

Report: Indoor-Treffen in Ecausseville
Im Luftschiff-Hafen
150 m lang, 31 m hoch und 40 m breit ist dieser ganz besondere Hangar von Ecausseville/Frankreich, der 1917 aus Beton gebaut wurde, um darin Luftschiffe zu beherbergen. Im Zweiten Weltkrieg wurde der Hangar zunächst weiter genutzt als Lager für Flugzeuge und Munition, dann war er besetzt, in den 1960er und 70er Jahren zog ein neues Luftschiff-Projekt ein – und heute…
Seit 2003 gibt es die Association des Amis du Hangar d’Ecausseville (AAHDE), eine Gemeinschaft, die die Geschichte würdigt und den Hangar erhält. Doch warum ist das alles hier in der FMT relevant? Ich verrate es ihnen!
2006 entstand eine Interessensgemeinschafft, die sich in diesem Hangar trifft, um Hallenflug zu betreiben. Ja, Sie lesen richtig. An einem Ort mit einer solchen Kriegsgeschichte treffen sich heute Franzosen und Piloten aus ganz Europa werden eingeladen, selbst ich als Deutscher... Dabei schätzen die Piloten natürlich die Größe des Hangars sehr, aber auch der Gedanke, an einem solchen Ort in aller Friedlichkeit zusammen zu finden und gemeinsam das Hobby auszuüben, ist einfach eine tolle Sache.


Wie es dazu kam
Damien Bellamy, ein Mann nicht viel älter als ich selbst (ich bin 29) und sehr sympathisch, ist der Organisator der Indoor-Veranstaltung in Ecausseville. Damien hatte mich eines Tages auf Facebook angeschrieben und gefragt, ob ich Mitte Mai teilnehmen würde. Erst sagte ich ab, denn 900 km Anreise plus Sprit und Mautkosten standen für mich in keinem Verhältnis zu den sonstigen Shows und Veranstaltungen, bei denen ich für gewöhnlich mitfliege. Doch Damien hat es mir schmackhaft gemacht. Und nachdem auch meine Frau von einem Roadtrip und Kurzurlaub an der Normandie überzeugt war, habe ich doch zugesagt.
Wegen diversen Verzögerungen kamen wir erst mitten in der Nacht an. Dabei bemerkten wir schon deutliche Unterschiede zu unserer Heimat: So viele unbebaute Grünflächen mit freilaufenden Kühen auf den Weiden, dazu die wenigen idyllischen, in regionalen Steinen gebauten Häuser ließen sofort Urlaubsgefühle aufkommen.
Geschichtsträchtig
Neben dem Hangar stehen noch zwei weitere Gebäude. Diese befinden sich genau an der Stelle, an der früher ein zweiter großer, aus Holz gebauter Hangar stand, der aber 1933 abgerissen wurde. Eines dieser Gebäude ist zum Museum umgebaut. Schon direkt am Eingang sieht man die Reste einer Focke-Wulf 190, die in einem nahe gelegenen Sumpf gefunden wurde. Vorhanden sind verbogene Propellerblätter, Teile des Sternmotors und ein paar wenige Bleche von Flügel und Leitwerk. Daneben stehen einige Fahrzeuge des US-Militärs. In einem Raum wird an den Wänden die Geschichte der Luftschiffe erzählt, die in Ecausseville gebaut wurden. Angefangen von umfunktionierten Flugzeugrümpfen, die an große Luftschiffhüllen gehängt wurden, bis zu dem, was wir heute unter einem Zeppelin verstehen. Es gibt auch Schaukästen mit der Kleidung damaliger Piloten. Für mich besonders interessant war die aufgebaute Modellanlage des historischen Geländes. Darauf sieht man den heutigen Hangar, daneben den fast gleichgroßen, aus Holz gebauten Hangar und diverse Versorgungs- und Produktionshütten. Wenn man bedenkt, dass ein Hangar schon 150 m lang ist, kann man sich gut vorstellen, wie groß das Ganze war. An der Decke des Museums findet man außerdem einen 1:1-Nachbau einer Santos-Dumont Demoiselle. Und es gibt einen kleinen Kinosaal, in dem die Funktionsweise eines Luftschiffs erklärt wird. Alles in allem sehr interessant und lehrreich.
Familien-Event
Ordentlich mit Energie betankt, ging es am nächsten Tag zum Hangar. Ausgeschlafen und mit Tageslicht kam die Idylle der kleinen Dörfer erst so richtig zur Geltung. Wer Ruhe und Entspannung sucht, ist hier genau richtig. Damien und seine Familie empfingen uns herzlich. Die Veranstaltung wird nämlich von der ganzen Familie geschultert. Damien ist der Hauptorganisator, sein Vater für die Beschallung und Tontechnik zuständig. Seine Frau kümmerte sich um die Parkplätze und sorgte für das Essen.


Indoor-Großmodelle
Obwohl sich Damien um alles Mögliche kümmern musste, nahm er sich viel Zeit für mich und zeigte mir den Hangar, der an den Wänden mit gar unendlich vielem Geschichtsträchtigen verziert ist. Und schon konnte ich die für meine Modelle reservierten Tische beziehen. Die anderen Pilotenkollegen waren alle sehr freundlich und interessiert.
Als Großmodelle hatte ich meine Horten 229 dabei (vgl. den Baubericht in dieser Ausgabe ab S. 118), meine voll 3D-taugliche Dassault Rafale und meine aufblasbare Douglas DC-3. Als Mikromodelle meine tiefgezogenen Typen DC-3, Me 262 und Ju 87. Außerdem eine Edge 540, die ohne Verstellpropeller rückwärts fliegen kann. Da die Kollegen Indoormodelle mit mehr als 2 m Spannweite bisher nur aus dem Internet kannten, war das Staunen groß. Kaum alles ausgeladen, kamen schon zwei Herren in voller Montur auf mich zu. Wie sich herausstellte, waren die beiden von der französischen Luftwaffe und wollten unbedingt meine Rafale aus der Nähe und in Aktion erleben.
Nach vielen Fachgespräche und dem gegenseitigen Bestaunen der unterschiedlichsten Modelle wurde es schon Mittag, bis alles aufgebaut und probegeflogen war. Apropos: Wie fliegt es sich eigentlich in diesem besonderen, alten und ehrwürdigen Gebäude?
Im Luftschiff-Hangar
Die volle Größe dieses Raumes zu nutzen, war eigentlich kaum möglich. Bei 150 m (wir standen stirnseitig in der Halle) kann man die ganze Tiefe schlicht und ergreifend nicht einschätzen. Das muss man aber auch nicht. Ich hatte jedenfalls immer genügend Platz – und das war wichtig. Auch in der Höhe von über 30 m kam man eigentlich nicht in die Nähe der Decke. Auseinandersetzen musste man sich aber damit, dass man wegen dem Tonnendach in der Höhe immer weniger Breite zur Verfügung hat. Und genau die Breite war der Knackpunkt. Denn der Hangar hatte auch Holzbalken-Stützen eingebaut, die von der 40 m breiten Grundfläche nur etwa 20 m übrig lassen. Da wurde es mit meiner Horten schon etwas eng, aber es ging und machte Spaß. Diese Location als Hintergrund beim Fliegen war jedenfalls einzigartig.

Das Show-Fliegen
Mittags ging die eigentliche Show vor Publikum los, das übrigens keinen Eintritt bezahlen musste. Über 50 Piloten waren am Start, der Jüngste war gerade mal acht, der Älteste über 70. Bei den präsentierten Modellen waren erstaunlich viele Holzmodelle dabei: Unter anderem ein wunderschöner, fantastisch fliegender Wright Flyer, gefolgt von einer Santos-Dumont Demoiselle und vielen anderen Mustern. Auch außergewöhnliche Modelle gab es: Zum Beispiel Doppeldecker, bei denen der Rumpf aus einer Einweg-PET-Flasche bestand. Ich selbst habe auch schon vor Jahren fliegende PET-Flaschen gebaut, aber diese hier waren so raffiniert gemacht, dass man die Flaschen auf den ersten Blick nicht erkannt hat. Einfach toll. Highlight der Flugshow war eine Zeitreise: angefangen bei Flugsauriern, über Wright Flyer, die Epochen des Ersten und Zweiten Weltkriegs, dann das Jet-Zeitalter und schließlich Airliner wie eine Boeing 747.
Goldene Luftschraube
Den ganzen Flugbetrieb hat sich übrigens eine Jury angesehen, die sich auch permanent Notizen machte. Ich erhielt sogar gleich zwei Auszeichnungen. Einmal eine Goldene-Luftschrauben-Trophäe als erster Platz für die beste Innovation und Technik, außerdem einen Sonderpreis für das breite modellfliegerische Spektrum, das ich abdeckte. Wir machten noch Gruppenfotos, ich durfte spontan einen richtigen Modellheißluftballon steuern – und schließlich wurde zusammengepackt. Irgendwann stand die Heimreise an, nach einer herzlichen Verabschiedung von Damien und der Einladung, jederzeit in Ecausseville willkommen zu sein. Danke, Damien, für dieses Erlebnis.
