

WIEDERAUF -ERSTEHUNG
O.S. Wankel im 3D-Druck
In den ersten beiden Teilen dieses Artikels habe ich die Erstellung der wichtigsten Komponenten des Graupner Wankels V1 beschrieben. Dies waren Teile wie Korpus, Front- und Rückdeckel, Halterung und der gesamte Antriebsstrang mit Exzenterwelle, Drehkolben und den Lagern. Der Druck des Vergasers hat mich einiges an Nachdenken und viele Versuche gekostet, bis ich mit dem Ergebnis zufrieden war. Da der Vergaser aus relativ vielen, zumeist filigranen und kleinen Teilen besteht, musste ich mir etwas einfallen lassen, um ihn „funktionsfähig“, also beweglich zu bekommen.

Teil 3
Baugruppe Vergaser
Wir beginnen am besten mit dem Grundkörper des Vergasers, Bauteilenummer 3.1.1. Damit sich der Grundkörper einigermaßen sauber drucken lässt und auch die Haftung mit dem Druckbett nicht verliert, habe ich die Unterseite des Teils begradigt. Das Original hat auf der Unterseite, dort wo sich der Vergaserhals befindet, winklige Flächen. Dies rührt wohl von der Gussform bzw. deren Trennlinie. Da wir ja keine Gussform haben und damit auch kein Gussteil aus seiner Form lösen müssen, tut es auch eine gerade Unterseite, zumal diese nach dem Einsetzen des Vergaserhalses kaum zu sehen ist.
Alternativ kann der Grundkörper auf der Bohrungsseite des Drosselkükens, also hochkant gedruckt werden. Dazu muss dann aber der Einlass separat gedruckt werden, da er sonst nicht sehr ansehnlich wird. Aus diesem Grund liegen für den Vergaser-Grundkörper zwei verschiedene Versionen vor: einmal die Standardversion mit integriertem Einlass und eine zweite Version, die hochkant gedruckt wird, mit separatem Einlass und separatem Vergaserhals (siehe Abb. 3). Auf Bild 7 (Orientierung der Vergaserdruckteile) sind im hinteren Bereich beide Teile für den Hochkantdruck zu sehen.
Der Grundkörper sollte mit sehr feiner Schichtung, mindestens 1,2 µm, besser 0,8 oder 0,4 µm gedruckt werden. Ansonsten liegen die Stufen auf der Oberseite des Grundkörpers weit auseinander und sind deshalb deutlich sichtbar.
Als Nächstes können die beiden Muttern (Konter- und Düsenstockmutter 3.7.1 und 3.8.1) und das Drosselküken 3.2.1 gedruckt werden. Hier müssen wir nicht mit so feinen Schichten arbeiten, 1,2 oder 2 µm sind hier völlig ausreichend. Allerdings sollten für das Drosselküken feine und dichte Stützelemente im Slicerprogramm genutzt werden. Ansonsten wird die Querbohrung im Drosselküken ziemlich oval und wenig ansehnlich.
In einem weiteren Druckvorgang für die Vergaserteile Düsennadel und Düsenstock sollten wir auch mit sehr feinen Stützelementen arbeiten. Zusätzlich benötigen wir beim Düsenstock ein recht breites Skirt (Schürze), da der Düsenstock ansonsten eine sehr kleine Standfläche auf dem Druckbett hat und während des Drucks gegebenenfalls umgerissen werden kann. Die Düsennadel wird auf der Stirnfläche positioniert und auch mit einem Skirt versehen. Dieses muss nach dem Druck vorsichtig mit einem Skalpell entfernt werden. Bei der Rändelung der Düsennadel kann man erkennen, wie fein die Steppermotoren auf den X-/Y-Achsen tatsächlich auflösen können. Bei der Düsennadel sollte unter Umständen auch mit Stützstrukturen gearbeitet werden. Die Zwischenräume werden dann etwas exakter. Eine Nacharbeit ist so oder so notwendig, wenn man ein ansehnliches Ergebnis haben will. Zur Entfernung der Stützelemente aus der Nut habe ich das Sägeblatt einer kleinen Handsäge verwendet.

Drucktechnisch stellt die Rastfeder 3.5.1 die größte Herausforderung dar. Die Rastfeder habe ich hochkant in ABS gedruckt, da ABS eine höhere Festigkeit und Flexibilität aufweist. Nichtsdesto trotz musste ich eine ganze Anzahl an Testdrucken durchführen, bis die Feder so aus dem Druckvorgang kam, dass ich sie danach noch mit Skalpell und Nadelfeile bearbeiten konnte, ohne dass sie gleich kaputt ging. Zur weiteren Festigung habe ich sie nach der Bearbeitung kurz in Aceton getaucht. Das ergibt eine glatte und glänzende Oberfläche. Als Filament-Farbe habe ich Schwarz genommen, die richtige Rastfeder besteht ja aus brüniertem Federstahl und ist auch schwarz.
Auch den Anlenkhebel sollte man aus ABS drucken. Aus einem einfachen Grund: Das Druckfile des Anlenkhebels beinhaltet die gestreckte Form des Hebels. Er wird also flach gedruckt und muss später „gebogen“ werden. Dies habe ich mit einem feinen Lötkolben durchgeführt. An den Biegekanten den Hebel soweit erwärmen, bis das Material weich wird, dann mittels eines Stahl-Lineals ca. 30° abwinkeln. Bei der zweiten Biegung so biegen, dass Schraubfläche und die Fläche mit den Bohrungen parallel sind.
Jetzt sind alle notwendigen Teile zur Komplettierung des Vergasers vorhanden. Wer möchte, kann jetzt noch aus flexiblem Filament den Dichtring 3.12.1 drucken. Alternativ ist dieser auch im Beschlagsatz enthalten, den ich auf Nachfrage anbiete. Darin befinden sich auch die beiden M1,7-Schrauben 3.6.1 und die Federn 3.11.1.

Montage des Vergasers
Als Erstes sollte der Nippel 3.3.2 in die Bohrung des Düsenstocks 3.3.1 geklebt werden. Hierzu Sekundenkleber Medium verwenden. Dann kann die Rastfeder 3.5.1 am Düsenstock verklebt werden, danach wird die Düsenstockmutter 3.8.1 mit dünnflüssigem Sekundenkleber an Düsenstock und Rastfeder fixiert. Jetzt die Düsennadel auf den Düsenstock schieben und mit einem Tropfen dünnflüssigem Sekundenkleber an Rastfeder und Düsenstock fixieren. Nachdem der Vergaserhals 3.1.2 verputzt und in den Grundkörper 3.1.1 eingeklebt ist, kann die komplettierte Düsennadel zusammen mit der Kontermutter 3.7.1 so weit in den Grundkörper eingeschoben werden, dass das Ende des Düsenstocks mittig in die Ansaugbohrung ragt. Auch hier Kontermutter und Düsenstock mit dünnflüssigem Sekundenkleber festkleben. Der dünnflüssige kriecht gut in die Spalte und erzeugt großflächige Verbindungen zwischen den Teilen. Vor dem Kleben noch auf die richtige Ausrichtung zwischen Düsenstock und Grundkörper achten, nicht dass nachher der Nippel in Flugrichtung zeigt.
Wer keinen Wert auf ein funktionsfähiges Drosselküken legt, kann es jetzt mittels dickflüssigem Sekundenklebers in den Grundkörper einsetzen. Der Anlenkhebel kann ebenfalls angeklebt oder auch mit der M3-Linsenkopfschraube M3×6 angeschraubt werden. Möchte jemand das Drosselküken drehbar gestalten, wird dieses lediglich mit dem angeschraubten Anlenkhebel eingeschoben und mit der M1,7-Schlitzschraube fixiert. Mit dieser Schraube wird das Drosselküken gegen Herausfallen gesichert. Gleichzeitig kann, je nachdem wie weit die Schraube eingedreht wird, der maximale Drehwinkel eingeschränkt werden.

Schalldämpfer und Kühlring
In der Explosionszeichnung (Abb. 9) sind alle Komponenten des Schalldämpfers einschließlich der Schrauben und Muttern aufgeführt und in der Tabelle sind die genauen Bezeichnungen dokumentiert. Die Schalldämpferteile, drei an der Zahl, sind einfach zu drucken. Es sollten lediglich die Stützelemente relativ fein gewählt werden, um die Ränder der Schalldämpferkappe und des Schalldämpfers selbst möglichst glatt zu drucken. Gegebenenfalls müssen mit einer feinen Nadelfeile die Ränder begradigt werden. Teil B des Schalldämpfers ist der Befestigungsstutzen, der mit einem Winkel von ca. 6° einzukleben ist. Der Schalldämpfer ist also um 6° nach vorne geneigt.
Jetzt ist lediglich noch der Kühlring zu drucken und unser Funktionsmuster eines vor über vierzig Jahren auf den Markt gekommenen O.S.-Wankel ist fertig. Naja, zunächst müssen noch alle Teile zu einem Ganzen zusammengefügt werden. Dann sollte aber der Beweis erbracht sein, dass sich heutzutage mit den handelsüblichen 3D-Druckern durchaus brauchbare Muster, Nachbauten und „Fakes“ erstellen lassen.





Für Selbermacher
Die Druckdateien (STL-Files) finden sich im Download-Bereich der CAD-Bibliothek auf der FMT-Homepage. So sind dort auch die entsprechenden Explosionszeichnungen für die einzelnen Baugruppen zu finden. Vielleicht hat der ein oder andere Leser Gefallen an der Konstruktion gefunden und widmet sich zukünftig etwas mehr dem Design. Da kann Fusion 360 von Autocad durchaus hilfreich sein, ein Programm, welches keine kryptischen Mnemonics als Texteingabe erfordert.