

BIRDY
Original mit Heck-E-Antrieb
Innovation geht in der bemannten Luftfahrt oft vom Modellflug aus. So auch beim Birdy, einem Elektrosegler mit Heck-Antriebssystem. Vor dem Erstflug des Originals hat ein maßstabsgerechtes Flugmodell bewiesen, dass das Konzept funktioniert.
HELLMUT PENNER
Einsitzige, bemannte Segelflugzeuge wiegen in der Regel um 240 kg. Per Winde oder Flugzeugschlepp geht es in die Luft. Seit über drei Jahrzehnten gibt es aber auch selbststartende Segler. Ihr Mehrgewicht, bestehend aus Motor und Benzin zwischen 80 und 90 kg, muss zusätzlich mitgeschleppt werden. Dafür dienen fast ausschließlich Zweitaktmotoren. Laut und durstig. Ihre Zeit dürfte bald abgelaufen sein.
Zu schwer und zu teuer?
Inzwischen begeistern die elektrischen Antriebe in vielen Neukonstruktionen und daran beteiligen sich weltweit sämtliche Segelflugzeughersteller. Das aber befriedigt nicht alle Interessenten. Zu schwer sind die Batterien und zu teuer. Genau das rief einen kleinen Kreis von Segelflugzeug-Enthusiasten auf den Plan, darüber nachzudenken, wie man ein Flugzeug noch preiswerter und noch leichter bauen könnte. Ihr Projekt: Birdy.

Für die 120-kg-Klasse
Vor zwei Jahren legten sie unter Federführung von Norbert Klenhart, einem Industriedesigner, einen ersten Plan vor. Das Ziel: Man wollte einen 120-kg-Flieger in der 13,5-Meter-Klasse, der selbststartend ist, entwickeln und bauen. Der Antrieb dazu: selbstverständlich elektrisch. Anders als bei fast allen anderen Konstruktionen wählte er einen Heckantrieb, der über eine Fernwelle mit dem Motor in der Rumpfmitte einen Faltpropeller antreibt. Das hatte Dr.-Ing. Werner Eck in seinem Segler Axel bereits erfolgreich erprobt. Die aerodynamische Auslegung kam von dem niederländischen Professor für Aerodynmik Loek Boermans von der Universität Delft.
Präsentation auf der Aero
Der harte Kern der Projekt-Mitstreiter war inzwischen auf sieben herangewachsen. Sie halfen, das Flugzeug zur Messe Aero 2019 fertigzustellen – auch wenn dort noch die Haube und viele Details fehlten. Norbert Klenhart hatte sich in der Vergangenheit die Erfahrungen in der Faserverbundbauweise durch Trike-Verkleidungen und andere CFK-Flugzeugbauteile bereits erarbeitet, was dem Bau des Prototyps zugutekam. Denn er schaffte es, mithilfe einiger der Mitstreiter die Zelle mit ganzen 93 kg zu fertigen. Die Begeisterung war groß. Andere Fertigungsaufträge und ein Hallenneubau führte jedoch zur Projektverzögerung, doch im August war 2020 es soweit.

Klenhart Aerodesign
Norbert Klenhart nennt seine Firma inzwischen Klenhart Aerodesign. Der Deutsche Ultraleicht-Flieger-Verband (DULV) schickte seinen Testpiloten Günther Spitzer – und am Flugplatz Coburg konnte er nach einigen Rollversuchen den ersten Flug durchführen. Die Steigleistung war beachtlich: Das Flugzeug hob nach etwa 100 m ab und stieg mit 3,5 m/s. Dies dank eines nur 16 kW starken Elektromotors, der von zwei Lithium-Ionen-Akkus mit insgesamt 30,8 kg gespeist wird. Der 6,2 kg leichte Motor wird mit nur 48 V betrieben. Inzwischen wurden in Südwestdeutschland die Flugtestversuche mit drei weiteren Piloten erfolgreich fortgesetzt. Bei einem der Testflüge konnte nachgewiesen werden, dass das Flugzeug mit einer Schwebeleistung von nur 3 kW bei etwa 80 km/h auskommt. Das ist hervorragend für ein Flugzeug dieser Klasse. Im schnellen Reiseflug schafft der Birdy stolze 180 km/h. Aktuell steht die Musterzulassung an, die Vorbereitungen für den Serienbau laufen. In der Serie soll der E-Segler inklusive eines automatischen Rettungssystems etwa 75.000 € Euro kosten, für Amateurflugzeugbauer soll es auch eine Kit-Version für etwa 50.000 € geben. Sonst übliche E-Motorsegler kosten in der Regel 150.000 €...