

Porträt: VTH-Bauplanmodell Reiher
MIT MOTOR
Ich war auf der Suche nach einem Segler für die Ebene, wo ich überwiegend fliege, mit 3 m Spannweite, elektrifiziert und mit einem Schwerpunkt auf dem Thermikflug. Auf dem Markt fand ich kein entsprechendes Modell und am Bauen mit Balsaholz hatte ich auch wieder Spaß bekommen. Mir fiel spontan der Reiher von Krick aus den 1970er Jahren ein. Damals habe ich mich an das Modell nicht herangetraut. Es war ja schließlich ein „Großsegler“ und hatte Querruder. Den Bauplan kann man heute beim VTH unter der Bestellnummer 3216205 bekommen. Und die passende tiefgezogene Kabinenhaube erhält man noch bei Krick.
Von Karl-Heinz Denzin
Das Modell wurde von Karl-Heinz Denzin konstruiert. Er nutzte Originalunterlagen des 1937 von Hans Jakobs konstruierten Originals. Ein 1:1-Nachbau des Reihers ist übrigens im Segelflugmuseum auf der Wasserkuppe ausgestellt. Von Karl-Heinz Denzin hatte ich in meinem Modellfliegerleben schon zwei Konstruktionen geflogen, beide gut durchdacht und auf Anhieb gut fliegend. Eigentlich konnte diese Wahl nur richtig sein.
Heute mit Motor
Als möglichen Motor für die angedachte Elektrifizierung entdeckte ich bei Hacker zunächst den A30-12XL-Glider mit verlängerter Antriebswelle für Scalerümpfe. Der Motor sollte mit einer 14×8“-Luftschraube 47 A ziehen. Da ich noch einen ungebrauchten 40-A-Regler hatte und ich auch nicht wollte, dass so ein Scalesegler senkrecht gen Himmel steigt, schwebte mir etwas zwischen 30 und 40 A vor. Nach einer sehr kompetenten telefonischen Beratung wurde mir von Hacker anstelle des von mir vorgesehenen Motors der etwas schneller drehende A30-10XL empfohlen. Hier kommt man mit einer 12×6“-Luftschraube auf 35 A. Mit einem 3s-2.200-mAh-Akku sollten so gut vier bis fünf Steigflüge möglich sein. Dieses Konzept gefiel mir und ich bestellte Motor, Bauplan und Haube.
Als alles bei mir zu Hause angekommen war, breitete ich den Bauplan aus und legte den Motor darauf. Ich entschloss mich, ihn parallel zur Kabinenunterkante einzubauen. Das müsste genügend Motorsturz geben. In einem Abstand von 20 mm zeichnete ich die Mittellinie des Motors ein. Der erste Spant, an dem der Motor zu befestigen ist, wurde senkrecht zur Mittellinie angeordnet. Der Motorflansch kann dann oben mit zwei Schrauben von innen angeschraubt werden. Die unteren Schrauben müssen von außen durch die Balsanase eingebracht werden. Damit war der Einbau des Motors geklärt.
Weitere Vorüberlegungen
Ich schaute mir nun den Bauplan und die Anleitung detailliert an. Folgende Punkte mussten überdacht werden: Die Anlenkung der Querruder sollte damals über ein zentrales Servo erfolgen. Das macht man ja heute nicht mehr. Es wurden also zwei Querruderservos vorgesehen. Ich hatte noch zwei Hitec HS82MG, diese reichen vollkommen aus. Mit ihrer Dicke von 12 mm schauen sie zwar etwa 2 mm aus dem Flügel heraus, aber es gibt ja schöne Kunststoffabdeckungen, die leicht ausgewölbt sind.
Der Schwerpunkt mit 65 mm hinter der Nasenleiste ist meiner Erfahrung nach viel zu weit vorn eingezeichnet. Nach der alten Faustformel müsste er etwa bei 1/3 Flächentiefe, also bei 80 mm liegen. Ich legte ihn zum Einfliegen auf 75 mm fest. Ein Maß für die EWD war nicht auszumachen und so nahm einen Winkel von 2,5 Grad an, natürlich bezogen auf die Profilsehne, nicht auf die Profilunterkante. Die Feinheiten werden dann ja sowieso erflogen. Nach Bauplan ergibt sich die EWD aus dem Anlegen einer Schablone. Dies ist aber, wie sich später zeigte, zu ungenau.

Laut Plan sind je Tragflächenseite zwei Querruderklappen vorgesehen. Die äußeren sind aktiv, die inneren fest angeschlagen. Zuerst überlegte ich, diese Konstellation für eine Butterflyfunktion als Landehilfe zu nutzen. Diesen Gedanken verwarf ich dann aber wieder und entschloss mich, die Dummyklappe direkt anzukleben und zur Landehilfe elektrische Störklappen einzusetzen. Hier fand ich doppelstöckige mit einer Länge von 255 mm bei D-Power.
Die Material-Zusammenstellung
Nach diesen Vorüberlegungen begann ich mit der Zusammenstellung des Bausatzes. Ich habe Holz und Pauspapier gekauft, jedes Teil wurde dann vom Plan aufs Holz abgepaust und ausgesägt. Diese Arbeit nimmt fast genau so viel Zeit in Anspruch wie der spätere Zusammenbau.
Zwischenzeitlich schaute ich auch mal ins Internet, in den Foren findet man tatsächlich etwas zum „Krick Reiher“. Beispielsweise eine kleine Videosequenz eines Reiher im Hangflug. Dabei ist gut zu sehen, wie die Tragflächen relativ stark auf und ab wippen, also ist die Tragflächenverbindung recht weich. Laut Plan sind vorne Stahldrähte mit einem Durchmesser von 5 und hinten mit 4 mm vorgesehen. Ich änderte die Durchmesser vorne auf 6 und hinten auf 5 mm ab.

Hinsichtlich Flugeigenschaften kommt der Reiher in den Kommentaren nicht so gut weg, man spricht von einem instabilen Verhalten. Das Modell müsse schnell geflogen werden, sonst kippe es unversehens über die Fläche ab. Dabei wird diskutiert, ob das vorhandene Profil richtig ist (ich vermute, dass es sich um ein frühes Eppler Profil handelt, etwa E201) oder man besser ein Quabeck 3/14 einsetzen sollte. Ich konnte mir aber nicht vorstellen, dass ein Modell von Karl-Heinz Denzin nicht gut fliegen soll, war aber etwas beunruhigt. Am Ende eines solchen Chats fand ich dann die Aussage eines Modellbaukollegen mit anscheinend fundierteren technischen Kenntnissen. Er sagte, die beschriebenen Probleme beruhen wahrscheinlich auf falscher EWD, falscher Schwerpunktlage und zu großen, nicht genügend differenzierten Querruderausschlägen. Ein anderes Profil löst diese Probleme nicht. Dieser Meinung schloss ich mich an und setzte meine Arbeit fort.
Der Bau beginnt
Das Material war nun zusammengestellt und der Bau konnte entsprechend der Anleitung beginnen. Der Rumpf wird in Halbschalenbauweise gefertigt. Den Bauplan heftet man jetzt auf das Baubrett. Darüber kommt als Schutz eine Lage transparenter Haushaltsfolie. Hierauf werden die einzelnen Halbspanten mit Hilfsklötzchen aus Balsa fixiert. Aus 3 mm starken Balsaleisten entsteht dann wie im Schiffsbau die Außenschale. Vor dieser Arbeit hatte ich am meisten Respekt, aber man muss einfach damit anfangen. Letztendlich ging die Arbeit einfacher von der Hand als ich gedacht hatte. Zur Herstellung der zweiten Hälfte wird der Bauplan eingeölt und man kann die zweite Seite bauen. Beide Halbschalen werden zum Schluss – wie bei Revell-Plastikmodellen – zusammengeklebt. Zur Motorlüftung habe ich ober- und unterhalb der Motorachse eine 6-mm-Bohrung vorgesehen.

Es folgten Seitenruder und Höhenleitwerk. Eigentlich eine Routinearbeit, lediglich die Endleisten bestanden aus 2 mm dicken Kie- fernleisten, die teilweise stark zu biegen waren. Ich nahm eine alte Weinflasche und wässer- te die zu biegenden Leisten einen halben Tag. Danach konnte man sie mit den Fingern schön durchwalken und in die gewünschte Form bringen. Auch hier ging es leichter als gedacht, eigentlich eine schöne Lösung zur Herstellung von Endleisten.
Der Flügel
Vor dem Tragflächenbau ging ich zuerst zum Schreiner, der mir für die Bauhelling die zwei Bretter nach Plan aus 18 mm Duplex zuschnitt. An der Stoßstelle wurde an beiden Brettern eine 5-Grad-Schräge vorgesehen, sodass zusammengeleimt ein Winkel von 10 Grad entstand. Auf diese Helling wurden nun Plan und Klarsichtfolie geheftet. Da der Flügel oben und unten mit 2-mm-Balsa beplankt und die Unterseite gerade ist, wurden zuerst die unteren Beplankungen fixiert. Darauf kamen dann der Holm und die Rippen. Endleisten bilden auch hier, wie beim Leitwerk, 2-mm-Kiefernleisten. Ist diese Arbeit abgeschlossen, erfolgen die Aussparungen für die Störklappen und deren Einbau. Die Verkabelung zum Rumpf hin verlegte ich mittig zwischen die beiden Tragflächenbe- festigungsdrähte. Somit hatte ich vor dem ersten Rumpfspant Platz für die Fixierung der Tragflächenhälften. Diese kann infolge- dessen, nach Abnehmen der Kabinenhaube, ohne weitere Hilfsmittel erfolgen. Ich hatte noch eine passende Zugfeder.
Vor dem Aufbringen der oberen Beplan- kung wird durch Unterlage einer zugeschlif- fenen Leiste am Flügelende eine Schränkung vorgegeben. Ich habe lange darüber nachgedacht, ob ich die Schränkung einbauen sollte oder nicht. Heute sieht man solche Maßnahmen kaum noch. Da ich mit dem Modell später aber nicht herumheizen wollte, was vielleicht zum Flattern der Flügelenden führen könnte, entschloss ich mich, doch die Schränkung aus dem Bauplan zu überneh- men. Die Querruderklappen werden separat aufgebaut und zum sauberen Verschleifen an die Fläche geheftet. Nach dem Anbringen von Nasenleiste und Randbogen erfolgte das Verschleifen.
Nach dem Rohbau
Sind alle Komponenten des Seglers jetzt im Rohbau fertig, sollte man die Teile erst mal zusammensetzen. Die Winkligkeit von Höhenleitwerk zu Seitenleitwerk und Tragflächen sollte überprüft und die EWD nachgemessen werden. Danach kann das Finish erfolgen. Flügel und Leitwerke bebügelte ich mit Oratex-Gewebefolie (in der Anleitung wird Textilbespannung für bessere Flugeigenschaften empfohlen). Die Querruder habe ich direkt mit angebügelt.
Beim Rumpf entschloss ich mich, wegen der besseren Druckfestigkeit, ihn komplett mit feinem Glasgewebe zu überziehen. Das Schleifen danach war eine richtig schweißtreibende Arbeit. Irgendwann reichte es mir und ich dachte: Der Reiher im Segelflugmuseum auf der Wasserkuppe hat im Original ja auch nicht so eine perfekt ebene Oberfläche. Der Rumpf wurde dann noch dreimal mit weißer Farbe gestrichen und damit war der Segler fast fertig. Auf eine Unterteilung der Kabinenhaube habe ich verzichtet. Ich fand, dass es so schöner aussieht. Man muss ja nicht alles naturgetreu nachbauen.
Auswiegen und Einstellen
Es folgte das Auswiegen und – oh Schreck – es mussten noch fast 200 g Blei unter dem Motor eingeklebt werden. Ja, das Problem ist die kurze Rumpfnase. Ich kam schließlich zu einem Endgewicht von 2.550 g, bei einer Spannweite von 3.150 mm eigentlich immer noch ein guter Wert.
Jetzt konnte der Sender programmiert werden. Folgende Werte habe ich eingestellt: Querruder oben 13 mm, unten 6 mm. Höhenruder oben/unten 13 mm, Seite links/rechts 50 mm. Über einen Schalter kann ich noch 50% Seite zum Querruder beimischen. Ein ehemaliger Arbeitskollege fertigte für mich die Aufkleber und ich habe mir noch das wichtige Aluschildchen mit der Anschrift besorgt. Der Reiher war damit fertig und der Erstflug konnte kommen.

Erstflug mit dem Reiher
An einem schönen, ruhigen Spätsommertag ging es hinaus zum Fluggelände. Es sollte sich jetzt zeigen, ob die ganzen Vorüberlegungen richtig waren. Das Modell wurde aufgerüstet, der Akku eingesteckt und etwas Tiefe getrimmt. Motor auf Vollgas und los ging es: Flott und völlig unspektakulär stieg der Reiher zügig gen Himmel. Damit hatte sich erst einmal gezeigt, dass das Antriebskonzept genau richtig war. Oben angekommen, wurde der Motor abgestellt, der Gleitflug begann. Wegen der Verunsicherung durch die Foren-Beiträge ließ ich das Modell erst einmal etwas schneller laufen. Es zeigte sich, dass die gewählten Ausschläge ein sehr ausgewogenes Flugverhalten ergaben. Bis auf eine spätere Beimischung von etwas Tiefe bei Vollgas brauchte ich keine Änderungen vorzunehmen. Ich probierte die Wirksamkeit der Störklappen aus. Sie kamen ohne Lastigkeitsänderung. Also landete ich erst einmal. Die Landung war butterweich und bei Fuß. Ja, das war doch was.
Die weitere Erprobung
Bei den folgenden Flügen nahm ich die Tiefentrimmung immer mehr heraus. Ich machte den Reiher so richtig langsam, um zu sehen, wann er abschmiert. Aber die Reaktion war, wie bei den meisten heutigen Modellen auch, nur ein Nicken. Ich bin mit dem Reiher mittlerweile auch bei stärkerem Wind geflogen. Auch hier liegt er ruhig und stabil in der Luft. Ich habe auch Versuche gemacht, das Modell nur mit Seite und Höhe zu fliegen. Das funktioniert vollkommen sicher, theoretisch könnte man sogar auf die Querruder verzichten. Der Reiher hat natürlich nicht die Vielseitigkeit eines Vier-Klappen-GFK-Seglers, der in der Luft nahezu unkaputtbar ist.
Das Kreisen in der Thermik macht jedenfalls richtig Spaß und sieht vor allem toll aus. Die Schwerpunktlage könnte eventuell auf 80 mm zurückgenommen werden. Aber eigentlich bin ich momentan mit der eingestellten Lage, gerade was den Thermikflug betrifft, vollkommen zufrieden.

Ich bin begeistert
Wie der Leser leicht bemerken kann, bin ich von diesem Reiher richtig begeistert. Das brachte mich letztendlich auch dazu, diesen Artikel zu schreiben. Karl-Heinz Denzin war eben doch ein sehr guter Konstrukteur, von dem man ohne Bedenken ein Modell nachbauen kann. Auch wundere ich mich, wie leistungsfähig die alten Eppler-Profile doch in der Praxis waren und immer noch sind. Und mit einem E-Antrieb und einigen kleinen Anpassungen erhält man ein Flugzeug, das sich positiv gegenüber den üblichen Besenstielrumpfmodellen hervorhebt, ein hervorragendes Flugbild hat und sich in den Flugeigenschaften nicht hinter den heute angebotenen ARF-Modellen verstecken muss.
Reiher
VTH-Bauplan 3216205
Konstruktion: Karl-Heinz Denzin
Maßstab: 1:6
Spannweite: 3.167 mm
Länge: 1.293 mm
Gewicht: 2.550 g (E-Version)
Motor: Hacker A30-10XL
Regler: 40-A-Regler
Luftschraube: 12×6“
Akku: 3s-2.200-mAh-LiPo
Servos: Hitec HS82MG
Bezug des Bauplans: http://shop.vth.de, Tel.: 07221 508722, E-Mail: service@vth.de
Preis Bauplan: 40,99 €
Bezug der Haube: www.krick-modell.de, Tel.: 07043 93510
Preis Haube: 13,90 €