

BAUPRAXIS Wissenswertes rund ums Crimpen
Crimpen statt löten
Haben Sie sich auch schon darüber geärgert, dass man nie das passende Servoverlängerungskabel zur Hand hat? Oder mit zu langen Kabeln noch drei Ehrenrunden durchs Modell dreht? Oder wollen Sie beim Bau eines Modells konsequent Gewicht sparen? Wenn sie eine der Fragen – oder besser alle drei – mit Ja beantwortet haben, ist es an der Zeit, sich über das Crimpen zu informieren und die Arbeitstechnik zu erlernen. Legen wir los!
UWE PUCHTINGER
Die Alternative zum Crimpen ist das Löten. Auch dies erfordert Fachwissen und Fertigkeiten und ich kann nicht sagen, welche Technik leichter zu beherrschen ist. Beide Techniken haben ihre Anwendungsfälle. An vielen Stellen ist das Löten gefordert und die bessere Lösung – doch wir wollen uns heute den Teilen in der Verkabelung zuwenden, die ohnehin in einer gecrimpten Steckverbindung enden. Hier bringt das Löten drei Nachteile mit sich: unnötiges Gewicht, eine Versteifung des Kabels im Bereich der Lötstelle und eine zusätzliche potentielle Fehlerquelle. Bei größeren Modellen summieren sich die Gewichte von Lötverbindungen, zu langen oder zu schweren Kabeln schnell auf beachtliche Werte. Und allein die Tatsache, immer die passende Verlängerung selbst fertigen zu können, ist den geringen Anschaffungspreis einer guten Crimpzange wert. Eine Abisolierzange – optimaler Weise mit Längenanschlag und einstellbarem Kabelquerschnitt – gehört ohnehin zu einer gut ausgestatteten Werkstatt.


Kleine Kabelkunde
Kabel und Presswerkzeuge werden häufig noch in der mittlerweile veralteten AWG-Norm klassifiziert. Die amerikanische AWG – American Wire Gauge – gab ursprünglich die Anzahl der Ziehschritte des Drahtes und damit seine Stärke an. Da sich dies auf die Stärke eines massiven Drahtes bezieht und mittlerweile auch unterschiedliche Isolationsmaterialien mit stark abweichenden Wandungsstärken eingesetzt werden, ist diese Klassifizierung für Litzen und Presswerkzeuge nur noch als Anhaltswert zu gebrauchen. Für uns Modellbauer bedeutet das, dass wir uns beim Crimpen nicht auf diese Einteilung verlassen können und immer Probecrimpungen machen müssen.

Das klassische Isolationsmaterial unserer Kabel war lange Zeit PVC, in Ausnahmefällen Silikon. In der Tabelle wird ersichtlich, dass Kabel mit Silikon-Isolation teurer ist und keinen nennenswerten Gewichtsvorteil bringt. Mit Silikon isolierte Litzen sind flexibler und geschmeidiger aber auch deutlich empfindlicher als Litzen mit PCV-Isolierung.
Seit einigen Monaten hat PowerBox Systems unter der Bezeichnung Premium Kabel dreiadrig-verdrillte Litzen mit 0,35 mm² und einer speziellen Isolation im Angebot. Dieses für PowerBox gefertigte Kabel ist mit einer besonders leichten und widerstandsfähigen Isolation versehen und wird in Deutschland nach Luftfahrtkriterien gefertigt. Die genaue Materialzusammensetzung und Fertigungstechnik der Isolation ist ein gut gehütetes Geheimnis, da mit vergleichsweise dünnen Wandstärken schon sehr gute Isolationseigenschaften erreichbar sind. Hinzu kommen die hervorragende mechanische und chemische Beständigkeit sowie eine hohe Witterungs- und Alterungsbeständigkeit. Die Isolation des Premium Kabels ist besonders reiß- und abriebfest, hat gute Gleiteigenschaften, ist nicht entflammbar und hat eine hohe Temperaturstabilität (kurzzeitig bis 300°C) – und ist am Ende auf Grund der geringeren Wandstärken 30% leichter als PVC. Zusammengefasst: das Premium Kabel ist perfekt für Modellbauanwendungen geeignet.

Wie sieht die perfekte Crimpung aus?
Aus der theoretischen Definition des Crimpens sollten wir lediglich wissen, dass eine gasdichte Verbindung zwischen den Einzellitzen und dem Stecker hergestellt werden soll, um dauerhaft die Korrosion und den damit einhergehenden wachsenden Übergangswiderstand zu verhindern. Wichtige Faktoren sind die richtige Vorbereitung des Kabels (Abisolieren in richtiger Länge und Qualität), die richtige Positionierung des Kabels im Stecker und der richtige Pressdruck.
Eine gute Orientierung bieten uns die industriell gecrimpten Stecker – schauen Sie sich mal eine Crimpung durch die Lesebrille oder Lupe an. Auf den Zeichnungen und Bildern sind fachgerechte Crimpungen und die häufigsten Fehler gezeigt.
Zur Qualitätskontrolle sollten immer zunächst einige Proben gemacht und einer genauen Sichtprüfung und einem Zugtest unterzogen werden.
Folgende Punkte helfen, schnell zum perfekten Ergebnis zu kommen:
•verwenden Sie eine gute Abisolierzange mit Längenanschlag
•verwenden Sie eine Crimpzange mit Ratschenmechanismus, die erst nach vollständiger Crimpung wieder öffnet und einen einstellbaren Pressdruck hat
•stellen Sie den Pressdruck richtig ein – zu wenig Druck ist an der Zange spürbar und die Kabel sind im Zugtest leicht aus der Crimpung zu ziehen; zu hoher Druck verformt den Stecker (Banane) aufgrund der Materialverdrängung
•vertrauen Sie nicht auf die AWG-Bezeichnung der Pressbacken
•crimpen Sie zunächst nur den Bereich der Zugentlastung, um diese allein bewerten zu können
Die richtige Arbeitstechnik




Schritt 3 Einsetzen des Kabels: idealerweise sollten die Einzeldrähte der Litze nicht verdrillt werden, damit sie parallel zu den umgelegten Zungen in der Crimpzone liegen. Bei starker Verdrillung liegen die Einzeldrähte quer und die oberen könnten beim Crimpen durchtrennt werden. Beim Einsetzen der Litze dürfen keine Einzeldrähte umgebogen werden – bis zur richtigen Einsetztiefe darf kein mechanischer Widerstand spürbar sein. Ein Klebeband oder Röhrchen hilft, die richtige Einsetztiefe zu erreichen.




TIpp: Normalerweise greift man die Crimpzange mit der rechten Hand – versuchen Sie es mal umgekehrt und greifen die Zange mit links. Das Einsetzen des Kabels gelingt mit der rechten Hand deutlich besser.

Probieren Sie es aus – mit etwas Übung ist das Crimpen nicht schwierig. Die Bilder für diesen Beitrag zu machen, war schwieriger, als die Muster zu crimpen…