

Bell X-1 im Eigenbau
Die LEGENDE lebt
Zugegeben, die Entwicklung und der Bau des Modells hat mehr Zeit in Anspruch genommen als ursprünglich vorgesehen. Bereits 2006 wurde ich auf die Bell X-1 aufmerksam. Damals war ich beruflich in den USA unterwegs und hatte die Gelegenheit, das National Air and Space Museum in Washington DC zu besuchen. Dort ist das Original ausgestellt und mich beeindruckten die Form und auch die Geschichte, die mit der Bell X-1 geschrieben wurde. So reifte damals der Gedanke: „Das wäre mal ein Modell“. 2007 stieg ich dann in die Jetfliegerei ein und ich hatte zunächst andere Projekte, über die ich in der FMT ja bereits berichtet habe. Trotzdem ließ mich der Gedanke an die Bell nie los. Irgendwann kam ich dann zum Entschluss: Dieses Modell baust du und zwar als kompletten Eigenbau, inklusive Turbine und Fahrwerk.
Das Original
Die Bell X-1, Kennnummer 6062, wurde von der Bell Aircraft für ein Forschungsprojekt der US Air Force und der NACA gebaut. Ziel war es, die Schallmauer erstmals im Horizontalflug zu durchbrechen. Der Rumpf wurde stromlinienförmig konstruiert, dem Vorbild einer Gewehrkugel folgend, da man von dieser Form wusste, dass sie im Überschall stabil fliegt. Die X-1 hatte keine gepfeilten Tragflächen und ein Kreuzleitwerk. Angetrieben wurde sie von einem Raketentriebwerk. Die Maschine wurde in der Luft von einem Mutterflugzeug – damals vorzugsweise von einer Boeing B-29 – abgeworfen und setzte dann den Flug im Gleitflug oder unter Einsatz des Raketenantriebs fort. Nur ein einziges Mal startete die X-1 vom Boden. Am 14. Oktober 1947 schrieb Captain Charles Yaeger in der Maschine Geschichte: Ihm gelang der erste bemannte Überschallflug mit einer Geschwindigkeit von ca. 1.125 km/h. Den Namen der X-1 hatte der Pilot übrigens seiner damaligen Freundin und späteren Ehefrau „Glennis“ gewidmet.
Grundlagen
Angefangen hat alles mit den Recherchen nach brauchbaren Ansichten und Fotos des Originals. Leider gibt es davon nicht sehr viele im Netz. Ich habe nur eine wirklich brauchbare 3-Seiten-Ansicht gefunden und mir zusätzlich einen Tamiya-Plastikmodellbausatz im Maßstab 1:72 besorgt – mehr stand mir als Basis leider nicht zur Verfügung.
Die 3-Seiten-Ansicht habe ich eingescannt und als Hintergrund in eine 2D-CAD-Zeichnung eingebunden. Mittels des CAD-Programms habe ich dann die Konturen nachgezeichnet. Das versetzte mich in die Lage, die 3-Seiten-Ansicht beliebig zu skalieren. Basierend auf den Hauptabmessungen des Originals, habe ich mich dann für einen Maßstab 1:3,75 entschieden. Das bedeutete eine Spannweite von 2,31 m und eine Länge (inklusive Pitot-Rohr) von 2,89 m.

Auf Basis einer Holzkonstruktion, sollte ein Gewicht kleiner als 25 kg zu erreichen sein. Bevor ich aber mit der eigentlichen Konstruktion beginnen konnte, wollte ich mir ein Bild über das zu verwendende Profil und die Lage des Schwerpunktes machen. Und hier hatte ich dann die erste Hürde vor mir, denn ich kenne mich mit Re-Zahlen, Auftriebsbeiwerten, Profil-Polaren und den sonstigen Fachbegriffen nicht besonders gut aus. Mit Eberhard Mauck fand ich im RC-Network recht schnell einen hilfsbereiten User, der sich mit genau diesen Zahlen offensichtlich sehr gut auskennt. In einem nicht enden wollenden Telefonat haben wir die vorgesehenen Rahmenparameter festgelegt. Dabei haben wir natürlich großen Wert auf stabile Flugeigenschaften gelegt. Auch die Landegeschwindigkeit sollte nicht zu hoch ausfallen müssen. Ausgehend von einem Gewicht von ca. 20 kg hat mir Eberhard dann das Profil MSD 16/12 mit einer Wölbung von 1,6% und einer Dicke von 12% vorgeschlagen. Dieses Profil sollte genug Dicke für ein geeignetes Steckungsrohr haben. Die Berechnung zur EWD ergab einen Anstellwinkel von -1° bei einer angenommenen Fluggeschwindigkeit von 200 km/h.
Da Leitwerk und die Rumpfachse stehen dabei neutral. Die Landegeschwindigkeit wurde ohne Landeklappen mit ca. 65 km/h berechnet. Für das Höhen- und Seitenleitwerk hat er mir vollsymmetrische NACA-Profile mit 10 bzw. 8% Dicke empfohlen.
Auf dieser Basis habe ich dann den ersten Entwurf innerhalb der 3-Seiten-Ansicht vervollständigt. Nun fehlten noch die Lage des Schwerpunktes und die damit verbundene mögliche Position des Hauptfahrwerks. Im Internet gibt es ein kostenloses Tool zur Schwerpunkt-Berechnung. Das Programm nennt sich Win_Laengs und erschien mir für den Grobentwurf als sehr nützlich. So berechnet das Programm auf Basis der Tragflächen- und Leitwerksgeometrie einen möglichen Schwerpunktbereich, der sich bei mir zwischen 170 und 200 mm ab Vorderkante Nasenleiste ergeben sollte. Damit habe ich dann die Position des Steckungsrohres und die des Fahrwerkes festlegen können. Aufbauen wollte ich den Rumpf und das Seitenleitwerk in klassischer Holzbauweise, das Höhenleitwerk und die Tragflächen in Styropor mit Balsabeplankung. Zusätzlich hatte ich mich entschieden, die Tragflächen mit CFK-Gewebe zu verstärken.
Konstruktion in 3D
Zunächst habe ich mir Gedanken über eine mögliche Teilung des Rumpfes gemacht, da ich das Modell im „normalen“ Auto transportieren will. Dieser Aspekt sowie die Aufnahme des Steckungsrohrs, des Fahrwerks und des Leitwerks waren der Ausgangspunkt für die Aufteilung der Spanten. Aufgrund der grundsätzlich runden Form des Rumpfes, war es relativ einfach, die Spantendurchmesser festzulegen. Dazu habe ich die Rumpfkontur der Seitenansicht als Hilfskonstruktion in das 3D-CAD-System überführt und war dadurch in der Lage, die Rumpfkontur quasi abzumessen. Nachdem ich alle Spanten gezeichnet hatte, wurden diese in der 3D-Zusammenbauzeichnung auf den entsprechenden Positionen platziert. Um es beim späteren Bau einfacher zu haben, wurden an jedem Spant Verlängerungen gezeichnet, die bis auf eine Ebene reichen. Ich wollte die Spanten dann später an einer Schnur ausrichten und mit den Füßen auf dem Baubrett fixieren. Im Anschluss wurden die Rumpfgurte positioniert und die Aufnahme des Steckungsrohres konstruiert. Die obere und untere Anformung am Rumpf bzw. auch der Übergang zum Seitenleitwerk sind beim Original als Versorgungstunnel ausgeführt. Diese Idee habe ich auch am Modell übernommen. Hier hatte ich vor, später die notwendigen Kabel und Schläuche einzubauen. Der komplette Rumpf sollte dann später mit zugeschnittenen 3-mm-Balsa-Brettchen beplankt werden. Das Wurzelprofil der Tragfläche habe ich als Koordinaten von Eberhard Mauck bekommen. Diese Daten habe ich übernommen und die Wurzelrippe als Bauteil im CAD-System erzeugt, am Modell positioniert und mit der notwendigen EWD ausgerichtet.

Leitwerk
Die originalen Abmessungen des Leitwerkes, haben nach meinem Ermessen sehr kleine Ruderflächen, die ich aber nach Rücksprache mit Eberhard erst mal so übernahm. Das Höhenund auch das Seitenleitwerk sollte für einen möglichst leichten Transport abnehmbar ausgeführt werden. Dazu habe ich zwei 10-mm-CFK-Stäbe in Alu-Klemmvorrichtungen als Steckung ausgeführt. Um später die Klemmungen kontrollieren oder auch wechseln zu können, sind diese über eine seitliche Abdeckung am Rumpf zugänglich. Die Klemmungen sind an zwei Spanten im Rumpf angeschraubt – diese Spanten sollten, damit sie die Kräfte auch sicher in den Rumpf einleiten können, mit CFK verstärkt werden. Die CFK-Rohre wurden im Seitenleitwerk eingeklebt.
Das Seitenleitwerk wurde komplett in Holz aufgebaut und mit 3-mm-Balsa beplankt. Das Höhenleitwerk wird ebenfalls über zwei Steckungsrohre im Seitenleitwerk gehalten. Der Aufbau erfolgt in Styropor, beplankt mit 2-mm-Balsa. Die Ruderaufnahme sollte in Hohlkehle und mit Stiftscharnieren ausgeführt werden. Für die Aufnahme der Servos wurden Zwischenrippen vorgesehen. Der Zugang erfolgt dabei durch die Wurzelrippe. So entfällt der Einbau von Servoschächten und Abdeckklappen.
Tragflächen
Die Tragflächen wurden ebenfalls in Styroporbauweise mit 2-mm-Balsa-Beplankung konstruiert. Allerdings habe ich zusätzlich einen Hauptholm als Verlängerung der Verkastung am Steckungsrohr vorgesehen, der sich annähernd über die komplette Tragfläche erstreckt. Zusätzlich habe ich entlang des Holms noch Kohlerowings und zwischen Styropor und Beplankung (jeweils an der Ober- und Unterseite) eine trapezförmig zugeschnittene Kohlematte vorgesehen. Dieser Aufbau sollte der Tragfläche die notwendige Steifigkeit geben. Den Drehpunkt der Landeklappen habe ich auf der Tragflächenunterseite vorgesehen, die Querruder wurden ebenfalls in Hohlkehle konstruiert und sollten mit Stiftscharnieren aufgenommen werden.
Die Sicherung am Rumpf wurde mittels einer Verdrehsicherung und einer Zugschraube angedacht. Als Aufnahme für die Servos habe ich abgedeckte Standard-Servoeinbaurahmen vorgesehen, in denen die Servos konventionell angeschraubt werden.
Einbauten
Basierend auf der Grundkonstruktion, wurden nun alle notwendigen Einbauten wie zum Beispiel Empfänger, Servos, Akkus, Stromversorgung und die Tanks als CAD-Modelle mit Gewichtswerten versehen und innerhalb der 3D-Konstruktion verteilt. So konnte ich alle notwenigen Aufnahmen für diese Komponenten konstruieren.
Auch das Fahrwerk sollte im Eigenbau entstehen. So habe ich versucht, irgendwo Unterlagen über das Originalfahrwerk zu bekommen. Leider ohne Erfolg. Lediglich auf Youtube gibt es eine Dokumentation, in der die Funktion des Fahrwerks zu erkennen ist. Auf den verfügbaren Bildern waren die Achsschenkel und die Federung zu erahnen. Zumindest diese Dinge wollte ich wie beim Original nachempfinden. Die Abmessungen für die Räder am Hauptfahrwerk ergaben einen Durchmesser von 150 mm.
So habe ich mir 6-Zoll-Dubro-Räder bestellt und angefangen, das Fahrwerk am CAD aufzubauen. Die komplette Mechanik sollte dabei auf einer Trägerplatte montiert werden. Als Verriegelung habe ich eine Art Kniehebel gewählt, der die Zugstreben über einen Totpunkt hinweg führt und so die Kräfte gegeneinander aufgehoben werden. Daraus ergab sich ein Weg des Pneumatik-Zylinders von annähernd 100 mm. Ich wollte versuchen, mit möglichst wenig Schrauben auszukommen und mehr mit Sicherungsringen zu arbeiten, um einem unbeabsichtigten Lösen der Schrauben entgegen zu wirken. Heraus kam eine Konstruktion mit insgesamt 56 Einzelteilen für das Hauptfahrwerk, bei denen die Schrauben und Sicherungselemente noch nicht mitgezählt wurden.
Das Bugfahrwerk erforderte eine relativ kurze Bauweise denn die X-1 steht nicht hoch auf den Beinen. Außerdem wollte ich eine geschleppte Version. Diese Art der Federung hat sich auf den Rasenplätzen, die ich in der Regel zur Verfügung habe, bestens bewährt. Auch hier ergab sich eine relativ große Anzahl an Einzelteilen.
Vor der Fertigung der Teile wollte ich sicher gehen, dass das Fahrwerk den späteren Belastungen auch standhält. Glücklicherweise liefert die CAD-Software eine Berechnung und Belastungssimulation. So konnte ich die Dimensionierung der Bauteile prüfen und hier und da etwas nachbessern.






Antrieb
Auf die bereits fertige Konstruktion meiner UT160-LA konnte ich natürlich zurückgreifen. Das Schubrohr war ebenfalls relativ schnell gezeichnet, so dass die Antriebseinheit relativ schnell im 3D CAD System „eingebaut“ werden konnte.
Um ein realistisches Flugbild zu gestalten, wollte ich den Raketenantrieb zumindest mit einer Rauchanlage simulieren. Und so habe ich im Rumpf noch einen 1-l-Tank für Rauch-Öl vorgesehen.
Eine erste Bilanz
Auf Basis der im CAD hinterlegten Gewichtsangaben, ergab sich ein theoretisches Gewicht von ca. 17,5 kg. Dabei ist das Finish natürlich noch nicht berücksichtigt. Allerdings zeigte sich eine Schwerpunktlage, die weit hinter dem angedachten Schwerpunkt zu liegen kam. Es hieß also, möglichst alles nach vorne zu packen und hinten leicht zu bauen.
Der Bau des Modells
Leider steht mir keine CNC-Fräse zur Verfügung. Ich war also gezwungen, die Spanten und sonstigen Holzteile mit der Dekupierund/oder Stichsäge auszuschneiden. Da ich alle Spanten im 3D-System konstruiert hatte, war es kein Problem, diese auch 1:1 auszudrucken. Die Zeichnungen habe ich grob ausgeschnitten und rückseitig UHU-Sprühkleber aufgetragen. Die so entstandenen „Aufkleber“ konnte ich auf die Holzplatten aufkleben. Nach dem Aussägen war der restliche „Aufkleber“ leicht wieder abzuziehen. Für die wenig belasteten Spanten habe ich 6- und 8-mm-Birkensperrholz gewählt, für die höher belasteten Spanten 8-mm-Buchensperrholz.
Nachdem alles ausgeschnitten war, habe ich die Spanten wie ursprünglich angedacht auf einer Helling ausgerichtet und verschraubt. Nach und nach wurden dann die Rumpfgurte aus 5×5-mm-Kiefernleisten mittels Sekundenkleber befestigt. Als nächstes wurde die Rumpfhülse des Steckungsrohres positioniert und mit 24-h-Harz verklebt. Die Rumpfanformung besteht aus einem zweiten Paar Wurzelrippen die mit 1° negativer Anstellung an den Spanten verklebt wurden.
Im Bewusstsein, dass es am hinteren Rumpfende möglichst leicht zugehen muss, habe ich die Rippen des Seitenleitwerks aus 3-mm-Balsaholz zugeschnitten. Auch hierzu erwies sich die Aufkleber-Methode als äußerst praktisch. So entstanden schnell alle notwendigen Einzelteile, die ich mit Weißleim zunächst in einer Halbschale verleimt habe. Danach wurden die beiden 10-mm-CFK-Stäbe in die Klemmungen am Rumpf angebracht und das „halbe Leitwerk“ am Rumpf ausgerichtet und verharzt. Nach der notwendigen Aushärtezeit konnte ich die zweite Hälfte aufbauen und die Steckungsrohre für das Höhenleitwerk montieren. Den Abschluss bildeten die Beplankung mit 2-mm-Balsa sowie die Ausbildung des Seitenruders in Hohlkehle. Die Aufnahme für das Servo wurde von unten in der Dämpfungsflosse eingebaut.
Das Höhenleitwerk wurde in Styropor mit einer 2-mm-Balsa-Beplankung ausgeführt. Aufgrund der sehr geringen Profildicke am Randbogen habe ich zusätzlich noch eine Verstärkung in Form einer 160er Glasmatte eingebaut. Die Ruder wurden erst im Anschluss abgetrennt und danach die Hohlkehle aufgebaut.
Auch die Tragflächen entstanden in Styro-por/Balsa-Bauweise. Dabei habe ich den Styroporkern zunächst einseitig beplankt und als Zwischenlage eine CFK-Matte eingelegt. Die Bereiche, in denen später die Stützrippen und auch der Holm eingebaut wurden, habe ich ausgeschnitten. Holm, Rippen, die Aufnahme der an den Tragflächen befindlichen Pitotrohre und die bereits erwähnten CFK-Rovings wurden dann eingeklebt. Den Abschluss bildete die zweite Beplankung, ebenfalls wieder mit einer zusätzlichen Kohlematte. Nach dem Verputzen folgten die Nasenleiste und die Randbögen. Die Landeklappen und Ruder wurden anschließend ausgeschnitten, verkastet und angeschlagen. Den Abschluss bildeten die Servoeinbaurahmen und deren Deckel.
Weiter ging es mit den vorgesehenen Zugangsbereichen im Rumpf. Wie bereits beschrieben, sollte der Rumpf geteilt werden. Ich habe mich für den Bereich direkt hinter der Kabinenhaube entschieden. Hier sitzt ein zusätzlicher Spant. Dadurch war es möglich, die Rumpfgurte zwischen den Spanten zu trennen. In der gleichen Art und Weise habe ich auch die Kabinenhaube und den oberen Rumpfdeckel herausgearbeitet.
In den noch nicht beplankten Rumpf habe ich im Anschluss alle Einbauten wie Tanks, Drucklufttank und die Empfangsanlage montiert, Kabel und Druckluftschläuche eingezogen, die Befestigungen für die Turbine und das Schubrohr, welches mir die Firma Grumania nach meinen Zeichnungen angefertigt hatte, sowie die Aufnahmen für das geplante Fahrwerk montiert. Durch die noch offene Rumpfstruktur war das sehr einfach zu realisieren, denn man konnte schön zwischen den Rumpfgurten eingreifen. Dann wurden alle Teile wieder ausgebaut und der Rumpf in Streifen-Bauweise mit 3-mm-Balsa beplankt. Das alles wurde noch auf dem Helling durchgeführt, um einen Verzug zu vermeiden.
Nachdem der Rumpf nun bis auf den unteren Bereich fertig gestellt war, konnte ich ihn erstmals von der Helling abnehmen. Nun wurden die Füße abgetrennt und die noch offenen Bereiche, der Rumpfdeckel und die Rumpfnase ebenfalls beplankt. Es folgten die Ausschnitte für die Fahrwerkstüren und Lufteinlässe. Letztere habe ich sogleich wieder mit im Baumarkt zu erwerbenden Metallgittern verschlossen. Für die Aufnahme des vorderen Pitot-Rohres habe ich mir ein Alu-Drehteil angefertigt, welches ich von innen am vordersten Spant verschraubt habe. Die Rumpfspitze habe ich mit Styropor geformt und anschließend mit zwei Lagen 49-g/m²-Gewebe laminiert. Den Abschluss des Rohbaus bildeten noch einige Kunststoffteile aus noch vorhandenen Restabdeckungen. Diese sollten die Rumpfkonturen dem Original noch weiter nachempfinden.
Nun folgte der erste Konturenschliff. Dazu habe ich alle Rumpfteile dünn mit einer Grundierung versehen. Dies diente als Kontroll-Lackierung. Beim Schleifen ist nun sehr schön zu erkennen, wo noch gearbeitet werden muss und wo schon geschliffen wurde. Damit die Schleiferei nicht zu eintönig wurde, habe ich zwischenzeitlich die Kabinenhaube tiefgezogen und die Ruder-Anlenkungen angefertigt. Nach dem Schleifen wurde dann erstmals das ganze Modell im Garten komplettiert, um mir einen Eindruck von der Größe zu machen. Was soll ich sagen: Ich war begeistert und auch beeindruckt. Allerdings, dass muss ich auch zugeben, ging mir der ganze Schleifstaub allmählich auf die Nerven und ich hatte Lust, mich mal mit etwas anderem zu beschäftigen. So habe ich den Rohbau auf die Seite gelegt und mich dem Fahrwerk gewidmet.
Alle konstruierten Teile des Fahrwerks habe ich nun in Fertigungszeichnungen überführt, bemaßt und mit den notwendigen Toleranzen versehen. Im Anschluss wurde Teil für Teil angefertigt. Die erforderlichen Pneumatik-Zylinder wurden von HAWE-Modelltechnik nach meinen Vorgaben angefertigt. Als Bremse habe ich eine Jet-A1-Bremse eingebaut. Die Teile wurden alle aufeinander angepasst, montiert und außerhalb des Modells auf Funktion getestet. Nach diesen Tests habe ich das Fahrwerk im Rumpf montiert, die Fahrwerksklappen angeschlagen und den Bewegungsablauf überprüft. Damit war der Rohbau abgeschlossen.


Finish
Ich hatte mich entschieden, zumindest ein Semi-Scale-Finish zu erstellen. Damit war für mich ein Folienfinish ausgeschlossen, denn ich wollte auch Schrauben und Nieten nachempfinden. Im Bewusstsein, dass es wieder jede Menge zu schleifen gibt, habe ich mich dazu durchgerungen, das komplette Modell zu beglasen und anschließend zu lackieren.
Wie in der Anleitung von R&G beschrieben, habe ich 49-g/m²-Glasgewebe mit einer Harz/Methanol-Mischung auf der gesamten Oberfläche aufgetragen. Da Harz und Methanol nicht unbedingt gesundheitsförderlich sind, sollte man alle arbeitsschutzrelevanten Hinweise peinlichst beachten und nur an gut belüfteten Orten arbeiten. Ich habe also kurzerhand meinen Hobbykeller für diesen Bauabschnitt in die Garage verlegt. Im Anschluss mussten nun alle noch offenen Strukturen des Glasgewebes mit 1K-Kunststoffspachtel gefüllt werden. Durch das anschließende Schleifen wird eine sehr glatte Oberfläche erzeugt, die dem Balsaholz zudem eine druckfestere Oberfläche verleiht. Beim Schleifen habe ich zunächst mit 240er Korn begonnen und bin in vier Schritten bis auf 1.000er Korn gegangen. Vor dem letzten Nass-Schliff wurde das ganze Modell mit 1K-Füller versehen der anschließend wieder abgeschliffen werden sollte. Dadurch wurden alle noch vorhandenen Fehlstellen gut sichtbar und konnten nachgebessert werden.
Danach habe ich die Beplankungsstöße zunächst mit einem weichen Bleistift auf der Oberfläche markiert. Nach dem einseitigen Abkleben mit Maskierband konnten die Stöße mit einem dünn geschliffenen Metallsägeblatt in die Oberfläche eingeritzt werden. Hierbei musste mit äußerster Vorsicht vorgegangen werden, denn ich wollte maximal bis in das Glasgewebe einritzen und das darunter liegende Balsaholz nicht verletzen. Leider gelang mir das nicht zu überall. Die Fehlstellen habe ich dann nochmals mit Füller versehen und nass geschliffen. So wollte ich verhindern, dass die offene Struktur des Balsaholzes einen negativen Einfluss auf das Lackierergebnis hat. Anschließend wurden die erhabenen Rumpfstrukturen an den Tragflächen- und Leitwerksansätzen, den Wartungsdeckeln und der Einstiegsluke angebracht. Dazu wurden die Bereiche ebenfalls wieder mit Maskierband abgeklebt, einfach aufgespachtelt und anschließend wieder verschliffen.
Für die Nieten und Schrauben habe ich mir eine Schablone angefertigt, damit sie im gleichen Abstand zu den Beplankungsstößen positioniert werden konnten. Die Nieten müssten einen ungefähren Durchmesser von 3 mm haben, um im Maßstab zu bleiben. So wurde ein 3-mm-Messingröhrchen als Lötspitzenaufsatz umfunktioniert und jede Niete einzeln in die Oberfläche eingebrannt. Als Schrauben habe ich von Michael Wagner wieder einen Satz Aufkleber erhalten, die mit dem Schneidplotter angefertigt wurden. Diese wurden im Transferverfahren auf die Oberfläche geklebt. Nun folgte noch ein abschließender Nass-Schliff mit 2.000er Korn und ich konnte zum Lackieren übergehen.
Das ganze Modell wurde nun mit Mipa-Basislack in einem RAL-Ton lackiert. Damit die Beplankungsstöße ein wenig mehr Geltung erhielten, wurden diese nach dem Trocknen des Lacks mit einem weichen Bleistift von Hand nachgezogen. Dadurch wirken sie ein wenig verschmutzt und sind besser sichtbar.
Die Wasserschiebebilder und die notwendigen Aufkleber wollte ich selbst gestalten. Dazu habe ich mir das kostenlose Programm Inkscape aus dem Netz herunter geladen. Damit können Vector-Grafiken erzeugt werden, die für die Erstellung der Aufkleber etc. benötigt werden. So habe ich dann alle Wasserschiebebilder dem Original entsprechend nachgezeichnet und auf im Internet erhältliche Wasserschiebefolien mit einem Farblaserdrucker gedruckt. Die US-Hoheitszeichen, die restlichen Aufkleber und auch die Lackierschablonen für das Markenzeichen der Bell X-1, dem Schriftzug „Glamorous Glennis“, hat mir wiederum Michael Wagner erstellt. Die Aufkleber und Wasserschiebebilder wurden positioniert, das Noseart entstand mit Airbrushtechnik. Den Abschluss des Finishs bildete ein Überzug aus seidenmatten 2K-Klarlack von Mipa.



Die eingesetzte Technik
Im Modell sind acht Servos vom Typ Savöx SA-1256TG installiert. Mit einem Stellmoment von 200 Ncm bei 6V sollten diese Servos ausreichend Kraft für alle Lebenslagen des Modells besitzen. Die Stromversorgung erfolgt über eine Powerbox Cockpit, gespeist von zwei 2s-SLS-Quantum-LiPos mit 3.000 mAh. Die Sendersignale von meiner Futaba T14MZ werden von einem R6014-Empfänger aufgenommen. Die Steuerung des Fahrwerks und auch die Bremse erfolgt pneumatisch über Ventile von Jet-Tronics.
Als Antrieb dient meine Eigenbauturbine UT160-LA mit Kerosinstart und 180 N Schub. Die Steuerung der Turbine übernimmt eine Projet Hornet 3 ECU. Die Stromversorgung erfolgt dafür aus einem 3s-SLS-Quantum mit 3.000 mAh. Die Einspritzung des Rauchöls übernimmt eine Engel-Easy-Smoke-Pumpe, die proportional über den Gasregler mit gesteuert wird.


Grundeinstellung
Nun hatte ich zum ersten Mal eine Eigenkonstruktion vor mir, bei der ich auf keine konkreten Erfahrungswerte zurückgreifen konnte. Daher hab ich die Ruder zunächst nach Gefühl und auch nach dem maximal möglichen Ausschlag eingestellt. Für das Höhen- und Querruder habe ich eine Ruderwegbegrenzung programmiert, die es mir ermöglicht, den Weg mit einem Schalter am Sender entsprechend zu reduzieren.
Inzwischen gab es eine neue Version des eingangs erwähnten Berechnungsprogramms Win_Laengs für die Schwerpunktlage. Eher aus Neugier habe ich das Programm heruntergeladen, um zu überprüfen, ob es Abweichungen zur ursprünglich berechneten Lage gibt. Leider wies das Programm einen Schwerpunkt aus, der weit hinter dem der älteren Version zu liegen kam. So weit, dass ich dem Programm nicht richtig trauen wollte. Gleichzeitig stellte ich natürlich die Berechnung mit der älteren Version ebenfalls in Frage. Also hab ich Eberhard Mauck nochmals kontaktiert und ihn nach seinem Rat gefragt. Er nannte mir hingegen eine Schwerpunktlage von 120 mm ab Nasenleiste. Nun stand ich da und guter Rat war teuer. Gespräche mit einigen Modellfliegern beim Luftzirkus in Harsewinkel bestätigten mich jedoch in der Annahme, es bei der ursprünglichen Auslegung zu belassen – also gut 5 cm hinter der Angabe von Eberhardt und 7 cm vor der Position gemäß der Berechnung von Win_Laengs 4.
Der abschließende Test auf der Waage brachte Gewissheit, nicht über 25 kg Abfluggewicht zu kommen. Das Modell wog komplett ausgerüstet aber unbetankt 19,2 kg, also gut 1,7 kg mehr als berechnet. Mit Kerosin und Smoke-Öl ergab sich ein Abfluggewicht von 23,4 kg – ausreichend Luft bis zur 25-kg-Grenze.

Letzte Tests
Ein wenig unsicher war ich noch in Bezug auf die Luftmenge, die für das Triebwerk und den Sekundärluftanteil für das Schubrohr benötigt werden. So lange die Fahrwerkstüren offen standen konnte genug Luft in den Rumpf gelangen. Was aber passiert, wenn die Turbine mit Vollgas läuft und ich das Fahrwerk unmittelbar nach dem Start einfahre? Sind die mit Gittern verschlossenen Lufteinlässe ausreichend dimensioniert oder wird der Rumpf in Folge des plötzlich auftretenden Druckgefälles eventuell zerstört? Diese Fragen wollte ich vor dem Erstflug sicher klären.
So bin ich mit dem Modell auf den Modellflugplatz gefahren, um genau diese Test durchzuführen. Nach dem Aufrüsten und Tanken hab ich das Modell aufgebockt und die Turbine gestartet. Alles arbeitete einwandfrei. Um mich langsam der Sache zu nähern, habe ich Halbgas gegeben, anschließend das Fahrwerk eingefahren und die Fahrwerkstüren geschlossen. Dabei konnte ich auf der GSU keine ungewöhnlichen Werte feststellen. Auch der Rumpf hielt der Belastung stand. Nun habe ich die Leistung der Turbine langsam bis zur Volllast gesteigert – ohne Veränderungen der Turbinen-Parameter sehen zu können. Also ging ich zum finalen Test über: Bei Vollgas habe ich das Fahrwerk nun aus- und anschließend wieder eingefahren. Dabei war akustisch wahrzunehmen, dass sich die Strömungen im Rumpf verändert. Allerdings war das auch das Einzige, was ich feststellen konnte. Ich hab den Test mehrmals wiederholt und konnte mir anschließend sicher sein, dass auch in der Luft nichts passieren sollte. Der abschließende Reichweitentest und verschiedene Rolltests bestätigten mich darin, nun endlich ans Fliegen zu denken.
Fliegen mit der X-1
Bei meinen bisherigen Modellen war klar, dass sie fliegen würden, sofern man sich beim Bau und der Grundeinstellung einigermaßen an die Anleitungen hält. Bei meiner X-1 sah das aber ganz anders aus. Ich hatte keine Ahnung, was da auf mich zukommen würde. So zog ich es vor, mich nach einem möglichst großen Fluggelände umzusehen. Am Montag dem 3.7.2017 ergab sich dann eine Gelegenheit, die ich mir nicht entgehen lassen wollte. Auf einem nahe gelegenen Sportflugplatz mit asphaltierter Start- und Landebahn sollte der Erstflug endlich stattfinden.
So fuhr ich mit meiner Familie, Matthias Siemes als Fotograf und Werner Dietrich als Co-Pilot auf den Platz und baute die X-1 auf. Da der Flugplatz unmittelbar an einem Wanderweg liegt, hatte ich bereits nach kurzer Zeit jede Menge Publikum. Überraschenderweise war das Original des Modells vielen der Anwesenden bekannt und es gab viele Fragen zu beantworten.
Nach dem Tanken und einem letzten Check bekam ich dann vom Flugleiter die Freigabe zur Nutzung der Runway. Die Bell lief schön geradeaus, es waren also keine Korrekturen am Bugrad mehr erforderlich. Nun stand sie da, ready for take off, und ich als Pilot hatte plötzlich ungewohnten Respekt. Ich nahm mir vor, sie schön lange rollen zu lassen und langsam wegzuziehen. Leider kam es aber ganz anders. Die Bell beschleunigte ziemlich schnell und blieb auch schön in der Spur. Doch plötzlich schoss sie, ohne mein Zutun, in einem Winkel von etwa 45° in den Himmel. Natürlich reagiert man in einem solchen Fall und verringert den Steigwinkel, aber die Reaktion auf das Tiefenruder war derart heftig, dass ich sie erst mal in Ruhe und weiter auf Höhe kommen ließ. Dabei hab ich die zuvor programmierte Ruderwegbegrenzung auf dem Höhenruder sofort eingeschaltet. Trotzdem war sie kaum beherrschbar. Das Modell war hoffnungslos schwanzlastig.
Irgendwie gelang es mir, die Bell durch eine 180°-Kurve zu bewegen und ich konnte aufgrund der gewonnenen Höhe den Schub der Turbine drosseln. Ein paar Klicks an der Trimmung auf Tiefe bewirkten, dass die X-1l zumindest einigermaßen auf Kurs blieb. Trotzdem taumelte das Modell regelrecht durch die Luft. „Hätte ich doch bloß auf Eberhard gehört“, hörte ich mich innerlich sagen, aber das war nun zu spät. Irgendetwas musste ich verändern, um den Flug ruhiger zu bekommen. Das Einfahren das Fahrwerks brachte nichts, das Modell wurde nur schneller - was ja zu erwarten war. Also blieb mir nur noch die Option, die Landeklappen zu setzen. Hierdurch veränderte sich das Flugverhalten zum Positiven. Die X-1 wurde ruhiger und konnte einigermaßen gesteuert werden. In dieser
Konfiguration habe ich dann ein paar Runden gedreht, um das Modell kennenzulernen und um meinen Puls wieder zu beruhigen. Werner Dietrich fragte mich dann, was sie wohl macht, wenn die Tanks leerer werden. Die Frage brachte meinen Puls allerdings wieder nach oben, denn die Tanks sitzen vor dem Schwerpunkt – je länger ich in der Luft war, umso mehr Probleme waren zu erwarten. Ich entschied mich, schnellstmöglich zu
landen, fuhr das Fahrwerk aus und begann einen Landeanflug. Wie zu erwarten, wurde das Modell mit abnehmender Geschwindigkeit immer instabiler. Der erste Anflug wurde daher abgebrochen und wiederholt. Auch hier wurde es ziemlich unruhig, sodass ich die Landebahn verfehlte und recht unsanft im Gras aufsetzte. Dabei brach leider das abnehmbare Rumpfvorderteil ab. Sonst war aber nichts weiter passiert und ich war heilfroh, mit der X-1 wieder am Boden zu sein!

Mein Fazit
Trotz des chaotischen Erstfluges bin ich absolut zufrieden mit dem Erreichten. Zweieinhalb Jahre Bauzeit liegen hinter mir und wesentliche Änderungen, soviel kann ich schon sagen, sind nicht zu erwarten. Beim Luftzirkus in Harsewinkel – dort habe ich die X-1 auf Wunsch des Veranstalters ausgestellt – und auch im Vorbereitungsraum beim Erstflug habe ich schon jede Menge Fragen zum Modell beantworten dürfen. Die Bell X-1 hat in meinen Augen ein unglaubliches Flugbild. Die Rumpfform und auch die ersten Minuten in der Luft lassen erwarten, dass auch das Modell sehr schnell unterwegs sein wird. Ich freue mich darauf, demnächst ein weiteres Stück Luftfahrtgeschichte auf dem ein oder anderen Flugtag präsentieren zu dürfen. Besonders gespannt bin ich jedenfalls auf den nächsten Flug mit meiner Bell X-1, natürlich mit geänderter Schwerpunktlage und mit Einsatz der Rauchanlage. Wenn die FMT mit diesem Bericht aus der Druckerei kommt, kann ich sicher schon auf der FMT-Homepage über die nächsten Flüge berichten.

Falls sich irgendwann eine Boeing B-29 im Maßstab 1:3,75 findet, bin ich gerne bereit, die Bell X-1 darunter zu spannen.
