
Hier riecht’s nach Sprit

Ich schreibe diesen Text für die Kolumne in der zweiten Hälfte des Aprils, also mitten in der Periode der notwendigerweise angeordneten Kontakt-Einschränkungen durch Corona. Unsere Vereins-Webcam zeigt seit Wochen einen menschenleeren Modellflugplatz und die aktive Flugsaison liegt noch in weiter Ferne. Wer in einer solchen Situation nicht nur Modellflieger sondern auch Modellbauer ist, und über eine hoffentlich virenfreie Werkstatt verfügt, kann trotzdem unser schönes Hobby aktiv betreiben. Die Bausaison wird einfach ausgedehnt.

Heute habe ich deshalb einen Leserbrief ausgesucht, der ein solches, wenn auch spezielles Thema anspricht. Doch zuvor möchte ich gerne das E-Mail von Henri Beissel zu meinem Artikel aus Heft 4/2020 zitieren. Henri wohnt in Boxhorn im nördlichen Teil von Luxemburg. Er hat klar erkannt, dass zu den von mir geschildeten Risiken noch mindestens zwei weitere und absolut gefährliche dazu kommen.

„Hallo Herr Kayser. Heute möchte ich Ihnen noch folgendes zur Propellerbefestigung hinzufügen, dies aus meiner langjährigen Erfahrung. Ich war zweimal auf dem Flugfeld dabei, als eine dieser Holzlatten explodierte. Gott sei Dank ist außer einigen Schrammen mit viel Dusel nichts passiert. Beide Male passierte das bei Motoren mit 4- und 6-fach verschraubten Propellerscheiben. Der Unterschied zu diesen Schrauben und den Schrauben in der Abb.6 auf Seite 41 in der April-FMT bestand darin, dass die verwendeten Schrauben kein durchgehendes Gewinde hatten. Meiner Meinung nach liegt hier der Hase im Pfeffer. Wenn man nicht genau hinschaut und der übriggebliebene Schaft der Schraube fast so lang ist wie der Propeller dick ist, dann ist die Katastrophe schon vorprogrammiert. Man kann die Schrauben noch einige Male festziehen, das Holz gibt ja bekanntlich nach, aber wenn das Gewinde der Schrauben am Propellermitnehmer blockiert, dann sitzen Sie ja schön fest, aber das Holz arbeitet weiter und damit auch der zerquetschte Teil durch abwechselnde Feuchtigkeit und Trockenheit. Irgendwann knallt es dann, wenn die Antriebskraft der Schrauben größer ist als der Anpressdruck der Propellerscheibe und so die Nabe auseinanderfliegt. So war es auch als ich anwesend war bei den explodierenden Holzpropellern, die Propellernabe war zerquetscht und die Schrauben waren am Anschlag. Mein Fazit: Holzpropeller sind nur geeignet für Motoren mit Zentralverschraubung, sie sind Tabu auf meinen Motoren, alle mit 6-facher Verschraubung.

Noch ein Wort zum Motomix: Ich verfliege im Durchschnitt 80 Liter Sprit im Jahr, zu 90% im Schleppflug, ohne beson- dere Vorkommnisse. Genauso bei Kollegen, die auf Motomix wechselten. Außer bei einem älteren 62er ZG, dieser wollte einfach nicht mit Motomix drehen. Die Legende lebt… Liebe Grüße und beste Gesundheit aus Luxemburg, Henri Beissel.“
Henri hat natürlich völlig Recht. Die meisten der bei den Motoren mitgelieferten Schrauben haben kein durchgehendes Gewinde. Es gibt noch eine zweite Risikostelle, die leider auch leicht übersehen wird. Wenn zwar das Schraubengewinde lang genug ist oder sogar bis zum Schraubenkopf geht, aber die Bohrung in der Propellernabe nicht tief genug ist, dann kann man beim Festziehen die Schraube auch schon irreparabel überbeanspruchen. Wie es richtig aussehen soll, zeigt die Abbildung 3.

Marcel Stirnimann wohnt im schweizerischen Schenkon, knapp 30 km nördlich von Luzern und hat mir ein launig geschriebenes Mail mit einer sehr speziellen Frage geschickt: „Guten Morgen Franz. Hoffe dir, euch geht‘s gut. Sch… Zeit! Macht jedoch erfinderisch: Ich habe einen Doppeldecker aus einer Erbschaft, eine Fokker D.VII. Bis jetzt war ich der Meinung, dass ich einen an der Börse erstandenen Elektro-Getriebemotor einbaue, ich habe aber aus meinem Fundus einen 4-Takter OS 91 ausgegraben (Abb. 4). Habe nun alles gereinigt und kontrolliert, kein Rost, den Motor auf den Probebock aufgeschraubt, - Kerze ausgebaut und eine neue, mir empfohlene, OS G5 (Abb. 5) eingebaut. Mit Stihl-Most inklusive 5% Öl im Tank, Vorglühung für die Kerze und ca. 1/3-Gasstellung ist der Motor gelaufen, aber nicht ohne Probleme.
1. Das Benzin läuft, selbst im Stillstand, durch den Motor durch.
2. Der Motor kann nicht sauber eingestellt werden, immer zu fett, obwohl die Düsennadel voll geschlossen ist!
Hast du mir eine Empfehlung, Trick? Brauche ich einen neuen, benzintauglichen Vergaser? Sind es die O-Ringe? Ich hoffe, dass ich ohne große Einkäufe zum Ziel komme, alles geschlossen bei uns in der Schweiz, außer Online. Besten Dank und freundliche Grüße aus der Schweiz, Marcel Stirnimann.“
Hallo Marcel, wow! Dazu ist eine Menge zu sagen. Ehemalige Methanol-Motoren laufen mit 1:20 extrem an der Grenze wegen der Pleuellager! Das ist der Ölwert, den z.B. Saito für die Saito-Benziner vorschreibt, obwohl bekannt ist, dass in besonderen Situationen so mancher schöne Motor blitzschnell zum Schrott werden kann. Ich verwende lieber 1:17, um ein wenig mehr Sicherheit zu haben.
Wenn Du überlegst, wie viel Öl der Me-thanol-Sprit beinhaltet hat, wird das sofort klar. Da haben wir den Motoren bis zu 20% Öl gegönnt oder mit einem guten Synthetiköl 15%. Das wären nach oben aufgerundet als Mischungsverhältnis ausgedrückt 1:7!

Jetzt zum zweiten Punkt: Der Treibstoffverbrauch bei Methanol ist erheblich höher als bei Benzin. Im Benzinbetrieb also nochmal weniger Öl je Laufzeit! Dazu ist auch weniger Flüssigkeit zu regeln und die Viskosität des Benzin-Sprits deutlich niedriger als die des Methanol-Sprits mit dem hohen Ölanteil. Das bedeutet allerdings sofort, dass die Nadelventile des Vergasers für einen Benzinbetrieb völlig falsch geschliffen, bzw. die Vergaser-Bohrungen zu groß sind.
Deshalb wundert es mich überhaupt nicht, dass du den OS nicht einstellen kannst. Mit Bohrungen meine ich übrigens sowohl den Venturi-Durchmesser, wie auch die Kanäle im Düsenstock usw. Ich würde einmal die Ölmenge im Sprit erhöhen und zusätzlich einen Regelvergaser einsetzen. Messe den Venturi-Durchmesser des OS-Vergasers nach und besorge dir einen Membranvergaser mit einem etwas kleineren Durchmesser. Es muss auf jeden Fall ein Vergaser mit einer Regelmembrane sein. Die Firma Modellbaukeller in CH-Kestenholz wird dir bestimmt den Pumpenvergaser des 10-cm³-Evolution-Benziners von Horizon besorgen können, alternativ solltest du auch mal nach einem kleinen Walbro-Klon sehen.
Kurze Zeit später hat mit Marcel geschrieben: „Ich habe mich wieder dem OS 91 gewidmet, jedoch mit mäßigem Erfolg: Habe nun die Glühhilfe durchgehend zugeschaltet und siehe da, er läuft ruhiger. Ist aber sehr laut, nicht viertakttypisch. Die Einstellungen konnte ich relativ gut machen, jedoch auch nicht befriedigend. Leerlauf zu hoch, ansonsten stellt er ohne Vormeldung ab. Vollgas ist gut, aber laut! Diese Lautstärke passt mir nicht. Könnte was mit der nicht einstellbaren Vorzündung zu tun haben?! Er zündet bei jeder Umdrehung und immer. Also gute Frage, wann knallt der Sprit im Zylinder?! Auch möchte ich den Leerlauf tiefer bringen. Also Fazit: Ich denke den anfangs viel versprechenden Versuch ruhen zu lassen und werden bei Gelegenheit eine Zündung mit Hallsensor anbauen. Oder hast du noch eine Idee, bevor ich den Motor vom Prüfbock nehme?“
Ich muss leider konstatieren, dass die Benzin-Glühkerzen von OS und auch die von ENYA mir mehr Ärger als Freude gebracht haben. So schön wie der Grundgedanke auch im ersten Ansatz klingt – keine Zündelektronik, nur eine simple Glühkerze auch im Benzinbetrieb – der praktische Betrieb sieht etwas anders aus. Vielleicht hat ein FMT-Leser mehr Erfolg damit gemacht und hat einen Rat weiterzugeben – dann sollte er mir schreiben. Ich hatte einige wenige Benzin-Motoren mit der G5-Kerze unter Beobachtung und musste sehen, dass meist schon das Anspringen ohne E-Starter schwierig ist und dass es ohne eine permanente Glühung allzu oft zu Motorabstellern kommt. Außerdem ist die Laufkultur verglichen zu einem Methanoler oder einem fremdgezündetem Benziner miserabel. Das mit dem Anspringen ist offenbar ein prinzipielles Problem der Metallauswahl der Glühwendel. Der muss ja katalytisch weiterglühen, wenn der Kerzenstrom abgeschaltet ist. Durch die fehlende Kerzenheizung verschiebt sich der Zündzeitpunkt extrem nach spät, viel zu spät für höhere Drehzahlen, dann wenn das Mehr an kaltem Frischgas der Glühwendel auch noch heftig kühlt.
Wenn man nun die externe Heizung auch bei höheren Drehzahlen eingeschaltet lässt, dann verschiebt sich der Zündzeitpunkt sehr weit nach früh, gut für Vollgas, sehr schlecht für einen weichen Leerlauf. Beim Methanol-Betrieb hatten wir ja eine ganze Spannweite von Kerzen von sehr kalt bis sehr heiß, also von späterer Zündung nach früherer Zündung und konnten so den bestmöglichen Kompromiss suchen.
Wenn man einem Modellpiloten zusieht, der seinen ZG62 oder ZG45 mit der externen Zündbox anwirft, weil er einer der vielen ist, der den zweifellos tollen und langlebigen ZG62 mit seiner Magnetzündung sonst von Hand nicht anwerfen kann, dann wird man sehen, dass der ZG mit der Box sofort anspringt und sauber in einem niedrigen Leerlauf dreht. Er dreht aber sofort sehr deutlich höher, wenn die Zündbox abgezogen wird und der Motor dann durch die Magnetzündung mit zu viel Frühzündung im Leerlauf arbeiten muss. Mein Rat an Marcel mit seinem OS 4-Takter ist: Kauf dir eine Rcexl-Zündung (beim Modellbaukeller in der Schweiz oder bei KPO in Deutschland) passend zu einer ¼ 32 Zoll-Kerze und du wirst den OS nicht wiedererkennen. Alternative Wahl wäre die Pega-sus-Zündung von Hobbyking, die im Leerlauf etwas früher steht als die Rcexl und leider nur mit maximal 6 Volt betrieben werden kann. Es gibt allerdings eventuell ein Problem mit dem Befestigungsort des Hallsensors. Du musst dir die Propellernabe genau ansehen und prüfen, ob die Nabe mit einem Klemmkonus fixiert ist oder mit einem Formschluss, sprich Passfeder oder Flachstelle. Wenn es ein Konus ist, ist nicht sicher gestellt, dass sich die Nabe nicht irgendwann einmal verdreht z.B. bei einer Fehlzündung. Dann solltest Du dort auch keinen Hallsensor bzw. den dazu gehörigen Magneten anbringen.
Wie man auch bei einer Klemmkonus-Befestigung der Propellernabe eine formschlüssige und dauerhafte Position für den Hallsensor einer elektronischen Zündung finden kann, werde ich im nächsten Heft erläutern, wenn ich auf den Umbau eines Supertigre 2500 eingehe. Bevor ich mich bis zum nächsten Monat verabschiede, möchte ich noch einen Hinweis zur letzten Ausgabe meiner Kolumne und den dazu in der FMT-CAD-Bibliothek veröffentlichten Druckdaten geben: In den CAD-Daten sind ab sofort zwei Datensätze für eine Absaugvorrichtung an Portalfräsen enthalten: Einmal für 49-mm-Aufnahmen (z.B. an Hochfrequenzspindeln) sowie auch für den klassischen Durchmesser der Fräsmotoraufnahme mit 43 mm.