

AUFGEMOTZT – der Weg zum reinrassigen Wettbewerbsmodell
Supra Fly 60 von Pichler Modellbau
Ich betreibe jetzt seit über 35 Jahren ambitionierten Kunstflug. Was mich antreibt, ist das Streben nach präzisen Flugmanövern mit technisch perfekten und gewichtsoptimierten Modellen. Wenn ich Modelle wie die Supra Fly 60 fliege und sehe, dass die Konstruktion präzisen Kunstflug hergibt, beginnen die grauen Hirnzellen zu arbeiten. Die von Pichler empfohlenen Komponenten sind für normales Kunstfliegen absolut ok, für exakten F3A-Kunstflug ist aber etwas Tuning notwendig. Hier reicht es nicht, Standardmaterial einzusetzen. Kohlefaser, Alu und Titan sind die Glücklichmacher - dazu noch hochwertige Kunstflugservos – genau hier habe ich angesetzt.

Gewichtsoptimierung
Ein rustikaler und schwerer Motorträger mit 131 g, gepaart mit einem schweren Kunststoffspinner, schreien geradezu nach Optimierung. Umso sinnvoller erscheint dies, wenn man 50 g Blei am Heck anbringen musste, um den für Wettbewerbskunstflug optimalen Schwerpunkt von 168 mm zu erreichen. Als erste Maßnahme habe ich bei Wolfgang Lorenz einen 70-mm-CFK-Spinner von Falcon bestellt. Mit nur 17 g Gewicht und einer tollen Sichtkohleoptik ein echtes Schmuckstück und die ersten 35 g an der Rumpfspitze sind gespart, zum Sonderpreis von 74,- € für das gute Stück.

Etwas aufwändiger gestaltete sich der Aufbau eines superleichten CFK-Motorträgers, den ich in Handarbeit aus drei Teilen hergestellt habe. Als Grundplatte am Motorspant dienen die Umrisse des Originalmotorträgers, auch die Bohrungen sind 1:1 übernommen. Über ein 50er-Abflussrohr habe ich zuerst 1-mm-Balsa gewickelt und darüber drei Umdrehungen 80-g/m 2 -Kohlefasergewebe, das hat sich als stabil genug erwiesen. Am Motorende ist ein 1-mm-CFK-Spant einlaminiert, an dem der Motor ohne das übliche Motorkreuz direkt von hinten angeschraubt wird. Um die drei CFK-Teile mit richtigem Seitenzug und Motorsturz zu verharzen, habe ich zuerst den Baukastenmotorspant mit Motor montiert, um die Motorhaube perfekt zum Spinner zu positionieren. Danach habe ich den CFK-Motorträger zusammengesteckt und den Motor mit Spinner an der Motorhaube ausgerichtet und verharzt. Das Ergebnis kann sich sehen lassen. Tolle Optik, schön versteckt unter der großen Motorhaube, aber mit 30 g sensationell leicht.

Mit dem ausgenommenen Motorspant am Modell sind 110 g eingespart worden. Zusammen mit dem leichten Spinner führt das dazu, dass ich die 50 g Blei am Rumpfende komplett entfernen kann. Einen weiteren leichten Sieg kann man bei der Flächensteckung holen. Die dem Bausatz beiliegende Alu-Steckung wiegt 105 g. Eine CFK-Steckung wiegt nur 50 g, so sind ganz schnell 55 g eingespart.

Wir haben uns beim CFK-Hersteller ein 200 cm langes Rohr bestellt und durch drei geteilt, damit halten sich die Kosten im Rahmen, mit Porto waren das für jeden „nur“ 35,- €. Das Papprohr in der Supra Fly 60 hat ein paar Zehntel mehr als 19 mm, das habe ich ganz einfach ausgeglichen, in dem ich mehrere Tesastreifen auf das CFK-Rohr geklebt habe. Weitere Sparpotenziale sind schnell ausgemacht: Die aus Metall eingesetzten Flächensicherungen wiegen zusammen 20 g. Ich habe sie aus 1,5-mm-CFK ausgeschnitten und eingebaut, sie wiegen 5 g, weitere 15 g gespart. Um den Flugakku noch weiter hinten platzieren zu können, habe ich das Befestigungsbrett ausgebaut, bringt 35 mm Platz für den Akku. In den Rumpf habe ich jeweils links und rechts vom Resotunnel kleine Hartholzklötze eingeklebt und mit einem M4-Gewinde versehen. Darauf werden die CFK-Flächenlaschen verschraubt. Das Pichler-Einziehfahrwerk ist mit seinen 5-mm-Fahrwerksdrähten und den großen 70-mm- Rädern für den rauen Flugbetrieb bestens gerüstet. Für den geplanten Wettbewerbskunstflug bin ich auf ein ebenfalls elektrisches Jetcraft-Einziehfahrwerk umgestiegen, das ist mit 4-mm-Fahrwerksdrähten und superleichten 60-mm-Rädern gute 50 g leichter ist. Es hat sich in hunderten Flügen in meiner Curare bestens bewährt.

Gemessen am Abfluggewicht von 3.625 g sind das nur 7% Gewichtsersparnis. Aber man muss es mal aus einem anderen Blickwinkel betrachten: Wie weit kann man ein halbes Pfund Butter werfen? 30 Meter? 40 Meter? Mehr auf keinen Fall. Und das muss das Modell permanent mitschleifen. Man merkt es beim Steigflug und ganz speziell bei der Landung, man kann einfach noch langsamer reinkommen, in der Regel setzt das Modell mit voll gezogenem Höhenruder zuerst auf dem Heckrad auf. Zudem hat man eine längere Motorlaufzeit, weil einfach weniger Energie notwendig ist.
Die Gewichtseinsparung auf einen Blick:

Elektronik

Die von Pichler Modellbau eingesetzten Servos sind für normales Kunstfliegen absolut in Ordnung. Einzig die 60-g-Servos für Seiten- und Höhenruder finde ich schlicht überdimensioniert. Für exakten F3A-Kunstflug bedarf es entsprechende Servos. Was aber zeichnet F3A-Servos aus? Absolute Spielfreiheit, gepaart mit 100%iger Stellgenauigkeit. Und nur mit solch hochwertigen F3A-Servos bekommt man dieses knackige Einrasten bei Figuren, bei einer Vierpunktrolle kann man das zum Beispiel sehr gut beobachten. Wenn ich mit meiner Jeti DC24 einen Trimmschritt von 1% stelle, können diese Servos das umsetzen, das Modell geht absolut gerade, wenn es einmal eingetrimmt ist. Hohe Stellkräfte, große Ruderausschläge oder extrem schnelle Servos werden in F3A nicht wirklich benötigt.

Ich habe die Supra Fly 60 mit vier Futaba BLS153 Servos ausgestattet, die sich seit vielen Jahren gerade bei Elektrokunstflugmodellen extrem bewährt haben. Die Servos wiegen je 30 g und kosten 130,- € das Stück – aber halten auch viele Jahre. Dafür wird meine Supra Fly 60 die nächsten 1.000 Flüge sauber gehen. Um das volle Leistungspotenzial dieser hochwertigen Servos auch auszuschöpfen, bedarf es optimaler Ruderanlenkungen. Es bringt gar nichts, wenn die Ruderanlenkung falsch ausgelegt ist und man mittels 50% Dual Rate alles passend macht. Wichtig für spielfreie und richtige Ruderanlenkungen ist, dass das Servo bei 100% Servoweg mechanisch den benötigten Ruderausschlag bereitstellt. Das ist der Grund, warum ich bei der Supra Fly 60 für das Querruder ein 35 mm langes CFK-Ruderhorn eingebaut und die Anlenkung am Servo ganz innen im zweiten Loch eingehängt habe. So bekommt man ein bocksteifes Ruder, was bei Vollausschlag die am Ende benötigten 15 mm Ausschlag bringt, absolut spielfrei und stellgenau. Die weitere Flugerprobung hat auch gezeigt, dass die Anlenkung der beiden Höhenruderhälften über ein Servo nicht optimal ist. Die beiden Ruder schlagen über den Servoweg unterschiedlich aus, auch das bringt ein ganz leichtes Querrudermoment aus dem Höhenruderausschlag. Aus diesem Grund habe ich am Ende ein zweites Höhenruderservo eingebaut und so jedes Höhenruderblatt einzeln angelenkt. Über den Servomonitor der Jeti kann man dann die Servos perfekt synchronisieren.
Regler

Die Supra Fly 60 geht mit ordentlichem Speed durchs Programm, speziell bei Abwärtsfiguren stellt sich aber auch keinerlei Bremswirkung ein. Hatte ein Verbrenner im Standgas noch etwas Bremsleistung, lässt der Pichler Regler den Motor ungebremst weiterdrehen. Die beim Höhen- und Seitenruderservo eingesparten 60 g habe ich wieder eingesetzt und auf einen Master Mezon Regler umgerüstet. Dieser bringt zwei wesentliche Vorteile mit: zum einen habe ich volle Telemetriedaten aus dem Flugakku, wie etwa die verbrauchte Kapazität mit entsprechenden Alarmen, und Zum anderen, was viel wichtiger ist, eine einstellbare Motorbremse. Ich habe für die Supra Fly 60 einen Wert von 30% Bremsleistung erflogen, man glaubt nicht, was das ausmacht. In allen Abwärtsfiguren wird das Modell nicht schneller, bleibt schön im Constant-Speed. Der Propeller dreht dabei immer weiter, bleibt nicht stehen. Bei der Landung kommt das Modell extrem langsam rein und lässt sich wunderbar in den 15-Meter-Kreis setzen. Der Regler ist mit 150 g nicht der leichteste und etwa 50 g schwerer als der Pichler-Regler mit UniSens-Logger. Aber für die Funktion der einstellbaren Bremse hat man wesentlich bessere Flugeigenschaften im Programm bei Abwärtsfiguren.
An dieser Stelle habe ich einen Wunsch an Pichler Modellbau: Ich würde mir einen optionalen Hanno-Special-Antrieb wünschen mit einem Regler, der eine einstellbare Bremse als zusätzliche Funktion hat, das wäre das wichtigste Merkmal für ambitionierten Programm-Kunstflug.
Kunstflugoptimierungen am Modell

Wenn man senkrecht rauffliegt, fällt die Supra Fly 60 irgendwann auf den Rücken. Der 600 g schwere Flugakku sitzt deutlich oberhalb der Rumpfmittellinie und unterstützt das Kippen auf den Rücken. Ich habe deshalb wie oben schon beschrieben das ganze Akkubrett ausgebaut, damit kommt der Flugakku ein ganzes Stück tiefer in den Rumpf, liegt auf dem Resonanztunnel auf und kann komfortabel mit einem Klettband gesichert werden. Die Flugerprobung hat gezeigt, dass die Tendenz, auf den Rücken zu kippen, vollständig eliminiert ist. Hier kommen jetzt die Effekte zusammen, die Hanno schon bei seiner WM-Supra Fly umgesetzt hat: Möglichst die schweren Teile im Modell so nah wie möglich an die Rumpfmittellinie platzieren. Im Zusammenspiel mit einer EWD von 0 Grad und einem 3 mm hinter der Angabe liegenden Schwerpunkt von 168 mm bekommt man superneutrale Flugeigenschaften.

Die Supra Fly 60 benötigte von Anfang an einen leichten Rechtstrimm am Querruder. Die digitale EWD-Waage brachte die Ursache schnell zutage, die beiden Tragflächen sind um 0,3 Grad gegeneinander verdreht. Macht sich beim normalen Fliegen kaum bemerkbar, im Wettbewerbskunstflug gibt es je nach Geschwindigkeit aber immer eine leichte Drehtendenz um die Längsachse. Nachgerechnet bedeutet es, die rechte Fläche um 1 mm nach oben und die linke Fläche um 1 mm nach unten zu verdrehen. Dazu harzt man die Löcher für die Flächenbolzen einfach mit eingedicktem Harz zu und feilt sie von Hand um das genannte Maß neu auf. Dauert ein wenig, geht aber ziemlich problemlos. Den leichten Verzug der Querruder habe ich mit dem Folienfön herausgeholt, die Flüge danach zeigten, dass keinerlei Trimmung mehr benötigt wird. Ein voller Erfolg dieser kleinen Operation.
Fazit
Mit den gezeigten Umbauten habe ich ein vollwertiges Wettbewerbsmodell für die guten alten F3A-Programme. Zum einen ist meine Supra Fly 60 jetzt gewichtsoptimiert, aber mindestens genauso entscheidend sind die perfektionierten Ruderanlenkungen und Einstellungen. Im Frühjahr werde ich das Training aufnehmen und in den kommenden 50-100 Flügen noch die Feinabstimmungen vornehmen. Damit baut sich dann das Gefühl auf, das Modell vollkommen zu beherrschen. Mit jedem Flug verfeinert man das geflogene Programm. Die Supra Fly 60 ist jetzt gerüstet, jetzt liegt’s nur noch am Piloten. Es hat sich mittlerweile eine große Retro-Szene mit Kunstflugmodellen aus dieser Zeit entwickelt. Ich werde nächstes Jahr sicher an dem einen oder anderen Retro-Wettbewerb teilnehmen und bin mir sicher, dass ich mit meiner Supra Fly 60 Pro nicht Letzter werde.
Bezugsadressen
CFK-Steckung:
CTG Carbon Team Germany GmbH,
Telefon: 09391-9199-802,
www.carbon-team.de und www.kohlefaser.de
CFK-Spinner:
Modelltechnik Lorenz,
Tel.: 06631-916573, www.f3alorenz.de