

DOUBLE ACTION
E-flite Mini Convergence VTOL von Horizon Hobby
„Zwei in eins kann keins so richtig“, höre ich meinen ungeliebten Namensvetter leise miesepetern, als ich die Mini Convergence auspacke. Dabei gibt es eigentlich keinen Grund zur Skepsis, denn E-flite beherrscht die Kunst, senkrechtstartende Flächenmodelle mit begeisternden Flugeigenschaften zu produzieren. Nach ihrer größeren Schwester Convergence und der zweimotorigen X-Vert ist die Mini Convergence nun schon das dritte VTOL im Programm. Und Horizon schürt die Erwartungen: Unerreicht einfach und dabei aufregend dynamisch soll die Neue zu fliegen sein.

Nackter Schaum
Ton in Ton mit der weißen Styroporverpackung präsentiert sich unser frisch geschlüpfter Flugkünstler beim Erstkontakt. Drei Dekorbögen – von sportlich streifig bis bombig militärisch – bringen Farbe ins Spiel. Die Motive sind ausgestanzt, was die Abläufe beschleunigt. Dennoch ist Sorgfalt und Geduld gefragt, sonst legt sich die zweite Haut faltig über die schwungvoll in Schaum gepressten Stromlinien. Besonders bei den großen Stickern empfiehlt sich die sogenannte Spüli-Methode, die sich etwa im RC-Car-Bereich beim Bekleben der Lexan-Karosserien bestens bewährt. Wir benetzen also vor dem Aufkleben die Schaumoberfläche mit der leicht seifigen Flüssigkeit, was verhindert, dass die Klebeschicht sofort kraftvoll „zubeißt“. Der Sticker kann so nach Belieben korrigiert und schließlich korrekt platziert werden. Das Spüli-Wasser verdunstet spätestens über Nacht, dann eventuell die Kanten noch mal andrücken und auch das Gefieder unseres VTOL-Vogels ist flugbereit.
FPV-Ready

BNF Basic oder PNP heißen die Ausstattungsvarianten der Mini Convergence. Der Preisunterschied liegt bei nur 20 Euro, dafür ist bei BNF ein kleiner serieller Spektrum-Empfänger an Bord. Für ein ganzes Bündel Servokabel samt Standardempfänger reicht der Platz nicht. Bauraum freigehalten haben die Entwickler jedoch für eine kleine FPV-Kamera. Sie nimmt auf Wunsch samt Videosender in der Kabine Platz. Ein Stromanschluss für dieses Gadget liegt bereit. Die Energie liefert der Flugakku, ein 3s 800-mAh-LiPo, der wie das erforderliche Ladegerät weder bei PNP noch bei BNF zum Lieferumfang gehört. Zum Steuern benötigt der Pilot einen Spektrum-Sender mit mindestens sechs Kanälen. Vier davon sind mit den Flugfunktionen belegt, Kanal 5 switcht zwischen den unterschiedlichen Stabilisierungsstufen und Kanal 6 bedient das Highlight: Hier schaltet der Pilot um zwischen Multicop-ter- und Flächenflugmodus. Die „Intelligenz“ des VTOL steckt in der im Modell verbauten Flugsteuerung. Integriert sind sowohl die Automatikfunktionen für den Übergang zwischen Copter- und Flächenflug als auch eine Dreiachs-Stabilisierung. Im Sender sind keine komplexen Mischer erforderlich.
Sicherer mit Quick Start

Vier Flugzustände (Copter oder Fläche, Stabilität oder Acro) kann der Pilot wählen, zwei davon sind potenziell riskant. Horizon empfiehlt untrainierten Piloten dringend, ausschließlich den Stabilitätsmodus zu verwenden, sowohl im Multirotor- als auch im Flächenflug. Im Standardsetup kontrollieren zwei Schalter die vier Zustände. Wer im Eifer des Gefechts falsch greift, also zum Beispiel statt von Copter zu Fläche von Stabilität auf Agilität schaltet, hat anstelle eines schwebenden Ruhepols plötzlich ein Säckchen Hummeln am Knüppel. Aber eine clevere Sicherheitseinrichtung verhindert solche Fehlschaltungen zuverlässig: Wer das sogenannte Quick Start Setup für die Senderprogrammierung nutzt, wählt mit nur einem Dreistufen-Schalter zwischen Coptermodus stabil (zum Starten und Landen), Flächenflug stabil und Flächenflug Acro. So wird auch das VTOL-Fliegen safe, denn das Zurückschalten in den stabilen Coptermodus wirkt ähnlich einer 3D-Handbremse. Das Modell stoppt zwar nicht schlagartig, wird jedoch von der Elektronik selbstständig in eine horizontale Fluglage gebracht und kann gefahrlos in Richtung stationärer Schwebeflug „ausrollen“. Das Quick Start Setup konnte ich mit meiner Spektrum iX 12 bequem per WLAN direkt von der Spektrum-RC-Website herunterladen. Das Full Setup war zum Testzeitpunkt noch nicht als Download hinterlegt. Die Anleitung liefert jedoch alle benötigten Werte für sämtliche aktuellen Spektrum-Sender.
Höhenluft schnuppern

Nach Dekorieren, Sender programmieren, Akku laden und Schwerpunkt messen (passt perfekt mit einem 3s 800er LiPo) war der Feierabend schon zu finster, um noch zum Modellflugplatz zu starten. Also ab in den Garten. Schließlich kann unsere Mini C ja coptern und braucht für die ersten Höhenmeter kaum mehr Platz als der Pilot selbst. Ziemlich cool ist die Show, die das VTOL beim Initialisieren abzieht: Nach einem kurzen Zucken fahren mit leisem Servosummen die Motorgondeln in die aufrechte Startposition. Trotz Minimaßen wirkt der Akt souverän und erinnert an das Ausrichten wuchtiger Geschützrohre. Geladen ist das Raketchen nun, zum Entsichern schiebt der Pilot die Gastrimmung nach vorn. Ein, zwei Klicks starten die drei Motoren, die beim Copterfliegen immer mindestens mit dieser Leerlaufdrehzahl arbeiten. Als Startplatz empfiehlt sich ein ebener Hartbelag, aber auch von kurzem Gras startet die Mini Convergence sicher. Zu zögerlich sollte der Pilot beim Abheben das Gas nicht dosieren. Beim Leichtwerden scheint es, als wolle das einmotorige Heck sich nur widerwillig vom Boden lösen. Dann einfach entschlossen Gas nachschieben. Sobald das VTOL komplett frei ist, hat die Elektronik das Flugkörperchen komplett unter Kontrolle.

Der Stabilitätsmodus macht seinem Namen alle Ehre. Unerschütterlich satt schwebt die Mini C in Bauchhöhe vor mir. Steuerkommandos setzt sie zwar durchaus willig und spontan, jedoch auch überaus sachte um. Selbst mit Nachdruck lässt sich die Mini Convergence nicht über flottes Joggingtempo beschleunigen. Im Stabilitätsmodus geht sie so sorgsam mit dem zur Verfügung stehenden Luftraum um, dass sich das kompakte Leichtgewicht auch zum entspannten Indoorfliegen über dem Couchtisch eignet – zumindest für erfahrene Piloten. Coptereinsteiger üben im Freien ebenso stressfrei den Schwebeflug, der Voraussetzung ist für das sichere Starten und Landen des VTOL. Ein wenig Wind gleicht die Elektronik gekonnt aus und arbeitet nicht gesteuerten Lageänderungen blitzschnell entgegen. Ein Sturmvogel ist die Mini C erwartungsgemäß nicht.
Feldtest

Den Übergang in den Flächenflug habe ich im Garten dann doch nicht gewagt. Also Wochenend und Sonnenschein abgewartet und dann war ich allein mit ihr auf freier Flur. Gestartet wird ganz lässig ohne Verneigung vor der miniaturisierten Technik vom Pkw-Dach aus. So sanft hebt die Mini C vom heiligen Blechle ab, dass sich auch pingelige Liebhaber keine Sorgen um die Unversehrtheit des Lackkleids machen müssen. Nach einigen Sekunden Steigflug schalte ich in Sicherheitshöhe mit einem Klick um von Copter stabil auf Flächenflug stabil. Für die nächsten Sekunden übernimmt die Elektronik: Die Motorgondeln senken sich sachte aus der aufrechten Position etwa in Mittellage und sorgen neben ausreichend Auftrieb nun auch für Vortrieb. Die Mini C nimmt Fahrt auf, die Gondeln senken sich weiter in Flächenflugposition, der Heckmotor wird abgeschaltet und unser kleiner Feger prescht los Richtung Sichtgrenze. Erstmal ganz schön baff ob des feurigen Vorwärtsdrangs lange ich beherzt ins Querruder, um die Kleine wieder an die kurze Leine zu nehmen. Zack, liegt sie etwa 45° auf der Seite – mehr verhindert im Moment die auf stabil gestellte Elektronik. So richtig eng gelingt die Kurve mit dieser Schräglage nicht und die erste Platzrunde fällt unerwartet temporeich und weiträumig aus. Alles klar, sie will ernst genommen werden, unsere Mini C. Also die Sinne sammeln, etwas Gas raus und zum Kurven Seite mitsteuern. Die Motoren arbeiten dann mit Differenzialschub, was einer Ruderfunktion nahekommt. Die Kehren werden jedenfalls enger und zusammen mit der reduzierten Geschwindigkeit bleibt die Mini C innerhalb der Sichtgrenzen stressfrei manövrierbar.

Zum wiesenschleichenden Erstmodell kann sie aber auch die Elektronik nicht zähmen. Als dreimotoriges VTOL schleppt sie ein paar Gramm zusätzliche Technik mit sich herum – Langsamflug im Flächenmodus ist also nicht ihre Stärke. Muss auch nicht sein, denn sie kann ja prima schweben. Zurück in den stabilen Coptermodus geht es nach fünf Minuten ebenfalls wieder per Klick am Sender. Ganz so turbulenzfrei wie der Übergang zum Flächenflug ist der Weg zurück zum Coptern nicht. Die Mini C wird je nach Tempo beim Umschalten ganz schön durchgeschüttelt und taumelt um ihre Längsachse. Gefährlich war das für das Modell jedoch noch nie. Ein, zwei wackelige Sekunden und die Elektronik hat stets souverän für eine sichere Balance gesorgt. Die anschließende Punktlandung in Augenhöhe auf dem Autodach ist im stabilen Coptermodus ein Klacks.
Alles auf Action

Die Mini C belegt in meinem Sender zwei Modellspeicher. Das Quick Start Setup verlassen wir nun zugunsten des Full Setups. Hier haben wir über zwei Schalter Zugriff auf beide Kunstflug-Modi der Mini C. Starten wir mit dem Copter-Acromode. Gleich vorweg: Er erfordert Routine. Der Unterschied zum Stabilitätsmodus dürfte für Piloten ohne Race-Copter- oder 3D-Heli-Erfahrung recht krass wirken. Ein beherzter Nick-Impuls beispielsweise stellt die Mini C augenblicklich auf die Nase oder reißt sie gar kopfüber auf den Rücken. Zurück in die Normalflug-Horizontale geht es nun nicht mehr automatisch durch einfaches Neutralisieren des Knüppels. Der Pilot übernimmt selbstverantwortlich die Stabilisierung und hat alle Hände voll zu tun, das richtige Maß zwischen Steuern und Übersteuern zu finden. Acro steht hier eindeutig für Action. Für Cracks am Knüppel eine erfrischende Erprobung ihrer Fähigkeiten, für Multicopter-Einsteiger sicherlich erstmal zu viel des Guten. Doch Hilfe ist nah – ein Schalterklick zurück in den Stabilitätsmodus sorgt sofort wieder für Flugruhe. So kann sich jeder in Sicherheitshöhe an seine Grenzen herantasten und diese gefahrlos weiter ausdehnen.

Auch im Flächenflug fallen alle Beschränkungen, sobald der Pilot auf Kunstflug schaltet. Der Unterschied zwischen stabil und acro ist nach meinem Empfinden nicht so drastisch wie im Copter-Mode, denn an das Vollen-Dampf-voraus-Temperament des kleinen Kraftpakets haben wir uns ja schön gewöhnt. Fantastisch quirlig um alle Achsen wirbelt die Mini C auf engstem Raum und hat auch mit zwei statt drei aktiven Motoren genug Power für großräumige vertikale Manöver. Zurück aus luftigen Höhen zischt sie pfeilschnell über den Platz. Da wünschte ich mir schon ein paar Megapixel mehr auf der Netzhaut, um den berauschenden Speed auf langen Geraden voll auskosten zu können. Die Horizontale verlässt die Mini C nur, wenn der Pilot das will. Die Elektronik sorgt bei aller Agilität auf den Rudern für eine beeindruckend stabile Fluglage. Kein fieses Unterschneiden oder Überziehen stresst beim Speeden. Schnell wächst das Vertrauen zum Fun-Gerät und die Figuren werden immer verrückter. Engste Überschläge und Steilspiralen mit maximalem Differenzialschub der beiden Motoren sehen spektakulär aus, bringen das Modell aber nicht an seine Grenzen. Notfalls flüchten wir uns (vom Publikum meist unbemerkt) mit einem Schalterklick zurück in den Stabilitätsmodus, nutzen den eigenstabilen Flug zum Durchatmen und starten von neuem ins unbeschränkte Vergnügen.
Fazit

E-flite möchte mit den VTOLs verstärkt Copterpiloten aus der Spielzeugecke des Consu-mer-Markts abholen und für den Modellflug begeistern. Den schwierigen Übergang vom mehr oder weniger statischen Schwebeflug zum dynamischen Flächenflug und auch wieder zurück meistert zuverlässig die Elektronik – das gilt für alle drei bislang vorgestellten Senkrechtstarter. Die große Convergence ist jedoch als Aufstiegshilfe für Modellflugeinsteiger schon zu mächtig, die zweimotorige X-Vert wirkt im Coptermodus bauartbedingt etwas ungelenk. Und die Mini C? Sie übertrumpft ihre älteren Schwestern tatsächlich in vielen Belangen. Sie schwebt einerseits äußerst stabil und sicher, coptert andererseits im Acromodus so fidel, dass dieser vollwertige Flugzustand viel mehr ist als nur eine Startund Landehilfe. Im Flächenflug unterstützt der Stabilitätsmodus den Piloten und holt das Modell immer wieder zurück in eine sichere horizontale Fluglage. Ohne Winkelbegrenzung dreht die Mini C ordentlich auf und begeistert mit Kraft und Agilität fortgeschrittene Flieger. E-flite verschmilzt bei diesem Modell Copter und Flächenflugzeug zu einer homogenen Einheit und schafft eine neue Art von Fluggerät. Diese Spielart von 2-in-1 behagt mir sehr. Absoluten Anfängern würde ich jedoch ein weniger actiongeladenes Modell aus Horizons SAFE-Serie empfehlen.
Mini Convergence VTOL
Verwendungs-zweck: senkrechtstartender Funflyer mitMultirotor-Modus
Modelltyp: Fertigmodell aus EPO
Hersteller/ Vertrieb: E-flite/Horizon Hobby
Bezug und Info: www.horizonhobby.de, Fachhandel oder direkt bei: Tel.: 040 822167800
UVP: 199,99 € (BNF-Basic), 179,99 € (PNP)
Lieferumfang: Rumpf, Tragfläche und Leitwerke aus EPO, vier Servos eingebaut, drei Brushless-Motoren samt Reglern montiert, 3 × 2-Blatt-Propeller mon-tiert, Spektrum-DSMX-Empfänger
(nur BNF-Basic) und Flugsteuerung mit Stabilisierungssystem eingebaut, drei Dekorbögen, zwei Ersatzpropeller, Bedienungsanleitung
Erforderl. Zube-hör (BNF-Basic): Spektrum-Flugsender ab 6 Kanälen, 3s-LiPo mit 800 mAh und Ladegerät; zusätzlich bei PNP: serieller Spektrum-Empfänger
Bau- u. Betriebsanleitung: D/E/I/F, 14 Seiten deutsch, zahlreiche S/W-Abbildungen, Einstellwerte für den Sender, Schwerpunktangabe vorhanden, Tipps zum Fliegen
Aufbau
Rumpf: EPO, weder lackiert noch dekoriert
Tragfläche: EPO mit Kunststoff-Verstärkungen, weder lackiert noch dekoriert, vier Servos (2 × Ruder, 2 × Motorgondeln) eingebaut, Ruder und schwenkbare Motorgondeln angelenkt Leitwerk: am Rumpf angeformt, EPO, weder lackiert noch dekoriert
Kabinenhaube: nehmbar durch Magnetverschluss, EPO, schwarz lackiert, bequem abdient als Akkuklappe
Einbau Flugakku: Klettschlaufe
Technische Daten
Spannweite: 410 mm
Länge: 419 mm
Flächentiefe an der Wurzel: ca. 230 mm
Flächentiefe am Randbogen: ca. 50 mm
Tragflächeninhalt: 6,6 dm²
Flächenbelastung: 37,9 g/dm²
Tragflächenprofil: keine Angabe, gerade Unterseite
Gewicht/Herstellerangabe: 240 bis 253 g
Fluggewicht Testmodell (mitAkku): 250 g
Antrieb (eingebaut)
Motor: 3 × Brushless-Außenläufer mit 2.500 kV
Regler: 3 × 6-A-Brushless-Regler
Propeller: 3 × 2-Blatt 4 × 2,4 Zoll
RC-Funktionen und Komponenten
Querruder/Höhenruder (Ele-von): 2 × Spektrum 3,7-g-Servo
Motorgondeln: 2 × Spektrum 5-g-Servo
Verwendete Mischer: keine
Akku: 3s 800-mAh-LiPo (empfohlen und verwendet)
Empfänger: serieller Spektrum DSMX-Empfänger (bei BNF Basic eingebaut)
Empf.-Stromversorgung: BEC