

EFFEKTIV mit Thermik steigen
Ich beginne mal etwas provokativ. Die Frage lautet: Was ist Thermikfliegen? Antwort: Höhe gewinnen mit dem thermischen Aufwind. Die Antwort heißt also nicht: mit motorischer Hilfe. Eine entsprechende Wettersituation und genügend Ausgangshöhe vorausgesetzt, steigt alles – auch Motorflieger mit abgeschaltetem Motor. Aber sollte das unser Ziel sein? Ist Thermikfliegen nicht eher, dass man in möglichst niedriger Höhe beginnt, um dann mit dem thermischen Aufwind den Höhengewinn zu erzielen?

Von ganz unten
Niedere Höhe ist natürlich relativ, sehr relativ. Die Ausgangshöhe für einen Thermikflug bemisst sich neben der Wetterlage natürlich auch am Modell und dem Trainingsstand des Piloten. Wenn ich über das Thermikfliegen in der Ebene spreche, dann schwebt mir das Ziel vor Augen, aus – sagen wir mal – 20 m Ausgangshöhe über Grund mindestens zehn Minuten zu fliegen. Und das, ohne den Motor einzuschalten oder vielleicht besser noch, ohne einen solchen eingebaut zu haben. Dass dies möglich ist, beweisen die F3J- und F5J-Wettbewerbspiloten regelmäßig mit ihren 4-m-Seglern. Klar, das setzt das geeignete Material und die nötige Übung voraus.
Es ist schon sensationell, wenn man in so niederer Höhe schon den Motor ausschalten kann, um dann in Bodennähe schwächste Aufwinde und engste Bärte auszukurbeln und davon zu steigen. Und das mit einem Modell mit so großer Spannweite. Meine Begeisterung darüber findet kaum Grenzen.
Um die in Bodennähe noch sehr schlanken Bärte zu erwischen, muss man oft eine extreme Schräglage bei kleinen Kreisdurchmessern fliegen. Dabei hat man den Eindruck, dass das kurveninnere Tragflächenende an einer Stelle steht. Leichte Segler machen es möglich.

Oben breiter
So extrem muss es natürlich nicht sein. Thermikspaß beginnt auch in 50, 100 oder 200 m. Je tiefer man fliegt, desto mehr kann man beobachten und seinen Flug bewusst in Richtung Aufwinde planen. Je höher, desto mehr überlässt man das Finden von Thermik dem Zufall. Tragisch ist das etwas höhere Steigen nicht, denn in größeren Höhen sind die Bärte in der Regel breiter und kräftiger. Das ist somit nicht nur der Bereich für die ganz großen Modellflugzeuge, sondern auch für das Training des Thermik-Einsteigers. Eines sollte nämlich auch klar sein: Von nichts kommt nichts. Übung und Erfahrung sind die wichtigsten Voraussetzungen für eine fortwährende Verbesserung des Erkennens von aufsteigender Luft und deren Nutzung.

Kreis weg = Bart weg
Zu den Voraussetzungen gehört auch, dass man ein Segelflugmodell richtig eingestellt hat und es sauber im Kreisflug steuern kann. „Kreis weg = Bart weg“ lautet ein sinnhafter Spruch. Hat man sich verknüppelt, fällt man also aus dem Kreis, dann findet man den Bart nicht so einfach wieder.
Thermik braucht Sonne. Ohne Sonne geht nichts. Die Wärmeeinstrahlung der Sonne schafft Temperaturunterschiede – und das ist der Treibstoff, der den Motor Wetter und Witterung zum Laufen bringt. Thermik ist im Grunde genommen der Ursprung der wichtigsten Wetterphänomene. Temperaturunterschiede sorgen dafür, dass Luft – im Kleinen wie im Großen – aufsteigt und deshalb andere Luftmassen nachfließen. Wir bezeichnen diese Ausgleichsbewegungen in der Atmosphäre als Wind.

Durch auf- und absteigende Luftmassen, die entweder feucht oder trocken sind, in Reaktion mit vielen aktuellen und örtlichen Faktoren, entstehen unterschiedliche Gegebenheiten in der Atmosphäre, die das unterschiedliche Wetter machen und formen. So könnte man stark vereinfacht sagen, beginnt mit unserer kleinen Thermik, die wir mit unseren ferngesteuerten Segelflugmodellen nutzen, Wetter und Klima auf der ganzen Erde.
Für uns ist wichtig: Als Thermik bezeichnet man eine nach oben gerichtete Luftströmung, die dadurch entsteht, dass warme Luft leichter als kalte Luft ist und damit aufsteigt. In der Wissenschaft wird die Thermik mit dem Wort Konvektion bezeichnet. Je besser die Sonnenstrahlung zur Erde durchdringt, desto besser ihre Wirkung. Somit scheint ein wolkenloser Tag die besten Voraussetzungen für gute Thermik zu sein. Oft hat man gerade bei diesen Bedingungen Erfolg, manchmal kommt‘s aber doch anders.
Der Wind „dreht“
So erlebe ich auf den Modellflugplätzen oft folgende Situation: Kaum ist die Winde aufgebaut oder das Gummiseil ausgelegt, erschallt der Ruf: „Mist, jetzt hat der Wind gedreht.“ Das ist aber nicht so. Der erfahrene Segelflieger hat sich informiert und kennt die vorherrschende Windrichtung des Tages. Er weiß, dass plötzlicher Wind aus einer anderen Richtung nur eines bedeuten kann: eine thermische Ablösung.




Im Rückraum
Mit zunehmender Übung kann – und soll – natürlich auch mit dem Wind, im Rückraum, nach Aufwinden gesucht werden. Da der vorherrschende Wind jetzt erst mal am Piloten vorbei muss, kann man so am besten leichteste Änderungen in der Windrichtung spüren und sofort mit seinem Modell darauf reagieren. Man spürt die Veränderung bevor sie den Segler erreicht. In den Ther-mik-Wettbewerben wird deshalb sehr oft, von manchen Piloten fast ausschließlich, im Rückraum geflogen.
Zum Glück macht es uns die Natur nicht so einfach, sondern stellt die Thermikablösungen immer wieder an andere Positionen. Manchmal gleichzeitig, manchmal aber auch nacheinander. Das hält uns in Bewegung und macht das Thermikfliegen so schön spannend.




Buchtipp: Aufwinde

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