

EDITORIAL
Liebe Leserin, lieber Leser
Kennen Sie Menschen, die den Eindruck vermitteln, als hätten sie aufgehört zu leben? Sie verbreiten auch tagsüber Nacht-Stimmung, empfinden alles nur schwierig, sind mühselig und beladen. Ihre Haltung ist geprägt von Sätzen wie: «Es ist, wie es ist. Da kann man nichts machen!» Sie rechnen mit nichts, ausser – dass alles noch schlimmer kommt. Jeder widrige Umstand scheint ihr Denken zu bestätigen. Ihr inneres Feuer ist wie ausgelöscht, ihre Sehnsucht nach Grösserem und Tieferem zugeschüttet. Unglücklich leben sie vor sich hin. Aufbruch und Veränderung, Sehnsucht nach wahrem Leben und einem grösseren Ziel, das Rechnen mit Gottes Zuwendung – solche Hoffnungen sind für sie Fantastereien. Ganz anders David! Er wusste, dass Gott grösser ist als alles Bedrängende. Auf der Flucht vor seinen Häschern, in einem Versteck in der Wüste, war ihm nichts wichtiger, als Gott zu suchen: «O Gott, du bist mein Gott; früh suche ich dich! Meine Seele dürstet nach dir; mein Fleisch schmachtet nach dir in einem dürren, lechzenden Land ohne Wasser, dass ich deine Macht und Herrlichkeit sehen darf, gleichwie ich dich schaute im Heiligtum. Denn deine Gnade ist besser als Leben; meine Lippen sollen dich rühmen» (Psalm 63,2 bis 4 SLT).
«Denn deine Gnade ist besser als Leben; meine Lippen sollen dich rühmen.»
Psalm 63,4
Hätten Sie bei Anbruch des Tages, nach einer vor Angst durchwachten Nacht und bis auf die Zehenspitzen durchgefroren, als Erstes Gott gesucht? Bei mir hätten sich ganz zuvorderst die Bitten um Bewahrung, um Wasser, um Nahrung und eine Decke gedrängelt, und das alles vor der Sorge, ob Gott mich überhaupt noch sieht ... David suchte als Erstes die Begegnung mit Gott. Sein Herz sehnte sich nach Gemeinschaft mit ihm und seiner Liebe. Für ihn war klar: Gottes Gnade zu finden, ist wichtiger als zu überleben. Deshalb gehörte seine ganze Aufmerksamkeit nicht den Umständen, sondern Gott. David lebte das wichtigste Gebot, das uns Menschen gilt, nämlich den Herrn zu lieben von ganzem Herzen und mit ganzer Seele und ganzem Denken (vgl. Matth. 22,37 und 38).
Wer sich nach Gott sehnt, der nähert sich ihm. Jakobus formulierte: «Naht euch zu Gott, so naht er sich zu euch» (Jak. 4,8). Das lässt sich nicht anders erklären, als dass sich auch Gott sehnt, und zwar nach uns! Aus Liebe verzichtete er auf alle göttlichen Privilegien; er ging ausser sich, wurde als Mensch geboren, suchte uns auf, kam in unser vom Tod infiziertes Leben. Er erniedrigte sich selbst und war gehorsam bis zum Tod, indem er wie ein Verbrecher am Kreuz starb (vgl. Phil. 2,8). In Jesus Christus treffen sich alle Sehnsüchte. In ihm kommt es zur Vergebung der menschlichen Schuld, zur Annahme, zur Versöhnung und zur Gemeinschaft mit dem Vater im Himmel. So wird das Leben wach und lebendig; gefüllt mit Glaube, Hoffnung und Liebe!
Herzliche Grüsse, Ihr Rolf Höneisen