

Report: Fliegende Legenden über Manching
Zu Besuch bei der Messerschmitt-Stiftung
Am 27.09.2013 veranstaltete die Messerschmitt-Stiftung in Manching eine Präsentation ihres fliegenden Museums für 190 geladene Gäste. Da ich gemeinsam mit Roy Puchtinger schon seit einigen Monaten gute Kontakte zur Stiftung pflege, wurden wir vom Betriebsleiter Heritage Flight, Herrn Volker Radon, zu diesem besonderen Tag eingeladen. Auch Roys Nachbau der Me 262 D-IMTT, der vor wenigen Wochen fertiggestellt wurde, und die Bf 109G4 von Bertram Ostermeier sollten gemeinsam mit den Vorbildern den Gästen gezeigt werden.

Ein paar Worte zur Vorgeschichte: Für mich fing alles im Forum des RC-Network an. In einem Thread wurde die Frage erörtert, ob und mit welchem Jet eine erfolgreiche Teilnahme an einer Jet-WM möglich wäre. Für mich kristallisierte sich schnell die Me 262 als geeigneter Kandidat heraus. Die aktuellen Bonuspunkte-Regeln des IJMC würden ein solches Modell begünstigen, noch dazu gibt es ein fliegendes Vorbild in relativer Nähe und nicht zuletzt sieht dieses Flugzeug wunderschön aus. Ich begann weiter zu recherchieren und konnte über einen befreundeten Modellbauer und Mitarbeiter bei EADS Kontakt zur Stiftung herstellen. Noch bevor ich mit dem Nachbau begonnen hatte, erfuhr ich von Roy Puchtinger, der unabhängig von meinem Vorhaben die gleiche Idee hatte, nämlich eine Me 262 im Maßstab 1:4 als Scale-Modell zu bauen. Roy hatte bereits ein von Airworld gefertigtes Urmodell ohne Oberflächendetails und ich hatte Informationen und Kontakte zum Original, also beschlossen wir, die Ressourcen zusammenzuführen und gemeinsam weiterzuarbeiten.

Wir waren dann noch zwei weitere Male in Manching und hatten insgesamt über 3.000 Fotos mitgebracht, alle Details vermessen und dokumentiert sowie sämtliche Farben mit Farbfächern bestimmt. Jedes Mal wurden wir von den Mitarbeitern der Stiftung freundlich und hilfsbereit aufgenommen, wodurch eine exakte und maßstabsgetreue Kopie des Vorbilds überhaupt erst möglich wurde. Pünktlich zur WM 2013 in Meiringen/CH konnte das Modell fertiggestellt und eingeflogen werden, eine Teilnahme war allerdings aufgrund von technischen Problemen und dem damit verbundenen Sicherheitsrisiko nicht möglich.

Die Zeit nach der WM nutzte Roy, um noch einige Alterungsspuren aufzubringen und so konnten wir zum Messerschmitt-Tag mit einem Modell anreisen, bei dem selbst der Schmutz an den Zackenbändern und die Position der Schlitzschrauben mit dem Original übereinstimmt.

Bereits am Vorabend angereist, wurden wir am zeitigen Morgen gemeinsam mit den Piloten zum EADS-Werksgelände, welches auch die Willy-Messerschmitt-Halle der Stiftung beheimatet, gefahren. Die großzügige, moderne und äußerst saubere Halle ist Ausstellungsraum, Hangar und Werkstatt in einem und beherbergt einen Großteil der Flugzeuge des fliegenden Museums. Hier stehen neben Me 108 auch drei Messerschmitt Bf 109, eine HA-200, Me 163 und die 262. Es ist jedes Mal ein erhebendes Gefühl für mich, diese Halle zu betreten, denn diese Legenden setzen hier keinen Staub an, es sind echte Flugzeuge, die noch von Piloten und nicht von Computern geflogen werden – lebendige Luftfahrtgeschichte!

Die verbliebene Zeit bis zum Flying Display nutzten wir, um uns mit den Mechanikern und Ingenieuren der Originale auszutauschen. Es gab viele Fragen zu unseren Modellen, aber auch wir konnten weitere interessante Details über die Vorbilder erfahren. Jost Schleicher, Ingenieur an der Me 262, konnte uns viele Informationen über die Technik des Vorbilds berichten und gab uns einen Überblick über geplante Modifikationen. Für einen Modellbauer ist es nicht selbstverständlich, derart tiefe Einblicke zu bekommen, allein dafür hat sich das Projekt Me 262 D-IMTT gelohnt. Nachdem die Modelle versorgt waren, fuhren wir gemeinsam mit der Bodencrew zum Startplatz der Flugzeuge. Es warteten vor Ort zwei Me 108 Taifun, zwei Ultraleicht-Nachbauten selbiger, die HA-200 und die Me 262 auf die Startvorbereitungen.
Messerschmitt-Stiftung / Heritage Flight
Die Stiftung wurde 1969 von Willy Messerschmitt gegründet. Nach seinem Tod ging sein gesamtes Vermögen in die Stiftung über. Zweck der Stiftung ist die Pflege und Erhaltung deutscher Kunst- und Kulturdenkmäler im In- und Ausland, sowie die Förderung des luftfahrtwissenschaftlichen Nachwuchses.
Willy Messerschmitt war neben seiner Technikbegeisterung ein zutiefst musischer und künstlerisch begabter Mensch. Seine technischen Kreationen waren auch immer von künstlerischen Impulsen geprägt. Daher lag es ihm nach den Zerstörungen des zweiten Weltkrieges am Herzen, die deutschen Kunst- und Kulturgüter zu bewahren. Die Stiftung konzentriert sich auf den Schutz dieser Güter und betreibt eine geschichtsbezogene Förderung humanistisch geprägter Baudenkmäler, auch außerhalb der Grenzen der Bundesrepublik.
Das vielleicht bekannteste von der Stiftung geförderte Objekt ist das Schloss Meseberg, welches von der Bundesregierung 2007 für einen symbolischen Euro über 20 Jahre lang als Gästehaus gemietet wurde.
Unter dem Vorstand Dr. Hans Heinrich Ritter von Srbik und dem Vorsitzenden des Stiftungsrates Prof. Dipl. Ing. Gero Madelung (ein Neffe Willy Messerschmitts) verfolgt die Stiftung außerdem noch das Ziel, die wichtigsten Schöpfungen ihres Gründers zu bewahren. 1998, zum 100. Geburtstag von Willy Messerschmitt, konnte dank der Hilfe durch die Stiftung die nach ihrem Gründer benannte Halle in Manching eröffnet werden.
Das Flugmuseum Messerschmitt
Absicht des Flugmuseums Messerschmitt ist es, die Erinnerung an einen der wichtigsten deutschen Flugzeugkonstrukteure und dessen technisches Erbe als eine der wichtigsten historischen Wurzeln des EADS-Konzerns zu bewahren.
Das Flugmuseum Messerschmitt ist somit ein Gemeinschaftsprojekt der Messersch-mitt-Stiftung und der EADS. Aufgabe der Stiftung in Zusammenarbeit mit EADS ist es, die wichtigsten Maschinen des Gründers flugtüchtig zu erhalten und zu betreiben. Auf diese Weise wird nicht nur die Erinnerung an Willy Messerschmitt bewahrt, sondern stets aufs Neue die Begeisterung für seine technischen Schöpfungen geweckt.
In der Willy-Messerschmitt-Halle in Manching werden die Flugzeuge ausgestellt, gewartet, im flugfähigen Zustand gehalten oder wieder in einen solchen versetzt. Da sich das Flugmuseum Messerschmitt innerhalb des Werksgeländes des EADS-Konzerns befindet, ist es nicht öffentlich zugänglich. Besuchergruppen können sich jedoch über die offizielle Homepage des Flugmuseums anmelden. Im geplanten Neubau des Museums ist die Zugänglichkeit für die Öffentlichkeit bereits vorgesehen.

Weitere Informationen und Videos: www.flugmuseum-messerschmitt.de

Nach dem Eintreffen der geladenen Gäste und einer kurzen Ansprache starteten die Me 108 sowie die UL-Nachbauten. Die Steigleistung und die Wendigkeit der immerhin schon gut 70 Jahre alten Maschinen ist noch immer beeindruckend und das Flugbild dieser eleganten Flugzeuge begeistert auch heute noch.

Noch während des Displays der 108 kündigte sich akustisch das nächste Highlight an: der markante Sound der Turboméca Marboré Triebwerke der HA-200 erfüllte den Zuschauerbereich. Die HA-200 „Saeta“ wurde nach dem zweiten Weltkrieg in Spanien von einem deutsch-spanischen Team unter der Leitung von Willy Messerschmitt konstruiert. Das Flugzeug fällt am Boden durch das markante Äußere, sowie den Triebwerkssound auf. In der Luft begeisterte das Strahlflugzeug durch sauberen, dynamischen Kunstflug.

Noch während die HA-200 ihre Vorführung an den wolkenverhangenen Himmel über Manching zauberte, wurden die Triebwerke der 262 gestartet. Gerry Krähenbühl winkte auf dem Taxiway noch einmal den Gästen zu und rollte dann zur Startposition. Nachdem die HA-200 sauber gelandet war, kam nun der große Auftritt der Me 262. Auf diesen Moment freute ich mich am meisten, denn natürlich kannte ich sämtliche Youtube-Videos des Originals, hatte die Maschine jedoch noch nie selbst in der Luft erlebt. Auffällig war, dass die Maschine offensichtlich mit sehr wenig Startstrecke auskommt. Die D-IMTT war schon nach einer kurzen Rollstrecke in der Luft, das Einfahren des Fahrwerkes war bereits kurz nach dem Passieren des Zuschauerraumes abgeschlossen. Aufgrund einer noch fehlenden Kunstflugzulassung waren die möglichen Manöver zwar begrenzt, jedoch ist es hauptsächlich das einzigartige Flugbild, das die Faszination und den Reiz des Flugzeuges ausmacht.

Nach dem Solodisplay geschah etwas Unerwartetes: die Me 262 verließ kurzzeitig den sichtbaren Luftraum, um gleich darauf gemeinsam mit einem Eurofighter zurückzukehren. Ich bekomme jetzt noch eine Gänsehaut, wenn ich an diese Formation zurückdenke. Das erste serienmäßig hergestellte Strahlflugzeug der Welt, mit einem der modernsten im gemeinsamen Display – unbeschreiblich. Ich hoffe, dass diese Vorführung nicht die letzte ihrer Art war.
Nach einigen gemeinsamen Manövern trennte sich die Formation und die D-IMTT setzte zur Landung an. Nun ließ der Eurofighter alleine die Muskeln spielen und demonstrierte seine Kraft und Wendigkeit. Engste Wendemanöver, bei denen die Luftfeuchtigkeit über den Tragflächen kondensierte, wechselten sich mit senkrechten Steigflügen mit zugeschaltetem Nachbrenner ab. Durch den nach dem Aufsetzen ausgelösten Bremsfallschirm kam auch der Eurofighter mit einer sehr kurzen Rollstrecke aus und der Pilot holte sich seinen verdienten Beifall persönlich ab, als er nach dem Abwerfen des Schirms noch am Publikum vorbeirollte.

Nach dieser Vorführung wurden wir wieder zurück zur Willy-Messeschmitt-Halle gebracht, wo nach dem Einparken der Flugzeuge, die Halle für den bevorstehenden Empfang vorbereitet wurde. Nach der Vorführung einer Trachtengruppe wurde in einer kurzen Präsentation dann noch die neue Homepage des Flugmuseum Messerschmitt (www.flug-museum-messerschmitt.de) vorgestellt. Beim darauf folgenden Imbiss und dem geselligen Beisammensein gab es dann für alle Gäste die Gelegenheit, sich über die Arbeit der Abteilung Heritage Flight der Messerschmitt-Stiftung zu informieren und die Ausstellungshalle sowie die Werkstätten zu besichtigen. So gab es für uns auch die Möglichkeit, die Motorenwerkstatt zu besuchen, wo unter anderem die mächtigen Reihenmotoren der Bf 109 gewartet und instandgehalten werden. An jeder Maschine hielten sich kompetente Mitarbeiter auf, die den Besuchern für Fragen zur Verfügung standen. Am Nachmittag wurde auch die benachbarte Werkstatthalle geöffnet. Zwar hat diese nichts mit der Messerschmitt-Stiftung zu tun, höchst interessant war der Besuch dennoch. Hier wurde an verschiedenen ehemaligen Mustern der Bundesluftwaffe gearbeitet: Ein ausgedienter Panavia Tornado, ein Alpha Jet sowie ein F-104 Starfighter standen hier teilweise zerlegt und boten Einblicke, die man sonst in keinem Museum bekommt.
Gegen 15:00 Uhr war die Veranstaltung für die Gäste beendet und als sich die Halle leerte, konnten wir unsere Modelle wieder zerlegen und verladen. Anschließend wurde noch ein wenig mit den Kollegen von Heritage Flight geplaudert, danach verabschiedeten wir uns wieder einmal aus Manching. Wir hatten in Manching einen unvergesslichen Tag erlebt, wie ihn sich jeder Flugbegeisterte nur wünschen kann. Wir werden sicher noch lange von