

Neuauflage
Test: Kadett von aerobel / Hope Modellbau
Als ich Ende der 1960er-Jahre mit der Modellfliegerei begann, gab es den Kadett schon einige Zeit. Seine Ur-Erscheinung geht auf das Jahr 1956 zurück. Er war, wie viele andere Konstruktionen von Karl-Heinz Denzin, eigentlich als Freiflugmodell konzipiert. Das eigenstabile Flugverhalten machte ihn aber schnell zu einer guten Entdeckung auch für den RC-Flug. Die damals noch sehr einfachen und überwiegend noch nicht proportionalen Fernsteuerungen stellten besondere Anforderungen an ein Flugmodell – und die erfüllte der Ur-Kadett mit seinem eigenstabilen Flugverhalten in besonderer Weise.

Nunmehr wurde das Modell einer „Frischzellenkur“ unterzogen und für die heutige Zeit neu aufbereitet. Geblieben ist die äußere Erscheinung. Der Aufbau, besonders der des Flügels, wurde aber komplett verändert und, heute fast schon selbstverständlich, es kommt ein kleiner E-Motor zum Einsatz. Seinerzeit saß an dieser Stelle noch ein Selbstzünder (Diesel) mit ca. 1,5 cm³ Hubraum. Die V-Form und auch die Abmessungen wurden bewusst so wie beim ursprünglichen Modell belassen, um den typischen Charakter und den Charme des Modellflugs der 1960er-Jahre zu bewahren.

Konstruktive Besonderheiten
Der Laser-Holzbausatz beinhaltet insgesamt drei verschiedene Holzarten: Balsaholz, Sperrholz sowie Kiefernleisten sind die Hauptbestandteile, die mit ausgesuchter Holzqualität überzeugen. Der Laser-Schnitt ist so sauber, dass die Bauteile leicht mit einem Messer aus den Brettchen herausgetrennt werden können.

Während der Rumpf mit Spanten und kompletter Beplankung noch am ehesten der klassischen Bauweise entspricht, findet sich der deutlichste Unterschied zum Ur-Kadett in der Bauweise des Flügels. „Magic wooding“” nennt der Hersteller die Brettchenbauweise, die eine spätere Bespannung des Flügels entbehrlich macht.

Insgesamt wurde die Konstruktion so gestaltet, dass mit einfachster Bauweise und einem Minimalaufwand an Werkzeug ein Modell entsteht, das der Neueinsteiger in die Materie bauen und auch problemlos fliegen kann.

Was ist noch dabei?
Der Bausatz wäre nicht aus der Schweiz, wenn nicht eine gehörige Portion Gründlichkeit darin stecken würde. Das beginnt schon mit der sehr detaillierten Baubeschreibung mit vielen Bildern zu den einzelnen Baustufen. Da kann eigentlich beim Bauen nichts schiefgehen, zumal letzte Zweifel noch durch eine sogenannte Explosionszeichnung ausgeräumt werden können. Diese liefert einen kompletten Überblick darauf, wo die einzelnen Teilen zu verbauen sind.

Neben den erwähnten Holzteilen finden sich das aus Stahldraht vorgebogene Fahrwerk und die dazu passenden Räder. Anlenkungsdrähte mit Bowdenzugröhrchen und die Anschlüsse für Servos und Ruder gehören genauso zur Serienausstattung wie die Ruderhörner und auch das Scharnierband zum Anbringen der Ruder.

Ein Dekorbogen sorgt für die stilisierte Kabinenverglasung sowie den Namenszug „Kadett“. Aus einem Bogen Schleifpapier und einem Kiefernholzbrettchen sollte vor Baubeginn ein Schleifklotz hergestellt werden. Beides ist im Bausatz enthalten und die Baubeschreibung beginnt mit der Herstellung dieses kleinen Helfers. Das ist zwar nur eine Kleinigkeit und aber sicher nicht selbstverständlich. Im Hinblick darauf, dass hier überwiegend der Einsteiger angesprochen ist, halte ich das aber für umso wichtiger.

Was wird noch benötigt?
Für den reinen Zusammenbau des Modells entsteht tatsächlich nur ein minimaler Aufwand. Für alle Verklebungen ist Weißleim (Express) nicht nur völlig ausreichend, sondern auch die beste und günstigste Wahl.

Ein Bastelmesser, Malerabdeckband und ein paar Wäscheklammern sind schon alles, was für den Zusammenbau erforderlich ist. Streng genommen kommen noch ein Bleistift, einige Gewichte (z.B. Bücher) und ein Bügeleisen dazu. Diese Teile sollten aber in jedem Haushalt vorhanden sein.

Das Bügeleisen wird übrigens nur zum Aufbringen des einseitig mit Klebeschicht versehenen Scharnierbands benötigt und nicht etwa für eine Bespannung. Stattdessen wird das gesamte Modell zwei- bis dreimal mit Porenfüller behandelt und zwischen den Anstrichen sowie zum Abschluss fein verschliffen. Der Porenfüller, ein Pinsel und Universalverdünner für die anschließende Reinigung müssen auch noch angeschafft werden. Das war es dann aber für das reine Rohbaumodell, jetzt fehlt nur noch die Technik.

Wer es sich ganz einfach machen will, kann sich für einen passend zum Modell zusammengestellten Ausrüstungssatz des Herstellers entscheiden. Ein Roxxy-Motor der 28er-Größe mit entsprechendem Regler und passender Luftschraube sowie ein 3s1p-LiPo mit 2.200 mAh stellen das Equipment des Antriebs.

Servos der 8-g-Kategorie sind Bestandteil des Sets und auch die Empfehlung des Herstellers. Es ist aber auch Platz genug, um nach kleinen Veränderungen des Servobrettchens andere Exemplare zu verwenden. Beim Empfänger würden theoretisch schon drei Anschlüsse genügen. Das gibt es ja kaum noch, zum Einsatz kommt daher der kleinste aus dem Hause Graupner, der Hott GR 12.

Suchtfaktor Bau
Die Baubeschreibung verspricht im positiven Sinne sehr hohen Spaß- und Suchtfaktor. Das stimmt – und beginnt in der Tat schon beim Bau. Einmal begonnen, wird man nur noch durch die Trocknungszeiten des Weißleims gebremst. Der erfahrene Modellbauer wird schnell auf die Idee kommen, die passgenauen Teile mit Sekundenkleber zu sichern und später mit Weißleim oder Hartkleber nachzuleimen.

Ich kann nur empfehlen, akribisch nach der Bauanleitung vorzugehen. Das bedeutet Teile sichten, raustrennen und dann nach Bebilderung miteinander verkleben. Zur Sicherung dient an den meisten Stellen Kreppband oder die genannte Methode mit dem Sekundenkleber. Die Rumpfspanten passen so exakt in die vorbereiteten Schlitze, dass keinerlei Nacharbeit erforderlich wird. Eine geschickte optische Lösung ist, dass im Bereich der Spanten eine zweite, äußere Beplankung aufgebracht wird und so die Verzapfungen später nicht sichtbar sind – das Modell wird schließlich naturbelassen.

Aufgrund der geringen Abmessungen des Bausatzkartons besteht der Rumpf aus drei Beplankungsteilen, die miteinander verschäftet werden. Auch das passt lobenswerter Weise absolut exakt und bedarf keinerlei Nacharbeit. So entsteht ein stabiler Kastenrumpf, der an einer der Spanten auch die Aufnahme für das Drahtfahrwerk beinhaltet. Im vorderen Rumpfbereich (hinter dem Motorspant) sorgt ein abnehmbarer Deckel für den späteren Zugriff zum Antriebsakku.

Das Höhenleitwerk ist aus zwei Teilen miteinander zu verkleben. Die Trennstelle bildet eine Verzahnung, die erwartungsgemäß absolut genau passt. Es handelt sich übrigens um eine ebene Platte, ganz anders als beim Alt-Kadett, der ein „tragendes Höhenleitwerk“ hatte. Das Seitenleitwerk aus dem gleichen Material (2-mm-Balsa) wird später in eine passgenaue Aussparung auf dem Höhenleitwerk verklebt. Ich empfehle die Verklebung übrigens erst nach der Endbehandlung des Modells, das macht die Schleif- und Lackierarbeiten etwas einfacher.

Die Fläche macht den Unterschied
Zu was? Na, eigentlich zu allen anderen „normalen“ Flugmodellen. Also, wir haben hier kein Tragflächenprofil im herkömmlichen Sinne, sondern im Prinzip ein Hohlprofil mit kompletter Beplankung auf der Oberseite und einigen Stützrippen. Die Unterseite ist offen, aber auch nicht ganz, denn die Stützrippen werden zunächst auf einem Balsabrett verklebt. Es handelt sich quasi um eine (Teil-) Beplankung auf der Unterseite, aber nur in der Profilmitte, d.h., die Luft kann vorn hinein und hinten wieder austreten. Diese Technik macht den Aufbau äußerst bequem und einfach. Alles kann zunächst auf dem ebenen Baubrett aufgebaut und dann die Beplankung der Oberseite aufgebracht werden. Es werden zunächst die beiden Hälften einzeln erstellt, die dann durch ein geniales Mittelteil miteinander verbunden werden. Dieses entsteht aus einem Sperrholzstück und maßgenauen Endleistenabschnitten, die für die Verbindung der Flächenhälften in der exakten V-Stellung sorgen.

Zum Abschluss wird das gesamte Modell in der Art verschliffen, dass alle Kanten am Rumpf sowie die Vorderseiten von Fläche und Leitwerken leicht abgerundet werden. Nach der beschriebenen Behandlung mit Porenfüller kann man das Modell nach eigenen Ideen oder auch nach Baukastenabbildung mit Dekorfarben verzieren.

Der Motor wird einfach mit einer Rückwandbefestigung (Kreuz), wie sie bei den meisten Motoren mitgeliefert wird, mit vier Schrauben befestigt. Der exakte Motorsturz ergibt sich durch die vorgegebene Position des Spants. Für den richtigen Seitenzug sind ein oder zwei Scheiben unterzulegen.

Der korrekte Schwerpunkt kann durch Verschieben des Antriebsakkus erreicht werden. Zu den Ruderausschlägen gibt es keine Angaben, folgende haben sich bewährt: Seitenruder: +/–12 mm, Höhenruder: +/–7 mm. Besonders beim Seitenruder sind aufgrund der recht großen V-Form nur geringe Ausschläge erforderlich. Die von mir empfohlenen können noch zusätzlich durch Expo den persönlichen Bedürfnissen des Piloten angepasst werden.

Suchtfaktor Fliegen
Mit dem geringen Gewicht und damit einhergehend der günstigen Flächenbelastung sollte das Fliegen zu keiner bösen Überraschung führen. Bei leichtem Gegenwind benötigt der Kadett wirklich nur einen kleinen Schubser und schon ist er in seinem Element. Dabei genügt schon die Gasstellung knapp über halb, um im flachen Steigwinkel zu entschweben. Ja, das ist Entspannung pur und das Schönste daran ist das authentische Flugbild. Während noch am Boden Unterschiede aufgrund der Bauweise erkennbar werden, ist der Kadett in der Luft nicht mehr von seinem Urahn zu unterscheiden. Das ist auch deshalb so gut gelungen, weil neben den Abmessungen auch die originale V-Form beibehalten worden ist. Unruhig würde das Modell nur mit zu großen Ruderausschlägen, deshalb sollten die schon erwähnten Einstellwerte unbedingt beachtet werden.

Für Looping oder Steilspirale reicht es allemal, das eigentliche Spielfeld ist aber das ruhige und gemütliche Fliegen. Besonders mit wenig Abstand zum Boden gelingen wunderschöne Vorbeiflüge, die gerade die etwas betagteren Modellflieger in Begeisterung versetzen. Ja, da kommen Erinnerungen an die Anfänge der Modellfliegerei auf und Aussagen wie “damit wärst du vor 50 Jahren der König gewesen” sind keine Seltenheit. Die Technik von heute gepaart mit einer Konstruktion aus den 1960er-Jahren bringt enormen Flugspaß, auch mit einem vermeintlich einfachen Modell.
Mit Vollgas wird der Kleine recht flott und kann zügig Höhe gewinnen oder auch dem etwas stärkeren Gegenwind trotzen. Überwiegend aber wird man die gemäßigtere Gangart wählen. Das passt besser zum Charakter des Hochdeckers und bringt aufgrund des geringen Stromverbrauchs Flugzeiten von weit mehr als 30 Minuten.
Sogar im Gleitflug ohne Motor kann das Modellchen ganz gut mithalten, und wenn man ein wenig „ansticht“, wird man ein besonderes Strömungsgeräusch vernehmen, was ich auf das offene Tragflächenprofil zurückführe.
Der Vollständigkeit halber möchte ich noch erwähnen, dass die Landung genauso gut gelingt wie die gesamte Fliegerei. Egal ob mit oder ohne Motorkraft gleitet der Kadett sanft in Richtung Boden. Das Fahrwerk ist übrigens so ausgelegt, dass auch bei etwas unebenen Graspisten kein Überschlag erfolgt.
Mein Fazit
Es ist dem Hersteller gelungen, die charismatische Erscheinung des alten Kadett auf eine neuzeitliche Konstruktion zu übertragen. Trotz völlig anderer Bauweise entsteht ein Modell, das in der Luft nicht von seinem Urahn zu unterscheiden ist. Der Bausatz und die Bauweise verdienen Bestnoten und der riesige Spaß, der schon beim Bauen beginnt, setzt sich konsequent in der Luft fort. Im Zeitalter von Schaum- und Fertigmodellen ist das wirklich mal was anderes und einsteigertauglich ist der Kadett auch.
TESTDATENBLATT | Kadett
Verwendungszweck: Retro-Sportmodell
Modelltyp: Bausatz in Holzbauweise
Hersteller/Vertrieb: aerobel / Hope Modellbau
Bezug und Info: aerobel, CH-4402 Frenkendorf, Tel.: +41 61 9014549, www.aerobel.ch und HOPE Modellbau AG, CH-5040 Schöftland, Tel.: +41 62 7211170, www.hopemodell.ch
Händleranfragen: r.suter@aerobel.ch oder kurt.odermatt@ hopemodell.ch
UVP: 109,00 €
Lieferumfang: CNC-gelaserte Balsa- und Sperrholzteile, Dekorbogen 4-farbig, 55-mm-Räder, Federstahl-Fahrwerk, Kartonschablone für Randbogen, Ruderhörner, Ruderscharnier Textilvlies, U-Scheiben für Motor-Seitenzug, Radsicherung, Gummiringe für Tragflächenbefestigung, Schleifklotz & Schleifpapier, Bauanleitung
Erforderl. Zubehör: Weißleim, Porenfüller, Farbe
Bau- u. Betriebsanleitung: deutsch, 8 Seiten DIN A3 mit 92 Abbildungen
AUFBAU:
Rumpf: Holz, voll beplankt
Tragfläche: einteilig, Holz, Rippenfläche teilbeplankt
Leitwerk: fest, Balsabrettchen
Kabinenhaube: Aufkleber
Motoreinbau: Heckbefestigung
Einbau Flugakku: Akkuplatte auf Klettband
TECHNISCHE DATEN:
Spannweite: 1.150 mm
Länge: 850 mm
Spannweite HLW: 500 mm
Flächentiefe an der Wurzel: 197 mm
Flächentiefe am Randbogen: 197 mm
Tragflächeninhalt: 22,5 dm²
Flächenbelastung: 32,17 g/dm²
Tragflächenprofil: k.A.
Profil des HLW: ebene Platte
Gewicht Herstellerangaben: 700 g
Fluggewicht Testmodell o. Flugakku: 551 g
mit LiPo 3s1p, 2.200 mAh: 724 g
ANTRIEB VOM HERSTELLER EMPFOHLEN UND VERWENDET:
Motor: robbe Roxxy 2827-26, alternativ D-Power A28-09
Regler: robbe Roxxy BL-Control 722 BEC
Propeller: APC 9×4,7‘‘
Akku: LiPo 3s1p, 2.200 mAh
RC-FUNKTIONEN UND KOMPONENTEN:
Höhe: 8-g-Servo
Seite: 8-g-Servo
Empfänger: Graupner GR-12 HoTT
Empf.-Akku: BEC