

Elektro-Fesselflug beim E-Meeting Aspach
Klassik trifft Moderne
Am 15. und 16. September 2012 fand das mittlerweile schon traditionelle Treffen der Elektroflieger in Aspach statt. Neben den vielen gezeigten RC-Modellen gab es bei diesem E-Meeting eine Besonderheit zu bestaunen, die man heutzutage kaum noch auf Modellflugplätzen und so gut wie gar nicht mehr auf Modellflugveranstaltungen zu sehen bekommt. Walter Laffsa von den Modellfliegern Rommelshausen hat sein toll gebautes Fesselflugmodell Marionette in perfekter Manier vorgeführt.
FOTOS HERMANN EICHNER U. WERNER BAUMEISTER
Fesselfliegen? Was ist denn das?
Wenn ich unter Modellfliegern ab und zu einmal das Thema Fesselfliegen anspreche, gibt es meist zwei unterschiedliche Reaktionen. Die Jüngeren fragen erstaunt, was das denn sei, und sind nach kurzer Erläuterung häufig der Meinung, dass es ja bestimmt langweilig wäre, immer nur im Kreis herumzufliegen. Die Älteren sagen oft, das habe ich als Jugendlicher auch mal betrieben. Häufig kommt auch der Zusatz: So richtig ist es mir aber nie gelungen.
Dass es doch und gut gelingen kann, hat Walter Laffsa in Aspach eindrucksvoll gezeigt. Auch dass man nicht nur langweilig im Kreis herumfliegen muss, hat er souverän bewiesen. Normalflug, Rückenflug, positive und negative Loopings, stehende und liegende Achten sowie Wingover sind einige der Figuren, die er vorgeflogen hat.
Das Besondere am Fesselfliegen ist, dass man das Flugmodell ganz unmittelbar über die beiden Leinen und eine entsprechende mechanische Umlenkung im Modell mit einem gut in der Hand liegenden Griff steuert. Man hat also ganz direkten Kontakt zum Modell und dessen Höhenruder, was ein ganz anderes Steuergefühl als bei beim RC-Fliegen vermittelt. Genau das macht auch den besonderen Reiz des Fesselfliegens aus.
Und noch etwas macht die Sache besonders spannend: Die Steuerleinen sind maximal 20 m lang, daher spielen sich sämtliche geflogenen Figuren also in einer Höhe zwischen 0,5 und ca. 22 m ab. Und das nicht mit einem langsamen Slowflyer, sondern mit einem Modell, das eine Rundenzeit von ca. 5 Sekunden fliegt. Also bei 20 m Leine immerhin um die 90 Sachen drauf hat! Da kommt echte Freude auf.
Das Modell
Das von Walter Laffsa gezeigte Modell Marionette wurde nach dem FMT-Bauplan Nr. 320.0887 gebaut, wobei der Plan auf ca. 85% seiner Originalgröße verkleinert wurde, was dann eine Spannweite von 1.385 mm ergibt. Die Konstruktion ist in klassischer Holzbauweise gehalten. Als Bespannung wurde transparente Bügelfolie verwendet. Inklusive Flugakku bringt das Modell ca. 1,6 kg auf die Wage, was für ein Modell dieser Größe noch gute Fesselflugeigenschaften verspricht.

Bis vor gar nicht allzu langer Zeit wurde im Fesselflug ausschließlich mit Verbrennungsmotoren geflogen. Erst in den letzten paar Jahren, in denen die RC-Flieger schon längst elektrisch unterwegs waren, sind auch die Fesselflieger auf Elektroantriebe umgestiegen. Grund für den späten Einstieg waren die früher doch recht schweren Antriebskomponenten, die zu viel Flächenbelastung bei zu wenig Leistung ergaben, sodass die teilweise engen Figuren mit so trägen Modellen gar nicht machbar waren. Das hat sich jedoch mit Einführung der Brushless-Motoren und den LiPo-Akkus grundlegend geändert. Ein Problem war nur, dass man ja keinen Empfänger hatte, um den Regler anzusteuern. Dazu später mehr.
Angetrieben wird die Marionette von einem Brushless-Außenläufer A30 10XL der Firma Hacker. Als Regler kommt ein ICE Lite 50 von Castle Creation zum Einsatz, als Energielieferant ein 4s1p-LiPo-Akku mit einer Kapazität von 3.700 mAh. In dieser Konfiguration sind Flüge bis zu sechs Minuten problemlos möglich, ohne den Akku gemäß 70%-Regel zu überfordern.
Die ICE-Regler sind nach Kenntnis des Autors die einzigen Regler, die einen speziellen Fesselflugmodus kennen. Damit lässt sich in Verbindung mit einem die Fernsteuerung ersetzenden Fesselflugtimer eine beliebig einstellbare, konstante Drehzahl in allen Flugfiguren erreichen. Der Regler schiebt in Aufwärtspassagen Gas nach, in Abwärtspassagen wird das Gas zurückgenommen. Nach dem Abstellen des Motors wird der Propeller abgebremst und zum Stillstand gebracht. Dies ist wichtig, weil das bisherige F2B-Reglement vorschreibt, dass der Propeller zur Landung stehen muss.
Der Fesselflugtimer
Im Modell von Walter Laffsa erfolgt die Ansteuerung des Reglers über einen vom Autor entwickelten und selbst gebauten Timer. Herzstück des Timers ist ein Mikroprozessor vom Typ PICAXE 08M2, der relativ einfach und ohne spezielles Programmierboard über ein einfaches serielles Kabel mit eigener Software versehen werden kann.

Der Timer ermöglicht es nicht nur, eine beliebige Gasstellung und Motorlaufzeit einzustellen, sondern bietet darüber hinaus noch vielfältige Möglichkeiten, um den Antrieb zu optimieren. Auch ist es möglich, einen Bodenstart ohne Helfer zu machen. Hierzu kann eine Einschaltverzögerung vorgegeben werden. Nach dem Scharfschalten des Antriebs per Drucktaster wird bei aktiver Einschaltverzögerung zunächst die eingestellte Pause abgewartet, in welcher der Pilot dann Zeit hat, zum Griff zu laufen. Kurz vor dem Einschalten des Motors beginnt ein über LED angezeigter Countdown. Anschließend läuft der Motor los, wobei auch eingestellt werden kann, wie schnell oder auch bewusst langsam der Regler die eingestellte Gasstellung erreichen soll. Letzteres ist besonders bei Modellen mit Zweibeinfahrwerk sinnvoll, um einen Kopfstand durch zu schnelles und heftiges Gasgeben zu vermeiden.
Ein sehr großer Vorteil des elektrischen Antriebes ist, dass die Motorlaufzeit über den Timer sekundengenau eingestellt werden kann. Beim verwendeten Timer wird das Abstellen des Motors zehn Sekunden vorher durch eine superhelle LED angezeigt. Diese ist im eingeschalteten Zustand selbst gegen eine tief stehende Sonne noch sehr gut erkennbar. Überraschungen durch Motorabsteller, wie sie bei Verbrennungsmotoren immer mal wieder vorkommen können, gehören damit der Vergangenheit an. Ein Motorausfall kann in ungünstigen Situationen z. B. zu einer Rückenfluglandung zwingen oder gar zum totalen Steuerungsverlust führen, weil nicht mehr genügend Leinenzug zur Ansteuerung des Höhenruders vorhanden ist.
Ein weiteres nützliches Feature des verwendeten Timers ist die Möglichkeit, bei Verwendung von einfacheren Reglern in festlegbaren Zeitintervallen Gas nachzulegen, um die sinkende Akkuspannung auszugleichen.
Konfiguration des Timers
Die Konfiguration des Timers erfolgt mit einem komfortablen PC-Programm. Der Timer wird hierzu über die serielle Schnittstelle bzw. über einen USB-Seriell-Konverter mit dem PC verbunden. Einen Überblick über die einstellbaren Parameter kann man dem gezeigten Screenshot des PC-Programms entnehmen. Sämtliche Konfigurationsdaten werden im nicht flüchtigen Speicher des Mikroprozessors abgelegt und bleiben somit bis zur nächsten Änderung der Einstellungen über das Ausschalten des Timers hinaus erhalten.

Die beiden Parameter für die Anfangsgasstellung beim Start und die Motorlaufzeit können auf dem Flugfeld auch ohne Laptop über den Drucktaster des Timers und entsprechende Anzeigen der LED eingestellt werden.

Die neueste Entwicklung des Autors ist die gezeigte Programmierbox für den Fesselflugtimer. Diese basiert auf dem gleichen Mikroprozessor wie der Timer und verwendet ein gut lesbares zweizeiliges LCD-Display. Damit können dann alle Konfigurationseinstellungen auf komfortable Art und Weise auf dem Flugfeld vorgenommen werden.

Und die Moral von der Geschichte?

Man sieht, eine sehr frühe und in weiten Modellfliegerkreisen fast vergessene klassische Art der Modellfliegerei wird durch modernste Technik ergänzt, womit wir bei der Überschrift des Artikels angekommen wären. Wie gesagt, das Modell von Walter Laffsa ist nach einem FMT-Plan gebaut. Im VTH-Bauplanprogramm gibt es noch viele weitere gute Pläne für Fesselflugmodelle der unterschiedlichsten Kategorien. Wer keine Lust oder Zeit zum Bauen hat, kann natürlich auch ein ARF-Modell z.B. aus dem Programm von Horizon erwerben.

Ich würde mich freuen, wenn es mir mit meinem Bericht gelingen würde, Interesse für die Fesselfliegerei und speziell fürs elektrische Fesselfliegen zu wecken. Hilfe und Anregungen bekommen Sie auch im Fesselflugforum http://fesselflugcenter.kostenloses-forum.be.
Versuchen Sie es. Ich kann Ihnen versprechen, es ist eine völlig neue, interessante und mit sehr viel Spaß verbundene modellfliegerische Herausforderung!