

KLEINER BARON
Lil Fokker von RC-Factory/Pichler
Vor einige Zeit habe ich bereits die Crack Fokker getestet (vgl. FMT 03/2017). Nachdem dieses Modell viele Fans gefunden hat, bekam es mit der Lil Fokker jetzt einen kleinen Bruder mit rund 20 Zentimeter weniger Spannweite. Die noch kompaktere Größe verspricht in Verbindung mit der Auslegung ein quirliges Flugverhalten. Das Modell traf wenige Tage vor der Faszination Modellbau in Friedrichshafen bei mir ein, die FMT-Indoor-Action bot sich also perfekt an, um es ausgiebig zu testen.

Durchdacht
Wer die Modelle von RC Factory kennt, der weiß, dass diese für ein EPP-Modell in Plattenbauweise recht komplex konstruiert sind. Sie sind sehr durchdacht und lassen sich somit zügig aufbauen. Bei den von Pichler empfohlenen Komponenten war ich etwas überrascht, denn das Antriebsset ist dasselbe wie auch bei der größeren Fokker, an Leistung dürfte es dem kleinen Dreidecker also nicht mangeln.

Schaut man sich den Lieferumfang an, so kann das Modell hier schon mal punkten. Denn nicht nur die einzelnen Bauteile sind sauber geschnitten und extrem detailliert bedruckt, auch das beiliegende Zubehör macht einen durchdachten und vollständigen Eindruck. Eine Anleitung sucht man im Baukasten vergebens, diese ist online auf der Homepage von Pichler als PDF zu finden und wiederum sehr detailliert mit zahlreichen Farbfotos ausgeführt.
Verzapft
Die einzelnen EPP-Teile sind untereinander passgenau verzapft, so dass man hier beim Zusammenbau fast keine Fehler machen kann. Neben den Verstärkungselementen aus CFK liegen auch zahlreiche Teile aus ABS bei. Das sind nicht nur die Ruderhörner, sondern auch Verstärkungen für den Rumpf und das Fahrwerk. Sieht man sich diese Teile genauer an, so fällt auf, dass sie im 3D-Druckverfahren erstellt wurden – wobei die Qualität mehr als überzeugen kann.

Die Rumpfverstärkungen, durch welche die Fahrwerksstreben laufen, sind ein sehr gutes Beispiel dafür, wie weit der Hersteller mitdenkt. Denn die Kunststoffverstärkungen werden nicht einfach über die entsprechenden Aussparungen im Rumpf geklebt, sie haben je zwei Stifte, die in Löcher im Rumpf greifen. Eine falsche Positionierung ist also ausgeschlossen. Auch bei eher einfachen Modellen machen solche Details den Unterschied, denn selbst unerfahrene Modellbauer kommen so leichter und sicherer zum Ziel.
Schnell gebaut
Da fast alle Klebungen mit mittelflüssigem Sekundenkleber oder UHU Por erfolgen, geht der Bau recht schnell voran. Mit der aufwendigste Arbeitsschritt neben dem Erstellen der Anlenkungen ist das Verkleben der CFK-Verstrebungen. Für die Flachholme, welche den Tragflächen ihre Stabilität geben, sind bereits Aussparungen im Flügel eingebracht. Hier kann es aber sein, dass diese an manchen Stellen nicht tief genug sind; deshalb sollten die Holme vor dem Verkleben einmal trocken eingesetzt werden. Sind die Aussparungen nicht tief genug, so können sie einfach mit einem scharfen Messer etwas nachgeschnitten werden. Anschließend kann entweder mittelflüssiger Sekundenkleber auf die Aussparungen gegeben und die Holme dann eingesetzt werden – oder man setzt diese trocken ein und lässt dünnflüssigen Sekundenkleber von außen zwischen Holm und EPP laufen. Man sollte aber daran denken, dass Sekundenkleber durch die Poren des EPPs auf die andere Seite dringen kann. Um eine Verklebung mit der Arbeitsfläche zu vermeiden, kann man entweder auf Depron arbeiten (das vom Sekundenkleber aufgelöst wird) oder man klebt die Werkbank mit einem Streifen klarem Paket-Klebeband ab, auf diesem haftet Sekundenkleber nur sehr schlecht.

Während die Flügel klassisch über 3-mm-CFK-Flachholme versteift werden, liegt für den Rumpf ein breiteres Verstärkungselement bei, das aus beidseitig GFK-verstärktem Birkensperrholz besteht. Dieser Flachholm führt quer durch den Rumpf und verbindet die drei Flügel bzw. die Holme des oberen und unteren Flügels miteinander, so dass er sehr zur Verwindungssteifigkeit des Modells beiträgt.

Der eigentliche Zusammenbau gleicht im Großen und Ganzen dem aller Kreuzrumpf-Modelle. Geht man nach Anleitung vor, so werden nur eine ebene Unterlage und ein Winkel benötigt, um alles gerade und verzugsfrei zusammen zu setzen. Die sinnvolle Verzapfung der Teile untereinander erleichtert einem auch hier die Arbeit.
Markant: das Fahrwerk

Wie bei der großen Fokker, so sind auch bei der kleinen Version die Räder eine Besonderheit. Die Lil Fokker ist, wie unschwer zu erkennen, an die Fokker Dr.I, einen Jagd-Dreidecker des Ersten Weltkriegs, angelehnt. Und eines der markantesten Details dieser Maschine war mit Sicherheit das Fahrwerk mit seinem zusätzlichen Stummelflügel und den großen Scheibenrädern. Eben diese Räder finden sich auch an der Lil Fokker. Sie bestehen aus einer ausgefrästen Sperrholzscheibe, auf die eine Schaum-Lauffläche und eine EPP-Verkleidung aufgeklebt werden. Laufbuchsen aus ABS sorgen für eine gute Führung auf der Achse. So entsteht mit wenig Aufwand ein leichtes Rad, das aber sehr schön die Optik des Vorbilds wiedergibt. Neben der Optik bringen die Räder noch andere Vorzüge mit sich; denn wie schon die große Crack Fokker, lässt sich auch die kleine Version von kurzem Gras oder einem rauen Weg aus starten. Und das gelingt wirklich nicht mit jedem 3D-Funflyer.
Servos und Anlenkungen
Neben dem Antrieb beinhaltet das Komplettset von Pichler auch vier Metallgetriebe-Servos der 4-g-Klasse. Deren Position und die Kabellänge passen sehr gut zusammen, so dass hier nichts verlängert oder gekürzt werden muss. Die Servos selbst werden in passgenauen Aussparungen im Schaum platziert und dort mit etwas Kleber fixiert. Ich verwende hierfür gerne Heißkleber, da sich die Servos so mit einer scharfen Klinge wieder lösen lassen.

Klasse gemacht sind auch die Anlenkungsteile: Hier ist alles sehr durchdacht und so ausgeführt, dass sich die Ruder jederzeit mechanisch einstellen lassen und alles leichtgängig läuft. Die Verbindung zwischen den CFK-Schubstangen und den Ruderhörnern wird über spezielle Kunststoffteile hergestellt, die mit dem CFK-Stab verklebt werden und über einen Zapfen verfügen, der in das Ruderhorn greift. Die Verbindung zum Servo erfolgt über einen Klemm-Mitnehmer, der ein nachträgliches Verstellen der Neutralstellung möglich macht. Auf diese Art sind auch die drei Querruder miteinander verbunden, so dass auch diese perfekt zueinander ausgerichtet werden können. Die Montage des Motors erfolgt auf einem ABS-Spant. Verwendet man den empfohlenen Antrieb, so sind dafür nur vier Schrauben nötig. Der Akku wird zunächst provisorisch so platziert, dass der Schwerpunkt der Herstellerangabe entspricht. Anschließend schneidet man für den Akku einfach eine Aussparung in den Rumpf.
Agil um alle Achsen

Wie geplant, erfolgte der Erstflug während der FMT-Indoor-Action in Friedrichshafen. Und wie ich es erwartet hatte, ist die kleine Fokker etwas flotter unterwegs als ihr großer Bruder. Das Modell verhält sich auch sehr agil um alle Achsen. Entgegen der großen Version hat die kleine Fokker eine deutlich bessere Richtungsstabilität und rollt auch deutlich schneller. Sie liegt dafür nicht ganz so ruhig in der Luft und reagiert direkter auf Steuereingaben, wodurch sie am Knüppel etwas schnellere Finger erfordert.

Trotz der Oldie-Optik handelt es sich bei der Lil Fokker eher um ein rassiges 3D-Fun-flyer-Modell als um einen gemütlichen Wiesenschleicher. Die Reaktionen auf das Höhenruder und insbesondere auf das große Pendel-Seitenruder sind fast schon als extrem zu bezeichnen, ein Richtungswechsel gelingt damit quasi auf der Stelle.

Für ein solch kompaktes Modell ist die Fokker auch sehr stabil beim Torquen; die Querruderwirkung ist dabei so gut, dass man in diesem Flugzustand in beide Richtungen rollen kann. Will man aus dem Torquen wegsteigen, so stellt der verbaute Antrieb dafür mehr als ausreichend Leistung parat. Ich bin das Modell testweise auch mit kleinen 250-mAh-3s-Akkus geflogen, damit mutiert es aber fast zum Hotliner. Diese Power braucht man nicht, wer sich aber den Spaß gönnen will, der kann es bedenkenlos tun, denn der Antrieb kommt auch mit 3s zurecht, solange nicht länger als ein paar Sekunden und nicht zu oft mit Vollgas geflogen wird. Strukturell ist es für die kleine Fokker ebenfalls kein Problem, denn trotz der Leichtbauweise ist der Aufbau insgesamt sehr steif, wodurch sich auch bei einem etwas härteren Flugstil nichts verwindet.
Messerflug-Loopings

Auch wenn es sich bei der Fokker um ein Funmodell handelt, so ist sie doch überraschend exakt fliegbar und hat kaum ein Eigenleben. Lediglich im Messerflug neigt sie zum Zurückdrehen, was sich mit einem entsprechenden Mischer aber beheben lässt. Dank des hohen Rumpfs und des großen Seitenruders lässt sich der Messerflug sehr langsam und in einem breiten Anstellwinkel-Bereich fliegen. Selbst Messerflug-Loopings oder Überschläge sind mit der Lil Fokker kein Problem. Im Harrier, egal ob positiv oder negativ geflogen, neigt der Dreidecker kaum zum typischen Flächen-Wackeln, so dass das Modell in diesem Flugzustand leicht zu kontrollieren ist. Dank des sehr gut wirkenden Seitenruders lässt sich die Fokker dabei willig in jede Richtung dirigieren. Allgemein lässt sich das Modell dank der guten Ruderwirkung und Agilität auf engstem Raum fliegen, so dass bereits eine kleine Hallenecke genügt um, Spaß zu haben. Durch das geringe Gewicht und das verwendete Material ist die Lil Fokker auch sehr robust, auch leichte Wand- oder Bodenberührungen laufen meist ohne Schäden ab, so dass man mit dem Modell bedenkenlos herumturnen kann.
Auch outdoor
Natürlich lässt sich der Dreidecker nicht nur indoor fliegen. Dank der kräftigen Motorisierung lässt sich das Modell auch draußen sehr gut bewegen, selbst bei leichtem bis mittlerem Wind. Je nach Gaseinsatz liegt die erreichbare Flugzeit mit dem 2s-LiPo zwischen sechs und acht Minuten. Die Landung gelingt dank der großen Räder auf den meisten Untergründen, ansonsten kann das Modell auch einfach aus der Hand gestartet und dann wieder aus der Luft gegriffen werden.

Im Vergleich zum großen Bruder zeigt sich die kleine Fokker als deutlich agiler, dafür ist die größere Version gemütlicher unterwegs und lässt dem Piloten mehr Zeit beim Aussteuern der Figuren. Beim Transport hat die Lil Fokker eindeutig die Nase vorn, denn sie ist einfach kompakter und findet noch einfacher ein Plätzchen im Kofferraum.
Mein Fazit

Wer für die laufende Hallensaison ein agiles, handliches Modell sucht und dabei Gefallen an einer nicht alltäglichen Optik findet, für den ist die Lil Fokker genau das Richtige. Wie die größere Variante ist sie eine reine Fun-Maschine und lässt sich an zwei bis drei gemütlichen Abenden problemlos aufbauen. Die im Set enthaltenen Komponenten passen perfekt zum Modell und der Antrieb ist sehr gut abgestimmt – so dass es der Kleinen auch outdoor nicht an Leistung mangelt.
Lil Fokker

Verwendungszweck: 3D-Funflyer
Modelltyp: EPP-Bausatz
Hersteller/ Vertrieb: RC-Factory/Modellbau Pichler
Bezug und Info: direkt bei https://shop.pichler.de, Tel.: 08721 5082660
UVP: 65,- € bzw. 149,- € (Kombo mit Motor, Regler, Servos, Akku)
Lieferumfang: mehrfarbig bedruckte EPP-Teile, CFK-Verstärkungen, Kleinteile für Ruderanlenkung und Fahrwerk, Räder (in der Kombo zusätzlich Antrieb und Servos)
Erforderl. Zu-behör: Klebstoff, RC- und Antriebskomponenten
Bau- u. Betriebs-anleitung: online als PDF erhältlich, viele Farbfotos und Skizzen, alle Arbeitsschritte beschrieben, alle Einstellwerte genannt
Aufbau
Rumpf: EPP-Kreuzrumpf mit Verstärkungen aus ABS und CFK
Tragfläche: EPP Platte, verstärkt mit 3-mm-CFK-Flachholm
Leitwerk: EPP Platte, verstärkt mit 3-mm-CFK-Flachholm
Kabinenhaube: Pilotenfigur aus schwarzem EPP
Motoreinbau: Montage auf ABS-Motorträger
Einbau Flugakku: Klemm-Montage im Rumpf
Technische Daten
Spannweite: 680 mm
Länge: 680 mm
Spannweite HLW: 300 mm
Flächentiefe an der Wurzel: 125 mm (Einschnürung am oberen Flügel)
Flächentiefe am Randbogen: 115 mm
Tragflächeninhalt: 24 dm²
Flächenbelastung: 7 g/dm²
Tragflächenprofil: 6-mm-Platte
Profil des HLW: 6-mm-Platte
Gewicht/Herstellerangabe: 130 bis 155 g
Fluggewicht Testmodell o.Flugakku: 148 g
mit 2s-350-mAh-LiPo: 172 g
Antrieb im Testmodell verwendet
Motor: Pulsar Shocky
Regler: Pulsar A-15
Propeller: 8×4,3“ GWS
Akku: 2s 350 mAh, 3s 250 mAh
RC-Funktionen und Komponenten
Höhenruder: Master S706MG
Seitenruder: Master S706MG
Querruder: 2 × Master S706MG
Verwendete Mischer: 15% Seite auf Quer gegensinnig
Empfänger: Graupner Falcon 6
Empf.-Akku: BEC