

EDITORIAL
LIEBE LESERIN, LIEBER LESER
Das Tragen von Masken gehört zur Faschingszeit wie die Forelle zum Wasser. Der Reiz des kollektiven Versteckspiels liegt nicht selten im Umstand, sich unerkannt über jegliche sonst hochgehaltenen Moralkodexe hinwegzusetzen, ohne dafür die Konsequenzen tragen zu müssen. Die Identität des Einzelnen ist irrelevant, Hauptsache, man hat beim bunten Treiben Spass zusammen.
Doch nicht nur in der närrischen Zeit haben Larven Hochkonjunktur. Verschiedene Gründe treiben Menschen dazu, sich eine Rolle, eine «innere Maske», zuzulegen. Meistens vermittelt sie dem Träger mehr Sicherheit. Der Sprücheklopfer versteckt dahinter seine Ängste oder Unsicherheit, der Prahler seine Minderwertigkeitskomplexe, der Machtbesessene Schuld und den Hunger nach Annahme und Liebe. Auch wenn die Rolle sich zunehmend fremd anfühlt und man gerne sich selbst wäre, ist das Risiko zu gross, das wahre Gesicht zu zeigen. Man könnte «Freunde» irritieren oder gar verlieren. Einsamkeit macht sich breit. Da ist niemand, der mich versteht. Wie auch, wenn mich keiner kennt?
In Hebräer 4,13 steht: «Kein Geschöpf ist vor Gott unsichtbar, sondern alles ist bloss und aufgedeckt vor den Augen dessen, mit dem wir es zu tun haben.» Einerseits löst dies Unbehagen aus: Er weiss alles, wirklich alles! Andererseits kann es entlastend sein, dass Gott mich sieht, wie ich wirklich bin.
Wie befreiend, die Maske abzulegen und Gott alle Fehler, alle Schuld und den Hunger nach bedingungsloser Annahme zu sagen! Jedem, der sich nach seiner Vergebung ausstreckt, spricht der Richter Gnade vor Recht zu. Der heilige Allmächtige erhebt den Gebeugten zu seinem Kind und umgibt ihn mit ewiger Liebe. Aber «wenn jemand nicht von Neuem geboren wird, so kann er das Reich Gottes nicht sehen» (Joh. 3,3). Man wird kein Christ, indem man sich einen frommen Anstrich verpasst. Jesus will uns nicht nur aufpolieren, sondern völlig neu machen (2. Kor. 5,17). Wenn er in uns lebt, sind wir eine neue Schöpfung. Nicola Vollkommer vertieft dieses Thema im Artikel «Weg mit der Maske!», ab Seite 6.
«Religion steckt den ‹alten Menschen› in neue Kleider. Jesus Christus steckt in die alten Kleider einen ‹neuen Menschen›.»
(Autor unbekannt)
Wie es um die Beziehung eines Menschen zu Gott steht, beeinflusst unmittelbar jene zum Nächsten. Stimmt es vertikal nicht, klappt es auch horizontal nicht. Hat ein Mensch jedoch Freispruch, Wert und Liebe bei Gott gefunden und lebt in seinem Licht, kann er authentisch sein. Der Stress fällt weg, sich selbst in ein besseres Licht zu rücken oder den anderen abzuwerten, um im Vergleich besser abzuschneiden. Auch belastet der eigene Liebeshunger, nun vom himmlischen Vater selbst gestillt, nicht mehr andere. Im Gegenteil: Liebe austeilen wird möglich durch die unerschöpfliche Quelle, den Reichtum in Ihm!
«Jesus will uns nicht nur aufpolieren, sondern völlig neu machen.»
Haben Sie auch schon das Glück erlebt, wie Vertrauen und Freundschaft genau da wachsen, wo man Fehler zugibt, sich nicht herausredet, zuhören kann und sich vom anderen etwas sagen lässt?
«Unfehlbar sein» ist Fassadenpolitur und kommt einem immensen Kraftakt gleich. Auch wer sich an die Maske gewöhnt hat, ihr Gewicht kaum noch wahrnimmt: Die Erleichterung, sie abzulegen, ist unübertroffen! Demut fühlt sich nur wie Sterben an, bis der Stolz in die Knie gezwungen ist. Danach ist es Freude pur.
Herzlich, Ihre
