Aichi D3A1 – Modellbau-Tagebuch eines Eigenbaus


DIE UNENDLICHE GESCHICHTE

Der folgende Beitrag zeigt, wie aus einem vorbildähnlichen Zweckmodell ein Mammutprojekt entstand. Alles begann im Sommer 2002 auf dem Modellflugplatz: „Mist! Mein Viertaktsprit ist alle. Ob der Modellbauhändler wohl noch welchen hat? Seit die Gefahrgutvorschriften verschärft wurden, bin ich mir da nicht mehr so sicher. Ich glaube da muss ich was machen – ich brauche ein Modell mit Benzinmotor!“ Mein alter Trainer hat schon genug Flugstunden auf dem Buckel und einen Warbird hätte ich auch gerne. Vorbildähnlich, aber einfach und schnell zu bauen muss er sein, mit Sternmotor, damit der Benziner gut unter die Haube passt und ein festes Fahrwerk wäre auch schön. Die Suche beginnt.

Sommer 2003

Ein ZG 38 hat den Weg in meinen Keller gefunden. Gut, dann wird das Modell eben etwas kleiner. Bei den Plastikmodellen sehe ich dann den Revell Bausatz einer Aichi D3A1 „Val“ in 1:48. Genau das, was ich suche! Sternmotor, festes Fahrwerk, Tiefdecker und noch dazu ein Bomber mit recht großer Tragfläche = kleine Flächenbelastung. Außerdem habe ich noch nie eine Aichi als Modell gesehen. Der Bausatz kommt mit und erste Skizzen auf ein weißes Blatt Papier. Hmm – elliptische Flächen, vielleicht doch nicht ganz so einfach zu bauen.

Dieser Plastikbausatz inspirierte den Autor zum Bau der Aichi.

September 2003

Ich habe Kontakt zu Aeromax Scale-Dokumentation aufgenommen. Dort gibt es einen Dreiseitenriss von der Aichi. Damit kann ich dann endlich anfangen den Bauplan in 1:1 zu zeichnen. Aber wie groß soll sie werden? Damit der ZG 38 unter die Haube passt, brauche ich fast drei Meter Spannweite! Unmöglich. Bei 2,40 m schauen Kopf und Kerze unten raus, das ergibt dann genau einen Maßstab von 1:6. Wenn ich leicht baue, könnte das gehen. Und wenn ich mich an die Originalkontur halte, kann ich ja sogar die Semi-Scale-Regularien einhalten! Also wird ein Koordinatennetz über die Dreiseitenansicht gelegt und alle Rundungen im Fotokopierer auf die richtige Größe gebracht. Aber was ist das? Die Kontur der Querruder ist auf der Oberseite gerade und unten gebogen, die Landeklappen haben unten einen Knick, Höhen- und Seitenruder einen weit innen liegenden Drehpunkt! Da brauche ich Details. Meine Suche nach Dokumenten führt mich zu einem Münchner Verlag, welcher ein Buch über die Aichi im Programm hat. „Famous airplanes of the world“ Ausgabe 30 von 1972. Auf Japanisch. Egal, die historischen Originalfotos sind gut und es gibt eine farbige Dreiseitenansicht darin. Leider ist nur ein einziges Exemplar der Maschine nach dem Krieg restauriert worden, die Diemert-Val. Sie steht heute im Planes of Fame Air Museum, in Chino Kalifornien. Damals wurde allerdings der Motor mit der Cowling einer B 25 und die Leitwerke eines völlig fremden Flugzeugs eingebaut. Trotzdem bestelle ich mir den Fotosatz bei Aeromax. Tatsächlich sind auch beim Original die Querruder und Landeklappen so geformt! Die Lösung: Bei den Querrudern läuft der Drehpunkt außen mittig, innen ist er nach unten und hinten verschoben. Die Landeklappen gehen ohne Teilung als Ganzes über den Knick der V-Form, die Drehachse liegt schräg im Flügel. Das ist genial! So bleibt das nach unten ausschlagende Querruder in der Flügelkontur, wobei das nach oben ausschlagende aber unten über den Flügel heraussteht, bremst, und so dem negativen Wendemoment entgegen wirkt. Das brauche ich auch! Beim Flügelprofil entscheide ich mich für ein NACA 2415, das fliegt immer. Bei 2,5° EWD und einer Verwindung der Außenflügel von -1,5° errechne ich einen Auftrieb von 11 kg bei 95 km/h, das passt perfekt. Inzwischen ist es Ende 2004 geworden und der Bauplan liegt bis auf die Details fertig auf dem Baubrett.

Durch die schrägen und außermittigen Drehpunkte von Landeklappe und Querruder ergeben sich ungewöhnliche Klappenkonturen und eine Verringerung des negativen Wendemoments.

Anfang 2005

Ich beginne mit dem Rumpf. Die Spanten entstehen aus einem Sandwich von 0,8-mm-Birkensperrholz außen und leichtem 2,5-mm-Balsaholz innen, verklebt mit Epoxidharz. Das ist unglaublich steif, recht leicht und ergibt schöne breite Klebeflächen. Da der Rumpf einen elliptischen Querschnitt hat und auch sonst keine gerade Linie zu finden ist, teile ich alle Spanten in der Mitte und baue zwei Halbschalen. Die Spanten werden erst mit Längsgurten aus Balsa verbunden und danach mit 3-mm-Balsa beplankt, welches zuvor über einem Abwasserrohr nass vorgebogen wurde. Erst mal nur die Außenseiten, der Rest muss offen bleiben, um noch Zugang für die Einbauten zu haben. Beim Zusammenfügen der Hälften sehe ich dann, ob ich gut gezeichnet habe. Alles passt perfekt aufeinander und es zeigen sich erstmals die Dimensionen der neuen Maschine.

Der Rumpf von innen mit eingezogenen Servokabeln, Spornrad-Anlenkungsseilen und Kohlefaserstangen für die Krafteinleitung des Fanghakens.

Als nächstes versuche ich mich am Seitenleitwerk. Auch elliptisch, keine gerade Stelle, um es beim Bau zu unterlegen. Ich versuche, mittig Löcher durch die Rippen zu bohren, diese auf Stahldrähte aufzufädeln um damit eine Helling zu haben. Sieht zunächst gut aus, aber die Drähte drücken sich beim Beplanken ins Holz und das Leitwerk wird krumm. Mist! Der Frust sitzt tief, seit Beginn des Projektes sind schon drei Jahre vergangen und ich fliege immer noch meinen Trainer mit Viertakter. Ich brauche endlich was anderes!

Das Rumpfgerüst nach dem Zusammenfügen der Halbschalen (2005) und mit aufgelegten Leitwerken.

Sommer 2005

Ein Modellfliegerfreund bietet mir einen fast neuen OS FT-120 Surpass an. Ist zwar wieder ein Viertakter, aber in einer Piper Pawnee würde er doch gut ausschauen... Den FMT-Bauplan habe ich auch zu Hause, die Pawnee ist recht einfach zu bauen und passt um 25% vergrößert super zum Motor. Also die Aichi Pläne zusammengerollt und die Pawnee dazwischengeschoben. Aber ich habe kein Glück. Die zweite echte Funkstörung in 32 Fliegerjahren lässt die Pawnee beim Erstflug 2006 in einem Maisfeld zerschellen. Nach der Reparatur im Frühjahr 2007 dann ein Strömungsabriss in der Kurve zum Landeanflug – Schrott.

Das Höhenleitwerk auf dem Baubrett. Die Rippen sind mit Stützfüßen ausgestattet.

Das angeschlagene Höhenruder mit dynamischem Ruderausgleich.

Frühjahr 2007

Ich grabe die Pläne der Aichi wieder aus und beginne damit, die Rohre für die Steckung der Höhenruder und der Tragflächen zu wickeln. Dabei tropfe ich Kerzenwachs auf die Alurohre, lasse dieses dann mit einem Föhn unter ständigem Drehen des Rohrs zu einem dünnen Film verlaufen und hart werden. Danach wickle ich Glasmatte mit Harz direkt auf das gewachste Rohr. Ist das Harz ausgehärtet, blase ich mit dem Föhn durch das Rohr, bis das Wachs schmilzt und kann so die GFK-Außenrohre ganz einfach abziehen. Die Wachsschicht ist so dünn, dass ich die GFK-Teile sogar noch etwas aufschleifen muss, um die Innenrohre vernünftig einstecken zu können. Aber reichen 25-mm-Alurohre aus dem Baumarkt für die Flächen? Ich spanne eines davon ein, schiebe ein Stahlrohr darüber und bringe Last in der Entfernung des Außenflügelschwerpunkts auf. Bei 80 kg biegt sich das Alurohr erstmals, das ergibt ein erlaubtes Lastvielfaches von 32 g! Ich könnte dünnere Rohre nehmen, aber die Steckungen sind ja schon fertig. Frisch ans Werk! Doch wieder schlägt das Schicksal zu. Im September 2007 wird mein Arbeitsplatz abgebaut, ich werde nach München versetzt und bin nur noch am Wochenende zu Hause. An der Aichi weiterzubauen ist fast unmöglich, schließlich habe ich auch noch Familie. Aber immer noch nichts zum Fliegen außer meinem genügsamen Trainer.

Weihnachten 2008

Von der Aichi sind bis jetzt nur noch die beiden Höhenruderhälften entstanden, mit Füßchen auf einer Seite der Rippen, denn auch die Höhenruder sind elliptisch, kein einziger gerader Strich. Aber so lassen sie sich ganz gut bauen, werde ich bei den Flügeln wohl auch machen. Meine Frau hat ein Einsehen, sie schenkt mir zum Weihnachtsfest die große Spitfire von Kyosho, da passt der vakante 120er OS gut rein. Also steht die Aichi erst mal wieder hinten an. Im Juli 2009 erfolgt der Erstflug meiner Spitfire: Die EWD der Tragfläche stimmt überhaupt nicht, aber ich kriege sie wieder heil auf den Boden und nach erfolgter Korrektur fliege ich endlich einen Warbird!

September 2009

Was für ein Glück! Ich kann von München weg und wieder an meine alte Arbeitsstelle. Da die Spit gut und zuverlässig fliegt, kann ich mich jetzt voll und ganz der Aichi widmen. Jetzt geht’s loooos! Ich feile mir das Spornfahrwerk aus einem Alu-Block und versuche Hauptfahrwerke mit Gabelaufnahme für das Rad und Zentralfederbein zu bekommen. Gar nicht so einfach! Die Aichi hat im Original Räder mit 96 cm Durchmesser! Die 152er DuBro-Räder sind Klasse, aber Fahrwerke von der Stange dafür? Fehlanzeige! Da muss ich wohl noch etwas kreativ werden. Also baue ich zur Ablenkung erst mal einen funktionierenden, selbstverriegelnden Fanghaken. Da ich aber endlich mit den Tragflächen anfangen will, lasse ich mir die Hauptfahrwerke schließlich bei HAWE auf Maß fertigen.

Die HAWE-Hauptfahrwerke, das Spornrad und der Fanghaken.

Frühjahr/Sommer 2010

Die Tragflächen werden konventionell aus Holz aufgebaut. Sie sind dreiteilig, mit geradem Mittelstück inklusive Hauptfahrwerksaufnahme und elliptischen Außenflügeln mit jeweils 6,5° V-Form, wie im Original. Vier Kieferholme, voll verkastet, im Mittelstück 8×8 mm, in den Flügeln 8×6 mm, sich verjüngend auf 8×2 mm bis zu den Spitzen, sorgen für Festigkeit. Da die Holme gekrümmt sind, verleime ich entsprechend viele 8×2-mm-Kieferleisten aufeinander. Der ganze Flügel wird komplett mit 2,5-mm-Balsa beplankt. Da alle Einbauten und Servos vor oder hinter den Holmen sitzen, ergibt sich ein unbeeinflusster Zentralkasten mit enormer Biege- und Torsionssteifigkeit. Aber zuerst müssen die Rippen hergestellt werden, alle sind unterschiedlich groß. „Profili“ von Stefano Duranti hilft mir dabei. Ich drucke jede einzeln aus, klebe den Ausdruck mit Klebestift direkt aufs Balsaholz, schneide sie mit dem Teppichmesser aus und verschleife Unebenheiten. Die Rippen bestehen an der Flügelwurzel aus 3-mm-, in der Mitte aus 2,5-mm- und außen aus 2-mm-Balsa. Bei der Steckung verwende ich mein Sperrholz-Balsa Sandwich und im Bereich der Fahrwerksaufnahme werden Halbrippen aus 3-mm-Buchensperrholz verbaut, welche in den vorderen Holm greifen und das Steckungsrohr umschließen. An alle Rippen klebe ich jeweils zwei 5×5-mm-Balsastäbe als Füßchen. Diese schleife ich beim Mittelstück mit einer Schablone auf gleichen Abstand zur Profilsehne und bringe sie mit Hilfe einer Schiebelehre auf exakt gleiche Länge. Aber wie bekomme ich eine gleichmäßige Schränkung in die Außenflügel? Dazu befestige ich eine zwei Meter lange Abrichtlatte aus Aluminium drehbar auf meiner Arbeitsplatte. Darüber bringe ich eine Strichmarkierung für die Profilsehne und 1,80 Meter vom Drehpunkt der Latte eine Skala mit jeweils 9 Markierungen in 0,15°-Schritten an. Wenn ich jetzt die Latte je nach Rippe auf die benötigte Gradzahl drehe, kann ich die Füßchen solange abschleifen bis die Profilsehne der Rippe sich mit der Markierung auf dem Baubrett deckt. So erhält jede Rippe ihre individuelle Anstellung und der Flügel seine 1,5° Schränkung um den vorderen Holm. Nachdem alles sauber ausgerichtet und fixiert ist, die Holme eingeklebt, verkastet und die Steckungsrohre eingepasst sind, beplanke ich die Oberseite des Flügelmittelkastens. Vom Baubrett lösen, umdrehen, wieder fixieren und die Unterseite bis auf die Füßchen beplanken bereitet die Flügel für den Bau der Ruder und Klappen vor. Beide sind in Hohlkehle angeschlagen, drehen sich mit einem Bowdenzug-Außenrohr um einen im Lagerbock festgeklemmten 2-mm-Stahldraht. Die Lager säge ich mit der Laubsäge aus gekauften 4- bzw. 6-mm-GFK-Platten. Nachdem alles fest verklebt ist, schließe ich die Flügeloberseite und schneide die Ruder und Klappen an den vorher aufgebrachten (!) Markierungen aus. So kann absolut kein Verzug entstehen, alles läuft leicht und passt perfekt.

Der Fanghaken verriegelt selbständig im ausgefahrenen Zustand werden die Stöße beim Aufsetzen durch Kugelschreiberfedern vom Servo ferngehalten.

Februar 2010, das Tragflügelmittelstück mit eingeklebten Steckungsrohren und den Rippensätzen für die Außenflügel.

Der linke Tragflügel mit beplanktem Mittelkasten. Die GFK-Lager für die Querruder und Klappen sind eingebaut, genauso wie die Bowdenzugröhrchen für den Scharnierstahldraht.

Die Füßchen werden auf der Unterseite soweit abgeschliffen, bis sich die Profilsehne der Rippe mit den gezeichneten Markierungen deckt. Danach Oberseite abschleifen bis die Schiebelehre für alle die gleiche Länge anzeigt.

Winter 2010

Es liegen acht Einzelteile als Rohbau auf meiner Arbeitsplatte. Zeit für die Hochzeit! Das Tragflügelmittelstück mit angesteckten Außenflügeln wird auf der Platte fixiert, der Rumpf eingemessen und die Einstellwinkeldifferenz mit einem elektronischen Winkelmesser bestimmt. Unzählige Wäscheklammern, Stecknadeln und Gewichte halten alles in Position bis das mit Mikroballons eingedickte Harz an den Klebestellen fest ist. Geschafft! Die Aichi steht erstmals auf eigenem Fahrwerk.

Frühjahr/Sommer 2011

Ein Motorabsteller mit anschließender Bauchlandung auf einem gefrorenem Acker sorgt bei der Spitfire für eine umfangreiche Reparatur der Tragfläche, was mich wieder ein paar Monate zurückwirft. Jetzt, im Sommer, wäre eigentlich der Einbau des ZG 38 an der Reihe. Aber ist das noch zeitgemäß? Außerdem könnte ich den Abwurfmechanismus für die Rumpfbombe nicht realisieren, da der Zylinder und die Kerze unten aus der Haube schauen. Mit Stangen geführt, wird die Bombe im Sturzflug am Propeller vorbei geleitet. Geht nicht, wenn da der ZG sitzt! Also mache ich mich schlau und kaufe einen AXI 5345/18HD und einen Jeti Spin 99 Opto-Regler. Der sollte mit 10 bis 12s-LiPos den ZG 38 alt aussehen lassen – und er schaut auch nirgends raus. Nun sind die GFK-Teile dran. Ich beginne mit der Motorhaube, erstelle ein Positiv aus Styrodur, überziehe es mit Glasmatte und nehme davon die Negativform für das Anbauteil ab. Desgleichen mit den Flügel-Rumpf-Übergangsverkleidungen. Nur verwende ich hier das Styrodur gleich als Positivform, welche beim Ausformen zerstört wird. Bei den Radschuhen ist perfekte Symmetrie gefragt, darum klebe ich so viele Sperrholzplatten zusammen bis die Dicke für das Positivmodell ausreicht. Wenn man jetzt daran feilt, raspelt und schleift, sieht man immer an der Form der einzelnen Klebeflächen ob alles passt! Während auch noch Kühler, Federbeinverkleidungen, Kabinenhaubenrahmen und Auspuffattrappen entstehen, wird es.

Rumpf , Flügel- und Leitwerksmittelstück sind eingemessen und miteinander verklebt.

Ausflug an die frische Luft für einen Fototermin und Größenvergleich.

Die Anzahl der hergestellten Formen und Positive ist doch immens!

Die Trägerbleche mit den Gleitschienen für die Kabinenhaubenrahmen werden auf einer Einbauhelling verschraubt – fertig für den Einbau in die Aichi.

Januar 2013

Die GFK-Teile sind fertig, alles wird zusammengebaut. Die Kabinenhaube stellt dabei höchste Anforderungen an meine Kreativität, denn sie soll wie das Original zu öffnen sein! Dazu brauche ich Führungsschienen am Rumpf und in den Haubenrahmen. Die Haubenführungen fräse ich auf der Ständerbohrmaschine mit Fräsern und der Trennscheibe vom Dremel aus der 4-mm-GFK-Platte, die Rumpfschienen sind aus Messing-C-Profilen von Conrad, die weich auf einer Trägerplatte aus 0,5-mm-Messingblech verlötet werden. Damit beim Rumpfeinbau beide Trägerplatten parallel verklebt werden können, was zwingend nötig ist, weil sich sonst die Hauben nicht schieben lassen, verschraube ich sie erst auf einer Helling aus drei Holzklötzen. Diese Helling wird mit den Trägern in den Rumpf eingesetzt und erst entfernt, nachdem der Kleber ausgehärtet ist.

März 2013

Der Rohbau steht, jetzt bleiben noch Detailarbeiten. Ich beginne mit der Herstellung der Bombenträger für die Flächen und der Abwurfmechanik der Rumpfbombe. Um bei den gebogenen Führungsstangen eine ausreichende Steifheit zu erzielen, biege ich diese aus dünnem Edelstahlrohr und fülle sie anschließend, indem ich Epoxidharz getränkte Kohlerovings durchziehe. Die Bombenaufnahme ist aus Alu gefeilt und besitzt eine Verriegelung welche die Bombe erst freigibt, wenn ca. 50% des Schwenkweges ausgeführt sind. Jetzt noch schnell die Servos einbauen und die Kabinenhaube verglasen. Schnell? Die Servos sind ja Routine, aber die Verglasung macht Arbeit. Für die geraden, nur in einer Richtung gekrümmten Sektionen ist das Vivak zu steif. Nach mehreren Biegeversuchen klebe ich das Material mit breitem Malertape auf die Formpositive und erwärme es mit dem Haarfön. Aber die hinterste Haube, die Verglasungen der Positionslichter und die Landescheinwerfer-Attrappen sind sphärisch gewölbt! Es bleibt mir keine andere Möglichkeit, als die Tiefziehbox aus dem uralten FMT-Artikel nachzubauen. Damit funktioniert das Tiefziehen auf Anhieb, alles passt und sieht Klasse aus. Da der Erstflug nun in greifbare Nähe gerückt ist, brauche ich auch einen schönen Scale-Propeller. Den finde ich bei Ramoser. Die Nabe, der kleine Alu-Spinner und die 20-Zoll-Blätter mit etwas abgerundeten Spitzen sehen aus wie echt! Inzwischen ist der August vorbei.

März 2013: die Schiebetioniert!

Sieht doch schon wie ein richtiges Flugzeug aus!

September 2013

Das komplette Flugzeug überziehe ich mit 25-g/m²-Glasmatte und verklebe diese mit wasserverdünnbarem Fußboden-Siegellack, den ich mit Talkum eindicke. Wird hart, füllt gut und lässt sich sehr gut schleifen. Da das Wasser als Lösungsmittel verdunstet, ist der Auftrag auch nicht allzu schwer. In meiner Garage spritze ich dann alles mit 1K-Grundierung vom Autolackierer. Ups! Da kommen ja noch ordentliche Unebenheiten zum Vorschein! Da ich mir aber immer noch nicht schlüssig über die Aichi überhaupt fliegt, beschließe ich, den Erstflug so zu wagen wie sie jetzt vor mir steht.

Um die Aichi ordentlich auswiegen zu können, habe ich auf die Steckungsrohre beidseitig ein Sperrholzbrettchen aufgeschoben. Dort sind mehrere Bohrungen für unterschiedliche Schwerpunktlagen, in welche Haken mit Seil eingehängt werden. Dieses Seil ist mit einem Dübel an der Kellerdecke befestigt und lässt die Aichi schweben.

6. Oktober 2013

Fast windstill, wenig Betrieb am Modellflugplatz und sogar Roland mit seiner super Fotoausrüstung ist da. Jetzt gibt es keine Ausreden mehr. Erst mal die Bahn auf und ab rollen, immer schneller, bis zur Abhebegeschwindigkeit. Wie auf Schienen läuft die Aichi geradeaus, die Luft lockt. Mit frisch gefüllten Akkus und flottem Herzschlag schiebe ich den Gashebel bis zum Anschlag vor. Die Aichi beschleunigt schnell, hebt nach ca. 25 Metern ab und steigt in flachem Winkel in den Himmel. Fühlt sich gut an, jetzt die Trimmung checken. Nach einem Trimmklick rechts fliegt sie sauber geradeaus. Das Höhenruder kommt sehr direkt, hier werde ich wohl deutlich Expo programmieren. Überziehen: Langsam, langsamer, gaaanz langsam – jetzt schiebt sie über die linke Fläche weg, taucht bedächtig ab. Keine Spur von Giftigkeit, immer gut beherrschbar. Jetzt noch die Landeklappen ausfahren – die Aichi bremst deutlich ab, fliegt aber einfach geradeaus weiter und zeigt keinerlei Moment um die Querachse. Überragend! Ich habe noch Saft auf den Akkus, jetzt wird geturnt. Looping, Rollen, Turns, noch niemals vorher habe ich so etwas beim Erstflug gemacht. Nach der butterweichen Landung mit auf 40° gesetzten Klappen kann ich mein Glück kaum fassen. Die Aichi D3A1 ist ein echter Volltreffer geworden!

Geschafft! Nach einem fantastischen Flug setzt die Aichi weich auf. Motiviert geht’s nun ans Finish.

Die Testpiloten sind bereit zum Erstflug in Grundierung.

Winter 2013

Die Oberfläche ist ein zweites Mal gespachtelt, geschliffen und mit auflackierten Blechstößen grundiert. Auf ebay finde ich ein weiteres Buch. Osprey Combat Aircraft Nr.63: Aichi 99 Kanbaku Val Units 1937 – 42 von Osamu Tagaya. Darin befindet sich eine farbige Seitenansicht in Navy-Grau mit orangenem Rumpf und rotem Giraffenmuster! Geflogen von LtCdr Takashige Egusa von Oktober bis Dezember 1941 an Bord des Trägers „Soryu“. Und in Zukunft auch von mir. Bei solchen Flugeigenschaften und dieser auffallenden Lackierung muss natürlich auch die Oberfläche stimmen. Nieten und Weathering müssen die Blechstöße ergänzen. Erst versuche ich die Nieten mit einem abgedrehten 1,5-mm-Messingrohr in die Oberfläche zu drücken, das hält aber gerade mal vielleicht hundert Nieten, dann ist es stumpf. Deshalb drehe ich mir später, als mich das nervt, ein Werkzeug aus Stahl, damit kann ich bedeutend länger arbeiten. Die Oberseite des ersten Querruders ist fertig. Sieht Hammer aus! Ich zähl mal nach und bekomme gleich einen Schock: 524 Nieten. Da geht mir auf, was ich mir hiermit angetan habe und wie lange das wohl dauern wird. 18 Monate brauche ich, um die 35.083 Nieten und 1.303 Schrauben zu imitieren.

November 2014: Einige zehntausend Nieten sind in Flügel und Rumpf gedrückt und etliche Wartungsdeckel simuliert.

Das Vorbild für die Lackierung aus dem Buch Osprey Combat Aircraft 63, Aichi 99 Kanbaku „VAL“ Units 1937-42 von Osamu Tagaya (ISBN 978-1-84176-912-7).

Die Spezialwerkzeuge für die Oberflächengestaltung von links: Messingrohr mit eingelötetem Stahldraht und Rundmaterial mit gedrehtem Absatz um 0,1 mm tiefe Rillen als Blechstoß in die Flügel zu drücken. Stahlwerkzeug für 1,5-mm-Nieten, 1,5-mm-Messingrohr, halb geöffnet für verdeckte Nieten und zwei Werkzeuge für unterschiedlich große Schlitzschrauben mit flach geschliffenem Stahldraht in der Mitte um den Schlitz zu bekommen.

April 2015

Die Lackierung beginnt. Ich sprühe mit der Airbrush zuerst silberne Farbe auf die Blechstöße und die Vorderkanten von Flügel, Motorhaube und Radverkleidungen. Darauf kommt jetzt nasses Salz, mit dem die Lackabplatzer abgedeckt werden. Um den Staub zu binden, sprühe ich meine Garage mit Wasser aus und lackiere dort Navy-Grau und Orange. Dafür verwende ich 2K-Einschichtlack vom Autolackierer, die richtigen Farbtöne habe ich aus einer Konversionstabelle für japanische Flugzeuge des Zweiten Weltkriegs aus dem Internet. Rot und Schwarz spritze ich wieder mit der Airbrush einfach so im Garten. In den Pausen zum Trocknen des Lacks beginne ich dann damit, das Instrumentenpanel aus einer dünnen GFK-Platte herzustellen. Eine (auf japanisch) beschriftete Zeichnung davon befindet sich in meinem ersten Buch, Gott sei Dank kenne ich jemanden, der mir das übersetzt. Die Fotos der Originalinstrumente finde ich wieder im Netz, drucke sie aus, klebe sie auf eine Vivak-Scheibe und dann von Hinten auf das Instrumentenbrett. Ein Ring aus Messingrohr vorne drauf und vier kleine M1-Schräubchen runden alles ab. Der Lack ist jetzt trocken, das Salz kann ab. Ich kratze mit einem Stückchen Sperrholz, um keine Macken in die Oberfläche zu drücken und wische dann mit einem nassen Lappen die letzten verbleibenden Spuren ab. Cool, jetzt ist der Dreck dran. Meiner Tochter klaue ich ein Stück Zeichenkohle, zerschabe sie auf Schleifpapier, tupfe einen Lappen darauf und wische damit, auf einem Blatt Papier beginnend, über die Blechstöße. So bekomme ich eine scharfe Kante mit Schmutz im Windschatten der Bleche. Die Fettspuren hinter den Scharnieren, Auspuffruß und sonstige Spuren wische ich Freihand. Der mattierte Lack nimmt die Kohle dankbar an und obwohl ich ausschließlich Schwarz verwendet habe, sieht das Endergebnis so richtig vergammelt aus. Trägerflugzeuge werden eben nicht gepflegt. Auf einen Überzug mit Klarlack verzichte ich, denn echte Gebrauchsspuren machen das Ergebnis nur glaubwürdiger.

Lackabplatzer und Schmutzspuren an den Blechstößen.

Der Heckstand mit dem abnehmbaren MG.

Da bei der Fahrt zum Flugplatz immer was kanoch eine Transportkiste für Höhenleitwerke und Flügel gebaut.

13. Juli 2015: Der zweite Erstflug kann entspannt beginnen – die guten Flugeigenschaften hat die Aichi schon in Grundierung bewiesen.

13. Juli 2015

Der zweite Erstflug hält keine Überraschungen für mich bereit, ich genieße einfach das fantastische Flugbild und habe Spaß. Wird ja auch langsam Zeit nach 12 Jahren Bauzeit!

Winter 2015

Das Cockpit ist noch immer leer bis auf das Instrumentenbrett. Zeit, das zu ändern, habe ich jetzt, auch wenn schon eine Orlice auf den Bau wartet. Das Internet und meine Bücher zeigen mir etliche Details von Einbauten, die ich, so gut es mir möglich ist, umsetze. Jetzt muss ich nur noch die Piloten erleichtern, von denen ein jeder noch über 300 g wiegt, und die Aichi neu auswiegen. Ich habe es endlich geschafft – jetzt ist meine Aichi fertig!

Der Stangenmechanismus führt die im Sturzflug ausgelöste Bombe sicher am Propeller vorbei. Sie ist in dem Aluhalter verriegelt und wird erst in dieser Position freigegeben.

Auch die halb verdeckt eingebaute Sauerstoffanlage wurde nachgebaut. 

Das hintere Cockpit mit Aviation-Kompass, Funkanlage und Bombenzielgerät.

Das vordere Cockpit ist fertig ausgebaut.

Trotz der strikten Diät ist LtCdr Takashige Egusa stolz auf seine Aichi.

Mit gesetzten Klappen kommt die Aichi zum tiefen Überflug – ein Flugbild zum Genießen.

Mit dieser Perspektive zeigt die Aichi sehr schön die elliptische Flächen- und Leitwerksform.

Die Akkus werden durch die zur Hälfte abnehmbare Motorhaube gewechselt. Gut zu sehen: Der voll im Luftstrom montierte Regler.

Fertig! Vom ersten Bleistiftstrich bis zu diesem Moment sind 13 Jahre vergangen – Scale-Modellbau braucht Muße und manchmal auch Durchaltevermögen. Eine schöne Sternmotorattrappe ist Pflicht in der großen Motorhaube – der AXI fügt sich schön in das Kurbelgehäuse des Sterns.

Februar 2016

Der nächste Eigenbau ist schon in meinem Kopf. Ein mehrmotoriges Flugzeug diesmal. Vorbildähnlich, aber einfach und schnell zu bauen muss es sein…

Klar zum Einsatz in friedlicher Mission.
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2016-12-14

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