

Toni Clark: Ein persönlicher Abschied
Toni Clark war eine der großen Persönlichkeiten der Modellbau-Branche. Am Morgen des 25. Juni 2016 starb er im Alter von 81 Jahren nach kurzer schwerer Krankheit. Sein Name wird jedoch für immer weiterleben in der Toni Clark practical scale GmbH, die Gerhard Reinsch wie gewohnt fortführt. In einem persönlichen Nachruf erinnert sich FMT-Autor Thomas Stürznickel an seine Begegnungen mit Toni Clark und an dessen Erzählungen.
Ein Modellbau-Pionier
„Während meiner Militärzeit nach dem Krieg in Deutschland beobachtete ich in Hamburg Trümmerfrauen. Ich war fasziniert von diesen Menschen. Frei von Standesdünkel hat jede und jeder einfach nur die Ärmel hochgekrempelt und die Arbeit gemacht. Das war mein Bild vom Deutschen: die Arbeit sehen und machen. Das hat mich fasziniert“, erzählte Toni Clark.
Nach der Ableistung seines Wehrdienstes in Deutschland kehrte Toni – er war gelernter Tischler – zurück nach England. Er begann, Modell-Segelflugzeuge zu konstruieren und träumte schon von einem eigenen Betrieb. Er war auch einer der ersten Briten, die mit GFK experimentierten. Damals noch aus Glasmatte und mit Polyesterharz, produzierte er schließlich in der Küche seiner Wohnung einen kleinen Segler, der unter anderem nach Deutschland vertrieben wurde.
„Modellflugzeuge herstellen, das wollte man in meinem Heimatort jedoch nicht“, berichtete Toni. Für so „einen albernen, überflüssigen Quatsch“ stelle man ihm keine Gewerbeflächen zur Verfügung. Er bekam also keinerlei Möglichkeiten, seine zu Hause angelaufene kleine Produktion zu erweitern. Und dann erfuhr er vom Expansionswillen des deutschen Modellbaumarktes und den dazugehörigen gewerblichen Strukturen.
Toni Clark: „Mit meinem Vertreter bin ich nach Harsewinkel gefahren, um eigentlich meine Modelle vorzufliegen. Er erzählte mir von den Gewerbemöglichkeiten – und am Sonntagabend fuhr ich mit einem Vertrag über neue Fertigungsräume in Deutschland wieder nach England. So schnell ging das.“
Optimismus auf ganzer Breite, gepaart mit der tiefen Überzeugung, gut gehandelt zu haben, strahlte aus seinen Augen, wenn er seine Geschichte erzählte. Diesen Optimismus und seine Art, unterhaltsam und interessant von seiner Vergangenheit zu erzählen, hatte er sich immer erhalten. Niemals wirkten seine Anekdoten altbacken. Toni Clark war in den auslaufenden 1970ern ein Synonym für vor allem feines, handwerklich gediegenes Modellfliegen. Scale kam auf. Der Wunsch nach Größerem wuchs. Und Motoren von der Stange gab es keine.
Das richtige Gespür
Nachdem die Quadra-Motoren seinerzeit bei den etablierten deutschen Modellbaufirmen nicht unterkamen, weil sie zu groß und zu schwer für die Modelle der Epoche waren, klopfte der Motor-Hersteller bei Toni Clark an. Dieser erkannte sofort das Potenzial und konstruierte in wenigen Stunden die Piper in passender Größe. Nur wenige Tage später stand das Flugzeug bereit und der Quadra konnte angeschraubt werden.
Die Kombination war vom ersten Moment an der Renner – und wegweisend für Toni Clarks zukünftige Arbeiten. Denn der Markt entwickelte sich expansiv, die 5-kg-Grenze fiel und von nun an baute man auch richtig große Modellflugzeuge in Deutschland. Toni Clarks Firma setzte in der Folge erfolgreich Modelle und Zubehör ab, expandierte und zog schließlich mit seinen Mitarbeitern nach Lübbecke um. Apropos: Ein guter Parameter für den Zustand einer Firma ist die Beschäftigungsdauer der Mitarbeiter: „Ich habe nicht lange gebraucht, um zu kapieren, dass mein größtes Kapital mein Geschäftspartner Gerhard Reinsch und unsere gemeinsamen Mitarbeiter sind“, sagte Toni. Einige sind bereits ihr gesamtes Arbeitsleben dort.
Leidenschaft
Bei meinen wenigen, aber einprägsamen Besuchen, bei denen ich mich möglichst unbemerkt unter das Team mischte, wurde mir klar, dass es sich um eine freundschaftliche Gemeinschaft leidenschaftlicher Modellbauer handelt.
Die Art und Weise, wie man dort methodisch strukturiert nach Ursachen für Systemstörungen suchte, waren faszinierend. Fand man den Fehler, feierte man die Lösung im Beisein des Kunden, mit einer ausgelassenen Freude, die ansteckte. Toni schaute mich, fast peinlich berührt, lachend an und nuschelte im Halbenglisch: „Well, ein bisschen mad sind sie schon, but that’s cool, isn’t it?“
Der Kunde kommt mit einem für ihn scheinbar unlösbaren Problem und geht mit einer Lösung, die zu lebenslanger Kundenbindung führt. Die Betreuung der Kunden hat für alle Mitarbeiter der Firma höchste Priorität. Für Toni gab es keinen definierten Feierabend und Flugtage waren im Leben von Toni Clark gern gesehene Pflicht. So war das im Duo auftretende Kompetenzgespann Gerhard Reinsch und Toni Clark auf jeder größeren Wochenendveranstaltung, gefühlt waren sie überall in Europa anwesend. Bis in das gesetzte Alter hinein, hatte Toni spätestens bis zum Mittag grüne Knie…
Thanks for all
Für mich hatte Toni Clark Anfang der 1980er zunächst etwas fast Mystisches. Jemand, der etwas so Großes schafft, den spricht man nicht einfach so an, dachte ich damals. Fast heimlich bestellte ich mir das „Sorglos-Paket“ einer Piper mit ZG-38-Motor und Coverite-Folie. Ich baute das Modell und versah die Oberfläche mit deutlichen Spuren, wie sie eine stark genutzte Schleppmaschine tragen würde. Mit Ölnässe auf der Motorhaube. Es muss gut gewesen sein, denn auf einem Flugtag in Borken fand ich Toni mit seinem sandbraunen Trenchcoat vor meiner Motorhaube beidbeinig kniend im sehr feuchten Gras. Mit seinem Finger in der Motorhaube nach Öl suchend, bat er mich: „Schrauben Sie bitte die Motorhaube einmal ab, it is nig normal, dass eine ZG 38 so ölt!“
Ich erklärte ihm, dass es sich um Airbrush handelt – darauf lachte er nur kurz und ließ sich umgehend erläutern, wie ich das gemacht hatte. Er nahm jedes Problem an, suchte nach Neuem, Interessantem, vergleichbar mit einer kindlich forschenden Neugier.
Ich bin überzeugt, dass Toni „sein Werk“ mit all seinen Sinnen genugtuend und wohlwollend genießen konnte. Wissend um die solide Partnerschaft mit Gerhard Reinsch und um den Rückhalt seiner langjährigen, treuen und loyalen Mitarbeiter. Durch eine Krankheit sichtlich gebeugt, wurde es ruhiger mit ihm. Seine Anwesenheit war aber immer noch stark da, doch hielt sich Toni Clark spürbar mehr im Hintergrund auf. Seine Gegenwart verlor nie an würdiger Eminenz. Zum Ende einer – eigentlich immer gelungenen – Flugvorführung von Gerhard, sah ich ihn oft mit glänzenden Augen, nickend und zufrieden lächelnd und verspürte sein Glück. Wir werden sein Lächeln vermissen. Danke Mr. Toni Clark, thanks for all!