EDITORIAL

EDITORIAL


LIEBE LESERIN, LIEBER LESER

Der Vater hebt seinen Sohn über das Brückengeländer und lässt ihn in den Fluss fallen. Es ist weder ein Versehen noch Badespass. Er will das Kind ein für alle Mal loswerden. Wie durch ein Wunder über«lebt» es. Die Geschichte, wie dieser kleine Junge, bereits ein Bündel aus Hass und Wut, zu einem Mann wird, den man von der Gesellschaft wegsperren und verwahren muss, fordert mich wie selten eine zuvor. Was ich im Gespräch zu hören bekomme, scheint mir eher ein Zusammenzug vieler schrecklicher Lebensläufe als die Biografie eines Einzelnen. Wörter verbinden sich zu Sätzen. Bestenfalls skizzieren sie das Elend, erlebt und gelebt hat es allein Wilhelm Buntz. Eine traurige Story mehr? Es gibt sie zigfach auf der Welt. Viel mehr als sein «krasses» Leben fesselt mich jedoch ein ganz anderer Umstand. Wilhelm Buntz ist nicht gleich Wilhelm Buntz. Unmöglich, den heutigen mit dem früheren zusammenzubringen. Wobei der neue eigentlich alt und der alte jung ist. Kompliziert?

Wie ist es möglich, dass bei diesem in die Jahre gekommenen Mann nichts mehr von seiner bitteren Vergangenheit durchdrückt? Klar, die vergilbten Tätowierungen und das frühzeitig gealterte Gesicht sind nicht zu übersehende Zeugen. Ich meine etwas anderes: Buntz hasste Menschen, mied sie. Jetzt spricht er gütig, liebevoll, geduldig und sehnt sich danach, mit anderen ins Gespräch zu kommen. Er sucht keine Bühne für sein Ego, will sich nicht vermarkten. Die neue Kreatur vor mir ist real, wenn auch selten! Was der einstige «Bibelraucher» in stundenlangem Bibellesen durch Gottes Geist erkennt, setzt er mit dessen Hilfe in die Tat um. Alles andere bringt kein echtes Wachstum, ist ein «Treibhauseffekt übersteigerter Frömmigkeit, der höchstens merkwürdige Stilblüten zutage fördert» (J. Drechsel). Wilhelm nimmt es mit dem Gehorsam seinem Lebensretter gegenüber ernst, sehr ernst. Nicht um durch Drill eine verbesserte Version seiner selbst zu werden. Diese Illusion ist mit dem alten «Helme» gestorben. Sein Credo lautet: «Ich bin mit Christus gekreuzigt; und nun lebe ich, aber nicht mehr ich [selbst], sondern Christus lebt in mir. Was ich aber jetzt im Fleisch lebe, das lebe ich im Glauben an den Sohn Gottes, der mich geliebt und sich selbst für mich hingegeben hat» (Gal. 2,20).

«Die Freiheit hat einen hohen Preis, es ist ein stetiger Kampf. Aber Menschen sollen hören, wie schön es ist, ein Diener des Heilands zu sein.»

«Die Freiheit hat einen hohen Preis, es ist ein stetiger Kampf. Aber Menschen sollen hören, wie schön es ist, ein Diener des Heilands zu sein», sagt der Ex-Knacki zu mir. Nun ist er bei seinem Lieblingsthema, erzählt freudig von dem, der ihn gerettet und neu gemacht hat. Ich hoffe, das Interview ab Seite 6 ermutigt auch Sie, Jesus nachzufolgen.

Als Christen, als Jünger Jesu, möchten wir im Glauben wachsen und reifen. Paulus setzt den richtigen Schwerpunkt: «Nicht dass wir von uns selber aus tüchtig wären, sodass wir uns etwas anrechnen dürften, als käme es aus uns selbst, sondern unsere Tüchtigkeit kommt von Gott» (2. Kor. 3,5).

Wenn Jesus durch uns leben darf, nimmt sein Bild Gestalt in uns. Die Rebe selbst bringt keine Frucht, sondern der Weinstock. Schwierige Witterungs-Bedingungen wollen das verhindern. Jeder kennt den «Hagelschlag» liebloser Worte, den «Schädlingsbefall» der Eifersucht, die «Orkanböen» zerstörender Kritik und vieles mehr. «Ich bin der Weinstock, ihr seid die Reben. Wer in mir bleibt und ich in ihm, der bringt viel Frucht», lautet das Versprechen Jesu (Joh. 15,5). Herrliche Aussichten! Sein «Ja» zu uns verändert alles.

Viel Freude bei der Lektüre! Herzlich, Ihre

Daniela Wagner-Schwengeler
Nächster Artikel
X
Nächster Artikel
X
VOM BIBELRAUCHER ZUM BIBELLESER
X
aus ethos 07/2019
Dieser Artikel ist aus
X
ethos 07/2019

ethos 07/2019

2019-06-26

INPUT

Cover

l GOTTES « JA »

«Dieser nimmt die Sünder an und isst st mit ihnen.» Lukas 15,2 Es ist eine grosse Wohltat, zu erfahren, dass uns ein Mensch von Herzen angenommen hat. Das ist wie ein Stück Heimat. In solch einem Angenommensein können wir ausruhen. Das Angenommensein ist auch eine Einladung, die Kräfte freisetzt und…

EDITORIAL

Cover

l EDITORIAL

LIEBE LESERIN, LIEBER LESER Der Vater hebt seinen Sohn über das Brückengeländer und lässt ihn in den Fluss fallen. Es ist weder ein Versehen noch Badespass. Er will das Kind ein für alle Mal loswerden. Wie durch ein Wunder über«lebt» es. Die Geschichte, wie dieser kleine Junge, bereits ein Bündel…

INTERVIEW

Cover
«Ich ertrug es nicht, wenn andere Liebe bekamen ...!»

l VOM BIBELRAUCHER ZUM BIBELLESER

Wilhelm, dein Start ins Leben war denkbar schlecht, dass du lebst, ein Wunder ... Ja, meine Mutter wollte kein drittes Kind. Sie weigerte sich nach meiner Geburt, mich zu versorgen: «Mach mit ihm, was du willst!», sagte sie zu meiner Schwester und…

GELEBTE NACHFOLGE

Cover

l WIE nett MÜSSEN Christen SEIN?

Mit den Worten Jesu am Kreuz «Es ist vollbracht!» setzte Gott ein für alle Mal einen Schlussstrich unter alle geistlichen Punktesysteme. Doch ebenso gilt: Eine Bekehrung lässt uns nicht unverändert.

ALLTAGSTAUGLICH

Cover

l ENDE GUT, ALLES GUT

Ich fände es schön, wenn ich hin und wieder einen kleinen Blick in den Himmel erhaschen dürfte. Nur einen flüchtigen. Nur, um mich zu vergewissern, dass die ganze Geschichte in der Tat gut ausgeht und Gott sie wirklich im Griff hat. Dass ich weder vor diesem Leben noch vor dessen Ende Angst haben…

REPORTAGE

Cover

l KAMTSCHATKA

Land der Vulkane und Bären.

PERSÖNLICH

Cover

l NICHT DICKER ALS EIN LOLLI-STIEL

So ungern ich Kleider anprobiere, manchmal muss es einfach sein. Das war früher anders, als ich in jedes ansehnliche Kleidungsstück passte. «Bin ich das wirklich?», frage ich mich, als ich mich halbnackt in der Umkleidekabine eines Ganzkörper-Spiegels sehe. Und während ich mich verbissen, aber…

ERLEBT

Cover

l DIE LÖSUNG LIEGT NICHT IM FRIEDENSPROZESS

Es gibt Hoffnung für Israel – und jeden persönlich. Amir Tsarfati wird in einer jüdischen Familie geboren. Als seine Eltern sich scheiden lassen, ist er plötzlich allein und kommt in verschiedenen Pflegefamilien unter. Amir verzweifelt mehr und mehr am Leben und möchte es beenden. In der Zeit ist er…

KREATIV

Cover

l HÄKELTIEREE

Tierisch niedlich – Kuschlige Spielgefährten selber häkeln.

CHRISTENVERFOLGUNG IN TIROL

Cover

l VERLUST DER HEIMAT

Die evangelischen Christen in Tirol wurden um ihres Glaubens willen, ihrer Liebe zu Gott und seinem Wort, von der katholischen Kirche gnadenlos verfolgt. Man trennte sie von ihren Kindern und vertrieb sie, wenn sie nicht bereit waren, zu konvertieren. Ein Zeitzeugnis, das herausfordert.

ZEITZEICHEN

Cover

l ZEITZEICHEN

BABY GETÖTET: ISRAEL ZU UNRECHT BESCHULDIGT (Israelnetz) Die Terror-Organisation «Islamischer Dschihad» hat zugegeben, dass das während der Eskalation mit Israel an einem Samstag im Mai im Gazastreifen getötete Baby auf ihr Konto geht. Das Gesundheitsministerium der Hamas hatte dafür das israelische…

LESERBRIEFE

l LESERBRIEFE

KERNAUFTRAG ZÄHLT Das Editorial und die Berichte in ethos 5/19 haben mir sehr gut gefallen. (...) Ich persönlich bin fest überzeugt, dass wenn die Kirche ihren Kernauftrag, die Verkündigung des Evangeliums, gut machen würde, das Umweltproblem automatisch anders wahrgenommen wird. Menschen, die den…

WISSEN

Cover

l GRANDIOSE Granatäpfel

Der Granatapfel, der entgegen seines deutschen Namens nicht mit unserem Apfel verwandt ist, trägt die botanische Bezeichnung Punica granatum. Zum Ursprung des lateinischen Namens gibt es verschiedene Angaben. Punica liesse zum einen auf das häufige Vorkommen in Tunesien schliessen,…

ZEITANALYSE CHRISTENHEIT

Cover
IHR LIEFT GUT; WER HAT EUCH

l AUFGEHALTEN?

«Aber sie gingen nicht erst los, als sie ihre Schwäche überwunden hatten, sondern sie überwanden ihre Schwäche, indem sie losgingen. Das macht Christen und Gemeinden stark!»

FOCUS

Cover

l FOKUS

IN FRÜHERER IS-HOCHBURG: IMMER MEHR CHRISTEN (et.) Viel hat sich geändert in Kobane, dieser syrischen Stadt nahe der türkischen Grenze. Von September 2014 bis Januar 2015 besetzt vom «Islamischen Staat», hat sich vor vier Jahren das Blatt gegen die Extremisten gewendet. Heute ist die Stadt unter…

GESUNDHEIT

Cover

l SONNENTAU

Heimtückische Schönheit.

SUCHT

Cover

l WEGE AUS DER SUCHT TEIL 2

«Ich bin süchtig und brauche Hilfe!» – Nur ein ehrliches Eingeständnis bahnt den Weg in die Freiheit.

JUGEND

Cover

l JUGEND

ENTFREUNDEN UND BLOCKIEREN Meine Tochter berichtete mir, dass sie letztens einen langjährigen Freund wegen seines unangebrachten Verhaltens zur Rede stellen wollte. «Er hat gar nicht reagiert. Später schickte er mir eine SMS, in der es nur kurz hiess: ‹Hab dich auf Facebook entfreundet und blockiert…

KIDS

Cover

l DURCHKREUZTE PLÄNE

Endlich ist sie da, die schönste Zeit des Jahres: Familienurlaub im Sommer! Auch Papa wird zwei Wochen am Stück zu Hause sein. Nick hat zusammen mit Anna und Benjamin, seinen Geschwistern, zahlreiche Ideen und Wünsche bei den Eltern deponiert: Besuch im Freibad, Schwimmen im See, Ausflug in den Zoo…

KINDER STÄRKEN

Cover

l WERTSCHÄTZUNG & FAMILIÄRE BINDUNG

Lob und Belohnung helfen, das Selbstwertgefühl eines Kindes zu stärken. Doch leider geschieht häufig genau das Gegenteil.

ETHOS open hands

Cover
CHRISTLICH-SOZIALE OSTHILFE RUMÄNIEN

l ZÄHLE DIE SEGNUNGEN, FANG AN ZU DANKEN!

Es ist Sonntagmorgen. Nach einer unruhigen Nacht wache ich gerädert auf. Der Tag liegt vor mir: Gemeindebesuch, gemeinsames Mittagessen, nachmittags die lange Reise nach Craiova. Geplante Ankunftszeit: 01.00 Uhr nachts. Meine Motivation hält sich in Grenzen. Ich…

BÜCHER & CO

Cover

l BÜCHER 

ÜBERMORGENLAND «Wir erleben gerade die grösste anzunehmende Umstellung aller Zeiten, einen welthistorischen GAU», schreibt der Autor im Klappentext seines neuen Buches. Einen «Wind of Change», erzeugt durch die Megatrends des einundzwanzigsten Jahrhunderts: Globalisierung,…

Uncategorized

Cover

l «JA, IHR WERDET MICH SUCHEN UND FINDEN, WENN IHR VON GANZEM HERZEN NACH MIR VERLANGEN WERDET.»