebracht.
Wie selbstverständlich das Thema Homosexualität in der Gesellschaft geworden ist, hat zuletzt auch die Fußball-EM bewiesen. Ein Kioskbetreiber in meinem Wohnort Berlin sagte mir, dass er nie zuvor so viele Regenbogenfahnen an alle möglichen Fans verkauft habe. Wie großartig! Als Symbol für die Akzeptanz von Schwulen und Lesben ist der Regenbogen meiner Wahrnehmung nach zu einer der stärksten Marken geworden, die es auf der ganzen Welt gibt – erfreulicherweise wird dies auch im Fußball immer mehr sichtbar.
Weitere Infos: www.ffv-online.de
ZUR PERSON: 2009 gehörte Jörg Litwinschuh-Barthel zu den Gründern des Projekts „Fußball gegen Homophobie“, im November 2011 wurde er zum Vorstand der Bundesstiftung Magnus Hirschfeld berufen. Im November 2021 gibt der 53-Jährige diese Position ab.
AUẞENANSICHTEN
Persönlichkeiten unterschiedlicher Institutionen und Bereiche der Gesellschaft schreiben über den Profifußball.