

Jahrestreffen der Antikflieger
RHÖNWOCHE
Einmal im Jahr zieht es die Antikmodellflugfreunde Deutschland (AMD) in die Rhön, zur Wiege des Segelflugs. Dort erwartet sie ein reichhaltiges Programm: Nach dem persönlichen Einfliegen an den Hängen der Rhön zunächst zwei Tage Fliegen beim Flugmodellsportverein Rhön-Dolmar auf dem Leichelberg bei Kaltensundheim. Den Mittelpunkt bildet dann das Horst-Winkler-Gedächtnis-Fliegen an einem Hang der Wasserkuppe.
Um es vorweg zu nehmen: 2017 fiel das Hangfliegen an der Wasserkuppe dem Wetterabsturz zum Opfer. Dadurch wurde jedoch mancher andere Absturz vermieden. Ein Besuch im Segelflugmuseum mit Modellflug war für viele Teilnehmer das naheliegende Alternativprogramm.
Freitag und Samstag erwartet die Interessengemeinschaft Modellflug Bad Neustadt/ Saale (IMS) die Antikflieger auf ihrem Fluggelände zum Fliegen und zum Flohmarkt. Das Damenprogramm, ein Vortrag über Luftrecht und etwas „Vereinsmeierei“ auf der Jahreshauptversammlung ergänzen das Programm. Da bleibt kaum noch Zeit, um die Schönheiten der Rhön zu genießen. Den Abschluss bildet der Festabend im Haus zur Wassserkuppe in Wüstensachsen, wo man, wie es ein Altbundeskanzler einmal formulierte, die Erlebnisse der vergangenen Woche noch einmal „revuekapitulieren“ lassen kann.
Kaltensundheim empfing die Antikflieger in diesem Jahr mit sommerlichen Temperaturen und Sonnenschein. Allerding wehte der mäßige, am zweiten Tag auch frische Wind aus südlicher Richtung. Daher konnte der beliebte Westhang nicht genutzt werden und die Motorsegler waren bei der Thermiksuche im Vorteil.


XXL-Varianten
Neben Modellfliegern aus Deutschland hatten 2017 auch Kameraden aus Belgien, Österreich und der Schweiz in die Rhön gefunden. Die bewährte Fahrradwinde von Hans Pollak ist fester Bestandteil der AMD-Treffen und beförderte dank fleißiger Windenfahrer ein Modell nach dem anderen in den Himmel über dem Leichelberg.
Viele bekannte Konstruktionen – etwa von Erwin Tümmler (ETB 35), Horst Winkler (Großer Winkler), Karl-Heinz Denzin (Tourist), Erwin Goldhahn (Goldhahn) demonstrierten ihre guten Flugeigenschaften. Manche Modelle brachten die Flugerfahrung von etlichen AMD-Treffen mit. Dann gab es aber auch Modelle, die erst unmittelbar vor der Rhönwoche fertiggestellt wurden und ihren Erstflug in Kaltensundheim absolvierten. So zum Beispiel der wunderschöne Knilch, den der Schweizer Kamerad Hans Dürst mitgebracht hatte. Hans baut 140% genau. Vielleicht hat er deshalb sein Modell auf 140% im Vergleich zum Original vergrößert. Dies kam natürlich den Flugeigenschaften zugute. Auch Thomas Krenzer hatte sein Modell vergrößert. Er brachte ein Goldhuhn XXL mit 4,5 m Spannweite mit, welches mittels Flitsche gestartet wurde.
Wenn man ein Freiflugmodell aus den 1930er Jahren vergrößert und als RC-Modell betreibt, dann sind viele Probleme zu lösen: Es ist eine höhere Festigkeit erforderlich, da das Modell in einem weiten Geschwindigkeitsbereich geflogen wird. Die Flatterneigung muss verringert werden und die Tragflächen müssen verzugsfest sein. Es ist zu überlegen, ob ein anderes Profil bessere Flugleistungen bringt. Die V-Stellung muss gegebenenfalls angepasst werden, damit eine gute Steuerbarkeit mittels Seitenruder gewährleistet ist. Wenn schließlich alles passt, dann wird man durch ein klassisches Flugbild und gute Flugleistungen belohnt. Wo ein Goldhuhn auftaucht, darf natürlich der Goldhahn nicht fehlen. Mit dem passenden klassischen Verbrennerantrieb erfreut sich dieses Modell mit 2,31 m Spannweite bei den Antikfliegern großer Beliebtheit als Schleppmodell. Da passen Geschwindigkeit von Schlepper und Geschlepptem perfekt zusammen.
Pegasus-Schulgleiter
Bernhard Padur sorgte dafür, dass nach 92 Jahren wieder ein Pegasus-Schulgleiter (im Maßstab 1:6) einen Rhönhang hinunterglitt. Der Pegasus war wahrscheinlich der erste Schulgleiter. 1925 flogen bei der Martens-Flieger-Schule auf der Wasserkuppe fünf Maschinen dieses – im Gegensatz zum SG 38 – beinahe vergessenen Typs. Grundlage für die Rekonstruktion waren die wenigen noch existierenden Fotos. Hierbei verwendete Bernhard die Armlänge des abgebildeten Piloten als Vergleichsgröße zur Rekonstruktion. Vor dem gelungenen Erstflug in Kaltensundheim hatte er viele Stunden in Recherche, Konstruktion und Bau gesteckt.

Nach FMT gebaut
Albrecht Reinke hatte nicht nur seinen Aufnahmeantrag, sondern auch eine nach einem FMT-Bauplan gebaute Libelle (Artikelnummer 3201198) mitgebracht. Das ungewöhnliche Modell ist zwar noch kein Oldtimer, war jedoch eine interessante Erweiterung des Flugprogramms. Johann Krois brachte aus Österreich sein Modell namens Sir Chan, eine selten gebaute tschechische Konstruktion von 1949, mit.
Der Fesselflug erfreut sich wieder wachsender Beliebtheit. In Kaltensundheim waren ein Champion (Konstruktion von F.W. Biesterfeld, 1956) und ein Cacique (übersetzt Häuptling, ein Fesselflugmodell aus Brasilien) in Elektroversionen anwesend. In Bad Neustadt ging es dann zur Sache und verschiedene Modelle mit Verbrenner zogen ihre Kreise.
Als Vertreter der Nurflügel sei die Fauvel A.V. 36 mit 3 m Spannweite genannt. Und Modellfliegen hält jung: Das 1950 konstruierte Modell mit dem Namen Junge Welt wurde von einem 95-jährigen Piloten gesteuert! Mustfire, eine schwedische Konstruktion von 1960, war am Boden und in der Luft eine Augenweide. Auch Wolfgang Ardelt hatte sich nach einigen „fliegerischen Missverständnissen“ im vergangenen Jahr wieder mit seiner Valkyrie, einem Großmodell von Carl Goldberg aus dem 1937, versöhnt und führte das eindrucksvolle Modell gekonnt vor.

Interessierte sollten sich’s im Kalender gleich anstreichen: Die nächste Rhönwoche der Antikmodellflugfreunde Deutschland findet vom 3. bis 8. September 2018 statt. Weitere Infos zum Verein und seinen Treffen gibt’s unter: www.antikmodellflugfreunde.de