

SCALE-MEISTERSTÜCK
Junkers Ju 188 als 1:4-Eigenbau
Die Geschichte dieses Modells beginnt schon vor vielen Jahren, als ich meine B-25, gebaut nach einem Ziroli-Plan, durch Ausfall eines Motors verloren hatte. Denn es musste wieder ein zweimotoriges Modell in den Hangar kommen. Mein Lastenheft war recht kurz: Statt einer weiteren B-25 sollte es zur Abwechslung mal eine Maschine deutschen Fabrikats sein, es sollten Sternmotoren verbaut werden, das Flugzeug kein Doppelleitwerk haben – und es sollte kein Modell in dieser Art käuflich zu erwerben sein.

Konzeption der Ju 188
Nun, bei diesen Anforderungen wird die Luft recht dünn bei der Auswahl. Schlussendlich sollte es eine Junkers Ju 188 werden, obwohl von vornherein klar war, dass das riesige Glashaus eine Herausforderung darstellen würde. Die Größe wurde durch meinen Lieblings-Maßstab definiert, nämlich 1:4. Das ergibt eine Spannweite von 550 cm. Beim Bau wollte ich diesmal neue, unkonventionelle Wege gehen und einige Details ganz anders lösen als üblich. Und schließlich konnte ich noch zwei Clubkollegen gewinnen, an diesem Projekt mitzuwirken, was aber auch einen Mehraufwand bedeutete, da alles per CAD gezeichnet werden musste, um die Teile dann fräsen zu können. Nebenbei sei gesagt, dass die Fertigstellung der ersten Maschine sieben Jahre intensive Arbeit gefordert hat. Ich denke, es waren alleine einige tausend Stunden vor dem PC. Aber wenn man es nicht gerne macht, sollte man mit so etwas gar nicht erst anfangen. Die Entwicklung des Fahrwerks alleine hat beinahe ein Jahr in Anspruch genommen, hier war Adi Leopold voll bei der Sache. Der ganze Bau hat jedenfalls eine Dynamik bekommen, die weder ich noch meine Kollegen sich vorstellen konnten. Spätestens als sich der 100 Kilometer entfernt wohnende Klaus Herold für diese Maschine zu interessieren begann und zu mir sagte, dass man so einen Flieger nur einmal im Leben baut, begannen die Uhren anders zu ticken. Klaus lackiert keinen Flieger, auch keinen Flügel, nein, er lackiert ein Panel am Flügel – mit 20 Schichten. Seine Vorstellung war: Das müsse mit nur 20 cm Abstand auch noch scale aussehen.

Höhen- und Seitenleitwerk
Kommen wir zum Aufbau und zur Konstruktion des Modells: Die Styroporkerne des Höhenleitwerks sind beplankt mit 1,5-mm-Balsaholz, die Verklebung erfolgte mit 24-Stunden-Harz. Die Steckung besteht aus einem 40-mm-CFK-Rohr, das in einer CFK-Hülle geführt wird, die Länge der Steckung beträgt 1 m. Im Steckungsrohr befindet sich ein Verstärkungsrohr aus Strongal mit einer Länge von 70 cm. Die Ruderflächen sind in Hohlkehlen gelagert, als Scharnierachse dient ein 2-mm-Messingrohr. Für jedes Ruderblatt ist ein 25-kg-Servo vorgesehen.

Das Seitenleitwerk besteht aus einem Styro-por-Kern mit 1,5-mm-Balsabeplankung, analog dem Höhenleitwerk. Die Krafteinleitung in den Rumpf erfolgt hier über drei CFK-Holme, wobei zwei davon sich über die gesamte Höhe des Seitenleitwerks erstrecken und in den Rumpf eingearbeitet sind. Die Anlenkung erfolgt wieder über ein 25-kg-Servo mit 1-mm-Stahlseilen auf beiden Seiten des Ruders. Servoseitig gibt es eine GFK-Wippe, auf der Ruderseite sind doppelte GFK-Ruderhörner vorhanden. die durchgängig im Ruder verklebt sind.

Bau der Tragflächen
Die formgebenden Kerne sind aus Styropor in vier Segmenten geschnitten, wobei beim letzten Segment außen eine geometrische Schränkung von einem Grad eingearbeitet ist. Die Verbindung der Tragflächen erfolgt über vier Holz/CFK-Holme, die im Rumpf mit vier M8-Gewindeschrauben verschraubt werden. Der Aufbau der Holme sieht wie folgt aus: Einmal 4-mm-Sperrholz und dreimal 3-mm-Sperrholz, zwischen den Sperrhölzern wird jeweils eine Lage 190-g-Kohlegewebe verpresst. Die Höhe der Holme beträgt im Rumpfbereich 12,5 cm und im Außenbereich 10,5 cm (hinterer Holm: 9/7 cm). Die Länge der Holme beläuft sich auf 150 cm. Letztlich haben wir in dieses Laminat oben und unten eine 1 cm tiefe Nut gefräst, die mit Rovings auslaminiert ist. Anschließend wurde dieses Teil mit einem 160-g-CFK-Gewebe ummantelt und in einer Form gepresst.

Die Wurzelrippen, Stützrippen außen und die beiden Rippen, die die Motorgondel aufnehmen, wurden auf die Holme aufgefädelt und mit den Styrokernen verklebt. Im Bereich der Holme und der vier Rippen wurde GFKund CFK-Gewebe mit einer Breite von 10 cm zwischen Kerne und Beplankung gelegt. Oben und unten auslaufend bis zu den Randbögen kam undirektionales CFK-Gewebe. Querruder und Landeklappen sind mit Scale-Scharnieren aus 3-mm-Pertinax angeschlagen und haben jeweils zwei Servos mit 25-kg-Stellkraft mit verdeckter Anlenkung (3-mm-Gewindestande und Aluminium-Hüllrohr).

Die Motorgondeln...
... sind in GFK/CFK aus einer dafür hergestellten Form laminiert und haben keine tragende Funktion. Die Aufnahme für Motor/Fahrwerk und Gondel besteht aus 6-mm-Flugzeugsperrholz mit CFK-Beschichtung und wird mit den in den Flächen verklebten Spanten mit jeweils 24 M3-Schrauben fixiert.

Auf jedem Rad sitzt auch eine Radbremse mit 70 mm Durchmesser aus dem Fahrradhandel. Diese wird mit jeweils über ein 25-kg-Servo, das im Tauchrohr sitzt, betätigt. Die Reifen haben einen Durchmesser von 30 cm und sind mit einem Schlauch ausgestattet, die Felgen aus Aluminium sind selbst gefertigt und kugelgelagert.

Das Fahrwerk wird mit einem 35-mm-Fes-to-Pneumatik-Zylinder betrieben, die Klappen und Restabdeckungen sind mit 13-mm-Zylindern angesteuert. Das Fahrwerksventil ist mit einem Sequenzer ausgestattet und ermöglicht somit vorbildgetreue Deckelstellungen. Das Fahrwerk wird mit jeweils einem Einliter-Lufttank versorgt, der in jeder Gondel untergebracht ist. Das Heckfahrwerk wurde ebenfalls selbst hergestellt, wird mittels Linearantrieb von Firgelli eingezogen und ist gefedert. Die Lenkung des Sportrads erfolgt über ein eigenständiges Servo mit 25 kg Stellkraft.

Rumpf und Antrieb
In klassischer Spanten-Bauweise ist der Rumpf aufgebaut. Die über Stringer verbundenen Spanten sind je nach Belastung aus Flugzeugsperrholz oder aus Pappelsperrholz gefräst. Die Stringer bestehen aus einem Laminat von jeweils drei Kieferleisten mit einer Stärke von 3 mm und einer Breite von 10 mm plus einer Balsa-Leiste mit den gleichen Abmessungen. Im letzten Viertel des Rumpfs befindet sich eine Teilung, diese ist über eine Duraluminium-Steckung, die über vier Spanten geht, ausgeführt. Zusätzlich ist ein Bajonettverschluss mit vier Aluminiumteilen und vier M5-Gewindeschrauben angebracht. Beplankt wurde der gesamte Rumpf mit 3-mm-Balsastreifen. Im Bereich der Flächensteckung wurde auf der Rumpfoberseite eine großzügige Wartungsklappe eingebaut, um einerseits Zugang zur Flächenbefestigung zu haben und andererseits zur RC-Anlage.

Als Antrieb kommen zwei Moki 250 mit Serien-Ringschalldämpfer und elektronischer Zündung zum Einsatz. Das Einschalten der Zündung erfolgt über zwei Emcotec-Zündschalter, die Chokes werden über Gestänge manuell bedient. Die Motoren sind starr in den Motorgondeln mit einem Grad Sturz verschraubt, es ist kein Seitenzug eingestellt. Der Benzintank, der hinter dem Motor sitzt, hat einen Liter Volumen und befindet sich unmittelbar über dem Vergaser. Die Luft wird über einen K&N-Luftfilter angesaugt. Die Luftschrauben haben einen Durchmesser von 30,8 Zoll und sind in der Steigung einstellbar. Aktuell ist die Steigung auf 16 Zoll festgelegt.

Elektronische Ausstattung
Die RC-Anlage wird über einen 2s-Lithium-Ionen-Akku mit einer Kapazität von 6.000 mAh versorgt. Ebenso hat jede der beiden Zündungen einen 2s-Lithium-Ionen-Akku mit einer Kapazität von 6.000 mAh. Im Rumpf befindet sich eine Jeti Central Box 400, diese Weiche kann mit 30 A Dauerstrom belastet werden und sie dient als Verteiler für 24 Kanäle. Über die Central Box 400 werden das RC-Signal und der Strom auf jeweils eine Central Box 100 in den Gondeln verteilt, somit sind wesentlich kürzere Kabellängen möglich.

Das RC-Signal wird über zwei Jeti REX-3-A40-Empfänger übertragen, beide Antennen sind mit einem sogenannten „Sperrtopf“ für maximale Eingangsempfindlichkeit ausgerüstet. Zusätzlich ist im Modell ein 900-MHz-Empfänger verbaut. Zur verbauten Telemetrie: Zwei Drehzahlsensoren (Duplex 2.4EX MRPM) überwachen die Drehzahl der beiden Motoren (die Werte werden am Sender-Display angezeigt) sowie ihre Temperatur.







Versuchs-Muster
Zwischendurch kamen immer wieder leichte Zweifel auf wegen der abenteuerlichen Flächengeometrie, an der Wurzelrippe hatten wir beinahe einen Meter Flächentiefe und am Randbogen 16 cm. Außerdem gab es keinen Schwerpunkt, von dem wir ausgehen konnten. Kurzum haben wir uns einen Prototyp gebaut, mit einer Spannweite von 330 cm. Profil, Geometrie, Anstellwinkel usw. wurden alle vom 1:4-Modell übernommen. Als Antrieb verwendeten wir zwei gebrauchte ZG 38 aus dem eigenen Fundus. Damit wurde auch der Schwerpunkt errechnet. Dieses Versuchsmuster hatte ein Abfluggewicht von rund 22 kg und es flog auf Anhieb hervorragend. Also konnten wir beruhigt am 1:4-Modell weiterarbeiten.



Optimierung der Luftführung
Nach sieben Jahren Bauzeit – einschließlich Cockpit, das zum Großteil per 3D-Druck entstand – denkt man, dass die Maschine fertig sein müsse. Doch wie so oft, wird man eines Besseren belehrt. Und wenn man halbwegs scale baut, bekommt man auch die gleichen Probleme, die auch das Original hatte. Das erste Rollout zeigte nämlich, dass die Motoren bei extremen Außentemperaturen überhitzen. Und das Letzte, was wir gebrauchen konnten, waren Motoren-Absteller wegen Überhitzung. Daher folgten viele Umbauten der Luftführung und Dämmung der beiden Mokis. Dazu muss man noch anmerken, dass jeder Startversuch zwei Kollegen und einen halben Tag Arbeit beansprucht. Zur Luftführung noch ein paar Worte – vielleicht kann sich der ein oder andere dadurch mühsame eigene Tests ersparen: Die Prallplatte zwischen den Zylindern sollte in etwa in der Mitte der Zylinder liegen, nicht davor und nicht dahinter. Auch habe ich Versuche mit schön eng anliegenden Prallplatten mit 2 cm Dicke gemacht, so wie es uns die Original-Sternmotoren vormachen. Das funktioniert aber im Modell nicht, denn die Großen haben nur Auspuffkrümmer und keine Ringschalldämpfer – und besagter Dämpfer muss auch gekühlt werden beziehungsweise die Strahlungswärme muss rauskönnen. Zusätzlich habe ich den Ringdämpfer mit hitzeisolierender Matte umwickelt und der Vergaser wird über ein Rohr direkt von der Prallplatte mit Frischluft versorgt. Schlussendlich habe ich im Flug eine Temperatur von rund 120 Grad erreicht.



Fliegen mit Hindernissen
Am 6. Oktober 2018 auf dem Flugplatz von HB Flugtechnik in Oberösterreich war es dann soweit, bei herrlichem Sonnenschein und Windstille – und die Motoren liefen auch erstklassig (maximal 100 Umdrehungen Differenz zwischen beiden). Der Start war kein Problem, nur etwas zu hoch getrimmt. Doch die Querruder-Wirkung war eine Katastrophe! Die Maschine wäre allein mit der Trimmung zu fliegen gewesen, ich hatte die Wirkung der Querruder total unterschätzt. Eigentlich dachte ich: Du musst genug Ausschlag haben, jeder Flügel wiegt ja über 30 kg, die müssen bewegt werden. Wegen den Querruder-Scharnieren, die ich vom Original übernommen habe, sind aber sehr kleine Ruderwege notwendig, mittlerweile fliegt die Maschine mit nur 20 Prozent Ausschlag.




Fehler Nummer zwei: Wir hatten 11 cm Federweg mit Druckfedern und einem starrem Anschlag, ohne Stoßdämpfer. Es war so gut wie nicht möglich, eine Landung ohne ein Springen hin zu bekommen. Das hat sich auch beim zweiten und dritten Flug gezeigt. Jedenfalls hatten wir Glück, dass die ersten Flüge damit halbwegs gut gegangen sind. Das war keine Dauerlösung, da musste Abhilfe her.
Jetzt in schön
Schließlich konnten wir einen Hersteller finden, der die Öldruckdämpfer nach unseren Spezifikationen – nach den Berechnungen meines Kollegen Markus – angefertigt hat. Der Umbau der Federbeine erfolgte im Winter 2018/19. Im Frühjahr 2019 konnten dann erneut Flüge durchgeführt werden. Ergebnis: Die Maschine war nicht mehr wiederzuerkennen. Es war also geschafft.

Der nächste Schritt: Es muss ein Hänger gebaut werden, um das Modell auch vernünftig transportieren zu können. Für die Saison 2020 sollte alles fit sein. Die Ju 188 war insgesamt ein Mega-Projekt, das ohne Freunde und Familie nicht zu bewältigen gewesen wäre.

Das Original Ju 188 F-1
Typ: Aufklärer (Ju 188 E-1 ohne Bomben, dafür mehr Treibstoff)
Gebaut: 222 Stück von April 1943 bis Juli 1944
Besatzung: 4 Mann
Spannweite: 22 m
Länge: 14,95 m
Startmasse: 15 t
Höchstgeschwindigkeit: 525 km/h
Motoren: 2 × BMW 801 G-2 mit je 1.700 PS, mit Dreiblatt-Verstell-Luftschrauben
Flügel: freitragender Tiefdecker.
Rumpf: Ganzmetall-Schalenrumpf mit ovalem Querschnitt, Rumpfbug komplett als vollsichtverglaster Kampfkopf
Leitwerk: freitragendes Normalleitwerk in Ganzmetall mit blechbeplankten Flossen
Fahrwerk: einziehbares Normalfahrgestell
Das Modell Ju 188 F-1
Hersteller/Konzept/ CAD/Fräsen: Franz Obenauf
Lackierung/Weathering: Klaus Herold
Fahrwerk: Adolf Leopold
Motorhauben/Lüfterräder/Spinner: Dieter Karrer
RC-Programmierung: Markus Schwarzl
Helping Hand: Erich Schwarz
Maßstab: 1:4
Spannweite: 550 cm
Länge: 374 cm
Gewicht: 88 kg
Motoren: 2 × Moki 250 cm³ Stern
Leistung: 2 × 16 PS
Luftschrauben: 30,8 Zoll Ramoser Dreiblatt
Stromversorgung: 2 × Emcotec 6.000 mAh, Weiche Central Box 400 und 2 × Central Box 100
Servos: Hitec 7955 mit Titan-Getriebe
Sender: Jeti dc-24
Empfänger: 2 × REX3 plus 1 × 900 MHz