

Test: PZL-104 Wilga von Pichler
IM SCHLEPP
F-Schlepp wird bei uns im Verein schon seit über 30 Jahren betrieben – weil’s Spaß macht und den Teamgeist stärkt. Was aber macht man bei bestem Wetter nach Feierabend, wenn es sich nicht mehr lohnt, die „großen Brocken“ aufzurüsten? Klar, man greift zu Schaumwaffeln. Das funktioniert super, aber sie werden im Schleppbetrieb schnell unansehnlich und die Vorbildtreue lässt speziell bei den Seglern oft zu wünschen übrig. Auf der Suche nach Alternativen stießen wir dann auf die Wilga und Ka 7 von Pichler – beide in Holzbauweise, ziemlich vorbildgetreu und im Maßstab auch einigermaßen zueinander passend. Ist das Gespann die gesuchte Alternative?
Raus aus dem Karton
Im Spätherbst letzten Jahres waren beide Bausätze dann lieferbar. Was erwartet uns also beim Auspacken, pardon Unboxing? Bei der Wilga ein sauber gebauter und bespannter Rumpf, aber mit 934 g nicht gerade ein Leichtgewicht. Das rechte Seitenfenster lässt sich nach Lösen einer Rändelschraube abnehmen – so hat man ausreichend Zugang zu Empfänger und Servos. Front- und Heckscheibe liegen lose bei, sie sollen mit Canopy-Glue oder Klebeband befestigt werden.
Über einen Deckel im Rumpfboden ist der großzügig bemessene Akkuschacht zugänglich. Auch die Flächen sind sehr ordentlich verarbeitet, driften jedoch im Gewicht um 25 g auseinander. Keine optische Täuschung sind die recht dicken Deckel der Servoschächte, die deutlich höher als die Beplankung ausfallen. Vielleicht wegen der vorgesehenen Servos in Standardgröße?
Seiten- und Höhenruder sind auch in Ordnung, wobei gewichtsmäßig beim Höhenruder mit 115 g aber sicher noch etwas Luft nach unten ist. Sehr sauber ausgefräst und ohne Farbtonabweichung zur Folie lackiert, findet sich noch die Motorhaube aus GFK im Karton. Das Fahrwerk ist zweiteilig aus Alu mit Teleskopfederung und macht einen sehr robusten Eindruck.
Für Verbrenner- und Elektrobetrieb liegen entsprechende Teile bei, also Motorträger und Tank bzw. ein Motorspant und Abstandshalter aus Alu. Außerdem die ARF-üblichen Kleinteile in brauchbarer Qualität sowie eine Pilotenbüste und Sitzlehne.
Gleich noch ein Wort zu den empfohlenen Antriebs- und RC- Komponenten: Der Motor (Boost 80) der E-Version scheint auf den ersten Blick überdimensioniert. Wie wir später aber sehen werden, verträgt ihn die Schwerpunktlage – und Leistung zum Schleppen ist ja auch kein Luxus.
Die sechs Servos vom Typ Master DS6020 MG allerdings liegen mit 330 g nicht nur schwer auf der Waage, sondern auch im Magen des Testers. Mit kleineren Servos ließen sich ca. 200 g sparen – bei der Modellgröße ein Wort! Dazu später mehr. Die Montage der Servos erfolgt aber völlig komplikationslos. In den Flächen liegen – wie üblich – Fäden, um die Kabel durchzuziehen.
Lediglich beim Einbau der Schleppkupplung ist Eigeninitiative gefragt – das erfordert aber kein Ingenieurstudium! Ich habe das Kabinendach im hinteren Bereich mit 5-mm-Sperrholz verstärkt und eine einfache Kupplung aus meinem Fundus eingeharzt. Ein 20-g-Servo sitzt längs davor und ist durch das Seitenfenster jederzeit zugänglich.

Ist der Boost 80 mit dem genannten Zubehör montiert, passt auch die Motorhaube ohne Nacharbeit. Die Ruderbefestigung mit Vlies-Scharnieren ist ARF-Standard – auch die GFK-Ruderhörner dürften ihrer Aufgabe gewachsen sein.
Das Spornrad soll über separate Seilzüge angelenkt werden. Das ist o.k., aber für das Sei-tenruder-Servo braucht man dann einen extra langen Servohebel. Weil wir ja bekanntlich von Jägern und Sammlern abstammen, hat sicher jeder so wie ich eine Kiste oder Schublade, in der sich sowas findet.
Vorläufiges Resümee nach dem Zusammenbau: Die Proportionen des Originals sind recht gut getroffen. Die Bausatzqualität ist in Ordnung, einige Teile wie Rumpf und Höhenruder könnten eine leichte Diät vertragen. Der Aufbau gestaltet sich überwiegend problemlos, bei meinem Modell musste ich die Gewinde für die Radachsen etwas nachschneiden und zwei Befestigungsbohrungen an der Motorhaube versetzen, sonst hätte der Motor am Lüftungsgitter gestreift. Zwei Aufkleber kaschieren den kleinen kosmetischen Fehler. Eine schlechte Note muss ich aber für den Dekorsatz vergeben, denn der ist noch echt oldschool, das heißt, sehr dick und zum selbstausschneiden. Das angegebene Fluggewicht von 3.900 g mit dem Boost 80 und einem 6s-5.000-mAh-Akku lässt sich einhalten, ebenso der Schwerpunkt ohne Bleizugabe.

Die Bauanleitung beschränkt sich auf 15 Seiten mit recht spartanisch gehaltenen Fotos und Zeichnungen sowie englischen Texten, ist aber ausreichend informativ. Alle Einstellwerte und der Schwerpunkt sind angegeben. Statt auf die Piste muss die Wilga aber erst mal ins Regal, denn es ist Dezember und kein Flugwetter in Sicht.

Auf die Piste
Inzwischen ist es Faschingsdienstag – die Sonne scheint bei knapp null Grad, der Wind weht schwach aus Ost. Alles eilt zu den Faschingsumzügen, nur der pflichtbewusste Tester fährt zum Flugplatz. Aufgerüstet ist die Wilga fix: Flächen anstecken, Servos anschließen, Aluzungen mit den M4-Schrauben festklemmen – fertig! Zum Einsetzen des Akkus muss die Wilga auf den Rücken oder ein hilfsbereiter Kollege hält sie in der Senkrechten. Mit dem Stromspender ganz vorn am Kopfspant passt der Schwerpunkt genau.

Dann noch Rudercheck und ab auf die Piste. Erwartungsgemäß ist die Startstrecke auch ohne Klappen sehr kurz – geschätzte 15 Meter. Der Boost 80 in Kombination mit dem 17×8er APC-Prop hat sicher genug Power auch für größere Segler als die Ka 7. Ich habe die Luftschraube allerdings aus optischen Gründen gegen einen Holz-E-Prop 16×10 von Metts getauscht. Ein Leistungsverlust ist subjektiv nicht feststellbar.

Und wie fliegt sie? Wie eine Wilga! Durch die Rollen muss sie hochdeckertypisch etwas gezwungen werden. Rückenflug geht mit etwas Drücken. Aber wir testen ja keine Kunstflugmaschine, sondern einen Schlepper und da zählen andere Werte. Dass die Leistung locker reicht, wissen wir schon nach wenigen Runden. Beim Aushungern geht die Wilga in einen Sackflug über, ein Abkippen muss schon bewusst eingeleitet werden. Die Langsamflugeigenschaften mit halb und voll gesetzten Klappen sind unkritisch. Gelandet wird bei wenig Wind mit halb gesetzten Klappen und etwas Schleppgas. Oder man macht steile Abstiege mit voll gesetzten Klappen, eben Wilga-typisch. Das Fahrwerk könnte etwas besser federn – Räder mit weicheren Reifen bringen schon eine leichte Verbesserung.

Der Schlepp-Partner

Vereinskollege Rainer war inzwischen auch nicht untätig und hat die Ka 7 zusammengebaut. Der Bausatz von VQ-Modell im Vertrieb bei Pichler ist ähnlich komplett und die Komponenten machen auch einen qualitativ guten Eindruck. Die Proportionen des Oldies sind recht gut getroffen.
Die Waage zeigt 1.010 g an für das leere Modell – bei den Flächen beträgt die Gewichtsdifferenz nur 13 g, was noch vertretbar ist. Außer Empfänger und Stromspeicher fehlen zum Fliegen noch folgende Komponenten: vier 19-g-Servos (z.B. Master DS3016 MG), elektrische Störklappen mit 255 mm (auch im Zubehör von Pichler verfügbar) und eine Schleppkupplung (in unserem Fall von MPX).
Einziger ernster Kritikpunkt ist die Befestigung der Ruderhörner. Sie sollen in einen kleinen Sperrholzrahmen geklebt und mit diesem stumpf auf das Ruder geharzt werden! Ob das im Flugbetrieb hält, haben wir erst gar nicht ausprobiert, sondern längere GFK-Ruderhörner in die Ruder eingeharzt.

Der Zusammenbau folgt dem üblichen ARF-Standard. Das Seitenruder wird mit dem Rumpf verklebt, das Höhenruder ist abnehmbar über einen Sperrholzzapfen und eine M4-Nylonschraube befestigt. Wie klassenüblich werden die Ruder mit Vlies-Scharnieren und Sekundenkleber angebracht. Die Flächensteckung übernimmt ein Alurohr mit 11 mm Durchmesser. Zwei M4-Kunststoffschrauben werden zur Sicherung aus dem Rumpfinnern in die Wurzelrippe gedreht. Den Zugang verschließt ein kleiner Deckel auf dem Rumpfrücken, gehalten von zwei Magneten.

Zwei Sperrholzzapfen und zwei Magnete sichern auch die Kabinenhaube. Eigentlich sollte man dem großen Cockpit eine Pilotenbüste gönnen, aber das ist Geschmackssache.
Höhen- und Seitenruder-Servo finden ihren Platz auf einem Brettchen im Cockpit. 1-mm-Schubstangen steuern die Ruder an. Die Quer-ruder-Servos werden auf Klötzchen mit den Schachtdeckeln verschraubt.
Kurz und bündig gibt sich die Anleitung. Auf sieben DIN-A4-Seiten werden alle Bauschritte mit Zeichnungen und englischem Text, aber auch deutschen Untertiteln erklärt. Alle wichtigen Werte wie Schwerpunktlage und Ruderausschläge sind angegeben. Apropos Schwerpunkt: Um diesen zu erreichen, brauchte die Ka 7 zusätzlich zum 2s-1.500-mAh-Akku 180 g Blei, so dass sich das Fluggewicht bei 1.820 g einpendelt. Die 1.450 g auf Pichlers Homepage klingen sehr optimistisch, in der Anleitung finden sich hierzu gleich gar keine Angaben. Wie die spätere Flugerprobung zeigt, verträgt die Ka 7 das scheinbare Mehrgewicht aber locker.

Es ist März

Womit wir auch schon beim Erstflug wären: An einem Märzsonntag mit steifer Ostbrise erfolgten erstmal einige Handstarts. Schwerpunkt und Ausschläge passen – also ans Schleppseil! Die Wilga hat keine Mühe mit der Ka 7. Für einen originalgetreuen Schlepp reicht Halbgas. Der Segler hängt brav am Seil, nach dem Ausklinken fliegt er wie eine Ka 7 eben fliegt – gemütlich und gutmütig. Auf alle Ruder kommt sie exakt, möchte aber ein bisschen Seitenruder zum Querruder gemischt haben. Zur Landung bleiben bei dem Wind die Klappen drin.
Nach vielen weiteren Flügen können wir sagen, dass ihr Einsatzgebiet dort liegt, wo wir es haben wollen: entspannende Runden in der Abendthermik.
Verbesserungen
Ich habe nach den ersten Flügen die Standard-Servos in der Wilga gegen kleinere vom Typ Master DS3012 MG von Pichler getauscht. Das Mindergewicht von knapp 200 g lässt das Modell noch agiler werden.
Unser Resümee: Ziel erreicht! Unsere Wunschkandidaten haben die Vorstellungen erfüllt. Wir haben ein gut fliegendes und optisch ansprechendes Schleppgespann und freuen uns auf viele laue Sommerabende.


