

Oldtimer-Segler RO4-Olympia
GEFLÜGELTER ZEPPELIN
Olympia – so hieß ein Freiflugmodell der Klasse A3, das 1948 erstmals in die Luft ging. Die Entwicklung von Friedhelm Rotert aus Hamburg geht auf das Jahr 1944 zurück. RO4 bezieht sich wohl auf das Modell Nr. 4 des Konstrukteurs. Ein knapper Plan und Fotos dazu waren im Standardwerk von Alfred Gymnich „Der Segelflugmodellbau in Theorie und Praxis“ (Ausgabe 1951) enthalten. Das Modell hatte einen Bremsschirm, der mit Zündschnur ausgelöst wurde, um längere Thermikflüge zu beenden.

Neu gezeichnet
Die geschwungene Form des Seglers faszinierte mich so, dass ich ihn nachgebaut habe und jetzt einen 1:1-Übersichts- und 1:1-Rippen- und Spantenplan zur Verfügung stelle. Gegenüber dem früheren Modell ist meine Retroversion um 10% vergrößert und kommt so auf 3,24 m Spannweite bei einer Flächenbelastung von 20 g/dm². Das Modell benimmt sich im Hochstart wie ein gutmütiger Drachen und liefert ein beeindruckendes Flugbild, das es schon in eine größere Tageszeitung geschafft hat. Zuschauer riefen auch mal: „Schau, da fliegt ein Zeppelin!“


Bau des Rumpfs
Sämtliche Spanten sind aus 2-mm-Birkensperrholz gefräst. Die Rumpfspanten wurden zur Gewichtsersparnis minimalistisch ausgelegt. Dementsprechend schmal sind die Stegbreiten. Die Längsgurte bestehen aus 3×3-mm-Kiefer. Die Aussparungen für die Kieferngute wurden nur zur Hälfte in den Rumpfspanten eingesenkt, so dass die Gurte etwas herausstehen. Damit wird verhindert, dass die Spanten aus der Bespannung herausragen und erheblichen Zusatzwiderstand erzeugen. Alle Rumpfspanten sind Ellipsen, wobei die kleine Halbachse 60% der großen beträgt. Im Seitenriss folgt der Rumpf der Profilkontur des symmetrischen Profils Gö 409 mit 10% Dicke. Der Übergang Rumpf-Flügel wurde in Eigenregie bearbeitet. Der Hauptspant #11 besteht aus 2×2-mm-Sperrholz. Die Messinghülsen für den Flachstahl-Verbinder werden zwischen die beiden 2-mm-Spanten geleimt (Beilagen aus Sperrholz entlang des Messingprofils einbauen).
Der Rumpfbau erfolgte bei mir, wie damals üblich, auf einer Helling aus horizontalen Leisten. Die Rumpf-Seitenlinie wird von den Hauptgurten (3×10 mm bis Spant 10, dann bis zum Ende verjüngt auf 3×3 mm) gebildet. Diese liegen auf den Hellingleisten auf und bilden eine Bezugs-Gerade. Der Abstand der einzelnen Rumpfspanten macht durchgängig 80 mm aus. Der Nasenklotz wurde aus Vollbalsa verleimt, grob geschnitzt, und dann noch mit Schleifpapier fein bearbeitet. Der Rumpfkopf nimmt den vierzelligen NiMH-Akku auf. Darüber hinaus sind noch etwa 60 Gramm Ballast erforderlich. Der fertiggestellte Rumpf stellt eine imposante und raumergreifende Struktur dar, die, wenn ich nicht fliege, die Decke meiner Bastelwerkstatt schmückt.

Die Leitwerke
Das Höhenleitwerk hat das Profil Gö 409, modifiziert auf 10% Dicke. Es ist unbeplankt. Die Rippen bestehen aus 1,5-mm-Birkensperrholz mit Aussparungen zur Gewichtsreduzierung. Die Holme aus 2×5-mm-Kiefer sind im Ruderbereich mit Stegen verbunden. Die Nasenleiste besteht aus Balsa. Die V-Form des Höhenleitwerks entspricht derjenigen des Flügelmittelteils. Sie wird durch V-Verbinder aus Sperrholz hergestellt. Die V-Ruderflächen sind an der Endleiste mit einem Gleitstiel-Verbinder verbunden, der gleichzeitig der Anlenkung dient.

Das Höhenleitwerk sitzt auf einem konkav profilierten Balsa-Formstück des Seitenleitwerks und wird mit zwei M5-Polyamidschrauben auf diesem festgeschraubt. In das Balsa-Formstück habe ich zwei Sperrholzteile eingesetzt, die dem Gewinde ausreichend Halt geben. Das Seitenleitwerk wurde gegenüber der ursprünglichen Freiflugversion deutlich vergrößert, damit eine ausreichende Steuerbarkeit um die Hochachse erreicht wird. Das antike Erscheinungsbild ist dadurch aber nicht beeinträchtigt.
Fläche auf Knick-Helling
Für den Flügel wird zuerst wird eine Knick-Helling aus einer 20-mm-Multiplexplatte hergestellt, die dem Verlauf der Fügelunterseite entspricht. Der äußere Flügel ab dem ersten Knick wird einschließlich Ohr flach gebaut und das Ohr später hochgestellt. Die Nasenleiste schlitzt man an allen Rippenmündungen rund 1 mm tief ein, damit alle Rippen senkrecht stehen und gut verzahnt sind. Die Flügel-Hauptholme müssen verkastet werden, damit sich eine geschlossene D-Box ergibt. Im Innenteil verwendet man 2-mm-Balsa-Druckstege (hartes Balsa) mit stehender Maserung. Im Außenflügel bestehen die Stege aus 1,5-mm-Balsa (mittelhart). Der Flügel hat keinerlei Schränkung.
Im Plan greife ich auf das Originalprofil Gö 533 zurück, reduziert auf 11% Dicke. Die ersten sechs Rippen bis zum Knick sind aus 2-mm-Birkensperrholz, die restlichen 16 Rippen aus 1,5-mm-Birke hergestellt. Die Wurzel wird mit einer 2-mm-Vollrippe verstärkt. Die Doppel-Kiefernholme haben im Bereich der Wurzel 3×10 mm Querschnitt und verjüngen sich bis auf 3×5 mm an der Endrippe. Außer den ersten vier Rippen im Wurzelbereich haben alle Rippen Ausschnitte zur Gewichtseinsparung.

Der Flügel wird mit den bereits erwähnten Federstahl-Flachprofilen in Messinghülsen mit dem Rumpf verbunden. Als zweite Steckverbindung sind im hinteren Bereich des Profils 3-mm-Stahldrahtverbinder in Messingrohren vorgesehen. Sowohl der vordere als auch der hintere Verbinder sind im Rumpf an den entsprechenden Spanten befestigt. Neodym-Magnete halten den Flügel an der Steckverbindung zusammen.
Bauteil-Gewichte
Rumpf: 1.340 g (mit Flügelbefestigung und RC-Komponenten)
Höhenleitwerk: 106 g
Flügel, komplett: 614 g
Das Bespannen...
... ist der schwierigste Part und erfordert besondere Aufmerksamkeit. Ich habe weiße Naturseide (Pongé 08 mit rund 40 g/m²) verwendet. Vor dem Beginn des Bespannens muss das Skelett mindestens dreimal mit Porenfüller gestrichen und mit feinem Schleifpapier geschliffen werden. Die Seide wird vollständig in Wasser getaucht, unter Zug faltenfrei aufgelegt und dabei mit Verdünnung oder verdünntem Spannlack angetupft. Beim Auflegen ist der maximal mögliche Zug erforderlich, da die Bespannung nach dem Trocknen eher wieder etwas erschlafft. Am besten arbeitet man beim Auflegen der Seide zu zweit. Ein Nachbügeln zum Straffen ist bei Naturseide nicht möglich. Der Rumpf wurde der Länge nach mit entsprechend zugeschnittenen Streifen bespannt.

Nach dem Aufbringen der Seide sind drei bis vier Spannlackanstriche in einem trockenen und warmen Raum erforderlich. Andernfalls können weiße Flecken entstehen. Sollten noch kleine Wellen vorhanden sein, so verschwinden diese in der Regel nach einem Tag Trocknung. Der Spannlackauftrag erfolgt mit einem Schwamm, der eine bessere Verteilung als der Pinsel erlaubt. Das vorsichtige Aufbringen mit einem Schwamm verhindert, dass der Lack durch das Gewebe läuft und dabei auf der Unterseite Tropfen bildet. Der Schwamm sollte das Gewebe aus diesem Grund jeweils nur leicht befeuchten. Diese Methode hat sich bei Seide bestens bewährt.

Anlenkung des Höhenruders
Wegen der V-Form erfolgt die Anlenkung des Höhenruders nach dem (von mir so genannten) Gleitstiel-Prinzip. Dabei ist an der einen Ruderhälfte ein abgewinkelter Stahldrahtstift befestigt, der in einer Führung der gegenüberliegenden Ruderhälfte gleitet. Die Führung ist so gestaltet, dass man den Draht zum Einführen des Anlenkkopfes ein- und ausclipsen kann. Das Ganze ist innerhalb des Ruderausschlag-Bereichs (+/- 15°) sehr leichtgängig und erfordert nur geringe Servokräfte.

Faszinierend in der Luft
Wegen des geringen Gewichts ist mit der RO4-Olympia bei etwas Wind ohne Weiteres auch der früher übliche Laufhochstart möglich. Allerdings muss man angesichts der Gesamtfläche von rund 100 dm² eventuell mit stärkerem Zug rechnen. Im Grunde entspricht es dem Start eines großen Drachens. Der Hochstarthaken befindet sich 20° vor dem Schwerpunkt, der bei 35% der Flügel-Wurzeltiefe liegt. Diese Schwerpunktlage erlaubt auch ein begrenztes Beschleunigen des Modells mit dem Knüppel nach unten, ohne dass die Gleitzahl dabei in den Keller geht.
Generell ist dieser Segler natürlich für das Fliegen bei schwächerem Wind prädestiniert. Er hat in meinem Fall aber mitunter schon längere (Stand-)Flüge bei relativ starkem Wind absolviert und dabei auch Höhe gewonnen. Die Steuerbarkeit ist trotz der niedrigen Fluggeschwindigkeit ausreichend, um bei leichtem Wind auch am Hang fliegen zu können. Von der Ästhetik des Flugbilds her ist die RO4-Olympia schon etwas Faszinierendes – und der verdiente Lohn für ein ordentliches Stück Arbeit.
Bauplan im VTH-Shop

Die RO-4 Olympia ist im VTH-Shop gedruckt (ArtNr. 3201524) und digital (ArtNr. 9335) für 14,99 € erhältlich. Zum Lieferumfang gehören ein 1:1-Übersichtsplan (Format A0 Überlänge), ein 1:1-Plan für die Rippen und Spanten, die Stückliste und die Baubeschreibung.
VTH-Bestellservice: Tel.: 07221 5087-22, E-Mail: service@vth.de, Internet: www.shop.vth.de
RO4-Olympia
Spannweite: 3.240 mm
Rumpflänge: 2.100 mm (ohne SLW)
Fluggewicht: 2.060 g
Flügelprofil: Gö 533 (10% Dicke)
HLW-Profil: Gö 409 (10% Dicke)