
EWD-Ermittlung
Wege zum Ziel: mechanisch oder digital
Die Flugeigenschaften werden bekanntlich maßgeblich durch den Schwerpunkt und die Differenz zwischen den Einstellwinkeln der Tragfläche und des Höhenleitwerks – der sogenannten Einstellwinkeldifferenz (EWD) – bestimmt. Doch wie ermitteln wir die EWD? Im Folgenden erläutert zunächst Hermann Eichner das klassische, mechanische Messverfahren. Danach nimmt sich Stephan Lämmlein mit der GliderThrow von Mahmoudi Modellsport die neue, digitale Messmethode vor.

Teil 1: der mechanische Weg
Im Zusammenspiel beeinflussen beide Parameter (Schwerpunkt und EWD) die Flugstabilität des Modells in Richtung der Längsachse, also die Längsstabilität. Erhöht man die EWD bei einem schon ausgetrimmten Flugmodell, muss der Schwerpunkt weiter nach vorn, die Längsstabilität nimmt zu. Wird die EWD verkleinert, dann rutscht der Schwerpunkt weiter nach hinten und die Längsstabilität nimmt ab. Um überhaupt eine Längsstabilität zu erreichen, muss der vordere Flügel (beim Normal-Modell also die Tragfläche) immer einen größeren Anstellwinkel haben als der hintere Flügel (im Normalfall also das Höhenleitwerk). Diese Regel gilt auch für Entenflügler. Natürlich spielen auch die für Flügel und Höhenleitwerk verwendeten Profile eine gewisse Rolle, die hier jedoch nicht näher betrachtet werden soll.

Baut man seine Modelle selbst, gilt es, die EWD nach Plan- oder eigener Konstruktionsvorgabe exakt zu vermessen und einzustellen. Vereinzelt sollen auch schon Fertigmodelle aufgetaucht sein, deren EWD jenseits von Gut und Böse lag, so dass sich auch bei einem solchen Modell das Nachmessen frei nach dem Motto – Vertrauen ist gut, Kontrolle ist besser – lohnen kann.
Messen und Rechnen
Die Messung der EWD lässt sich mit ein wenig mathematischen Grundkenntnissen sehr einfach und exakt mit einem Messschieber oder einem Messlineal vornehmen. Mathematische Grundlage für die Bestimmung des Einstellwinkels sind die beiden Winkelfunktionen Sinus oder Tangens, je nachdem, ob man die Länge der Profilsehne oder die Länge von deren Projektion verwendet. Wie die Winkelfunktionen genutzt werden können, zeigt die Prinzip-Skizze.
Das Messverfahren
Zum Messen der EWD stellt man das Modell auf eine ebene Unterlage. Diese kann ein Baubrett, ein ebener Tisch oder auch einfach der ebene Fußboden sein. Gemessen werden entsprechend der Prinzip-Skizze der Abstand des vordersten Punktes der Nasenleiste und der Mitte der Endleiste bis zur Auflage. Wichtig ist dabei natürlich, dass man beide Punkte in exakt gleichem Abstand zur Mittellinie des Rumpfes misst. Dies gilt insbesondere, wenn die zu messende Fläche oder das zu messende Höhenleitwerk eine V-Form aufweist, wobei sich bei einem V-Leitwerk aufgrund der starken V-Form schnell ein größerer Fehler einschleichen kann. Genauso wichtig ist es, beim Messen des Abstands das Messlineal oder den Messschieber exakt lotrecht auf die Unterlage auszurichten. Ein Geodreieck kann hier willkommene Hilfe leisten.
Aus den Messergebnissen berechnet man nun den Wert der verwendeten Winkelfunktion entsprechend den in der Prinzip-Skizze gezeigten Formeln. Dieser Wert kann nun auf einem Taschenrechner mit der Funktion sin-1 oder tan-1 in den Anstellwinkel in Bezug auf die Unterlage umgerechnet werden. Die EWD berechnet sich nun aus Anstellwinkel vordere Fläche minus Anstellwinkel hintere Fläche. Hier sollte sich zumindest Null oder eine Zahl größer Null ergeben. Ein negativer Wert führt in der Regel zu einem instabilen und nicht beherrschbaren Flugverhalten.
Die Messpraxis
Am einfachsten ist die Sache bei Flugmodellen mit Dreibeinfahrwerk. Hier ist lediglich darauf zu achten, dass die beiden Fahrwerksbeine des Hauptfahrwerks auch wirklich gleich hoch sind. Gleiches gilt natürlich bei einem Modell mit Zweibeinfahrwerk. Bei einem Rumpf mit Zweibein- oder ohne Fahrwerk unterlege ich das Rumpfende immer so, dass die beiden am Leitwerk gemessenen Abstände zur Unterlage exakt gleich sind. Der Anstellwinkel des Höhenleitwerks in Bezug zur Auflage ist damit gleich Null. Die Messung des Anstellwinkels der vorderen Fläche ergibt dann bereits die Einstellwinkeldifferenz.
Beim Unterlegen des Rumpfendes verwende ich zum Feinjustieren alte Lochkarten, von denen ich immer noch eine kleine Sammlung als stabile Notizzettel habe. Sie haben eine Dicke von 0,2 mm, so dass sich der Rumpf sehr feinfühlig ausrichten lässt. Man könnte hierzu natürlich auch die in Schreibwarengeschäften immer noch erhältlichen, kleinen Karteikarten verwenden.
Zum Schluss noch Folgendes zur Praxis der EWD-Messung: Da es sich bei den Einstellwinkeln in der Regel um kleine Winkel handelt, spielt sich der Längenunterschied zwischen der Länge der Profilsehne und deren Projektion weit hinter dem Komma ab. Deshalb kann man auch einfach die Flügeltiefe messen oder dem Plan entnehmen und mit dem Sinus rechnen. Da ich fürs Modellbauen in vielen Bereichen meinen PC einsetze, habe ich mir eine Exceldatei erstellt, in welche die Messwerte einfach eingetragen werden können. Die beiden Anstellwinkel und die EWD werden darin automatisch berechnet. Die Excel gibt es im FMT-Blog unter www.fmt-rc. de. Auch ohne EWD-Waage kommt man auf die beschriebene Weise einfach zu exakten Ergebnissen. Probieren Sie es beim nächsten Bau oder Kauf eines Flugmodells doch mal aus.
