

ALPINE DÜSE
Victory 1.9 Sport-Jet von SG-Composite
Als ich letztens in Südtirol meine Freunde besuchte und auch bei Stefan Gruber in der Werkstatt vorbeischaute, war ich nicht schlecht erstaunt. Auf dem Werktisch lag der fast fertiggestellte Rumpf eines veritablen Sportjets! Obwohl die Jungs doch bisher fast ausschließlich auf High-End-Kunstflugsegler setzten, kam der Victory dann doch nicht so überraschend.

Natürlich ist der harte Kern meiner Südtiroler Freunde mit dem Material von Stefan und Co. ziemlich „rustikal“ unterwegs. Sagenhaft schnelle Ablasser aus großer Höhe und extrem g-lastige Kunstflüge gehören bei ihnen zum Standardrepertoire. Und weil man dann etwa auf der Segelflugmesse die edlen Teile von SG im reinen Segelflug mangels hoher Berge und kerniger Thermik nicht vernünftig vorführen kann, war schon bald die Idee geboren, oben auf Swift und Stingray eine Turbine zu schnallen – damit man auch in der Ebene zeigen kann, was die Teile draufhaben. Und so wurde die Turbinen-Technologie schnell fester Bestandteil von SG-Composite. Wer die Jungs in Schwabmünchen damit fliegen gesehen hat, weiß, dass einem da durchaus für eine Weile die Spucke wegbleiben kann.
Viktors Victory
Und wenn man schon mal Turbinen hat und damit umgehen kann, liegt es nahe, diese auch in einen Jet einzubauen und nicht nur oben auf einen schnellen Segler zu montieren. Dafür sind die edlen Luftmixer ja schließlich gedacht. Hinzu kam die Freundschaft mit Sebastiano Argenti, einem der besten Jetpiloten Italiens. Er liebt die Segler von SG-Composite und fliegt sie mit und ohne Turbine beeindruckend vor. Und so entstand bald die Idee des Victory.

Der Name hat einen Grund. Ein Modellflieger aus der SG-Truppe heißt Viktor und der ist total jetbesessen. Schon auf seinen Swift hatte er sich eine Turbine geschraubt und war damit ziemlich happy. Viktor ist nicht nur Modellflieger, er war auch jahrelang Ski-Freestyle-Profi. Ein Mann also, der es eher schnell und wild mag. Er kennt sich auch in der digitalen Welt bestens aus. Etliche 3D-gedruckte Teile und Formen die SG-Composite einsetzt, stammen aus se,iner Hand. Und auch das Design neuer Modelle wird oft von ihm am Computer vorab in CAD verewigt – wie auch beim Victory.
Alu kann sehr schwer sein
Der von ihm in 3D gezeichnete Sportjet wurde in vielen Tests durchgestylt. Anschließend wurden die Flächen endgültig in Aluminium gefräst. Die entstehenden, extrem präzisen und dauerhaften Formen sind derart schwer, dass es schon eine Strafe ist, sie von einem Werkstattraum zum anderen tragen zu müssen. Da die Formen sehr gut beheizt werden können, werden die Flächen getempert, um sie so haltbarer und stabiler zu machen. Diese Formen haben auch den Vorteil, dass gegebenenfalls Prepregs (vorgetränkte Kohlefaser) eingesetzt werden können.

Das Rumpf-Urmodell wurde komplett von MIG Fligh in 3D gedruckt. MIG Fligh, bekannt vor allem durch seine Klappimpeller, verfügt über ausreichend große 3D-Drucker.
Schnell und gutmütig
Das Ergebnis all dieser Bemühungen ist ein cool aussehender und sehr gut fliegender Sportjet. Der Unterschied des Jets zu den bisher geflogenen Seglern ist eigentlich nur der, dass der Sportjet nicht so lange gleitet. Daran mussten sich die Jungs erst gewöhnen. Das Flugverhalten ist allerdings eher noch gutmütiger als von Swift und Stingray bekannt. Ohne viele Worte zu verlieren: Die Victory ist ein Jet mit hohem Potenzial. Bei meinem nächsten Besuch in Südtirol (so Corona es zulässt) darf ich Lehrer-Schüler damit fliegen. Ich bin jetzt schon ziemlich durch den Wind und aufgeregt deswegen. Die Landung und den Start müssen aber Stefan oder Viktor übernehmen, denn auf den holprigen Graspisten, von denen der Victory dort geflogen wird, würde ich mich das nie trauen. Es zeigt aber, wie robust dieser Jet ist und dass er der Bezeichnung als Sportjet mehr als gerecht wird.



Details
Für alle jetbegeisterten FMT-Leser fasse ich die Detail-Informationen zur Auslegung und Bauweise in kompakter Form zusammen: Für die Flächen des Jets wurde ein Strak mit HQ-Acro-Profilen verschiedener Wölbungen und Dicke verwendet. Das Profil ist nicht ganz symmetrisch und für die enorme Gutmütigkeit sowie das weite Geschwindigkeitsspektrum des Modells verantwortlich.



Erhältlich ist das Modell in zwei Varianten: Die ARF-Variante beinhaltet Rumpf, Leitwerke und Flächen, komplett fertig aufgebaut und in der Form lackiert. Auf Wunsch ist ein angepasster 2,5-l-Beuteltank und ein KST-Servo-Set erhältlich. Es bleibt dem Käufer eigentlich nur noch das Einbauen der von ihm gewählten Technik. Zur Fix-und-fertig-Variante gehören dann zusätzlich ein doppelwandiges Schubrohr aus Edelstahl, eine 100-N-Jetsmunt-Turbine (auf Wunsch auch Turbinen anderer Hersteller) sowie ein stabiles elektrisches Einziehfahrwerk von Electron mit Bremse und Elektronik, das speziell für die Victory ausgelegt wurde. Es hat bei der Flugerprobung auf den durchweg schlechten Rasenpisten, die SG-Composite zur Verfügung stehen, seine Robustheit überdeutlich bewiesen. Taschen mit Logo aus einem edel aussehenden Kunstleder sind ebenfalls dabei.
Abholen mit Urlaubswert

Wer will, kann in diesen Jet natürlich alle Gimmicks einbauen, die es heutzutage auf dem Markt gibt. Platz dafür ist jedenfalls vorhanden. Die Philosophie von SG-Composite ist es aber, auf alles Unnötige zu verzichten. Daher ist die Technik übersichtlich – hinein kommt nur, was zwingend benötigt wird. Das hat sich schon bei den Seglern bewährt und wird hier konsequent weitergeführt.

Lieferbar ist der Jet ab sofort, wobei es wie bei den Seglern wohl bald zu etwas längeren Lieferzeiten kommen wird. Solide Handarbeit ohne Fremdanfertigung dauert eben. Wer will, kann seine ersten Flüge mit dem Edeljet auch im Lehrer-Schüler-Modus in Südtirol ausführen. Die Reise zum Abholen des Jets wird dann zum doppelten Genuss, denn die Gegend ist wunderschön und ein paar Tage Urlaub (oder länger) allemal wert.
Victory 1.9
Spannweite: 1.900 mm
Länge: 2.100 mm
Gewicht trocken: 8.400 g
Empfohlene Turbine: 80 bis 120 N Schub
Anzahl Servos: 7
Farbmöglichkeiten: Das Design auf den Fotos ist ohne Aufpreis. Sonderwünsche sind möglich. SG Composite, Südtirol, Italien,
Bezug und Info: E-Mail: info@sgcomposite.com, Internet: www.sg-composite.com
Preise: auf Anfrage, je nach Vorfertigungsgrad