

Test: Alpine von Pichler
Wellness
Die Alpine von Pichler strahlt auf den ersten Blick Ruhe, Erhabenheit und den Drang zum Thermikfliegen aus. Als sogenanntes 95%-Holzfertigmodell soll der Weg bis zum Erstflug ein kurzer sein. Diese Definition und das, was anders ist als bei vielen Seglern, haben wir uns mal näher angesehen.

Ein Hauch von Retro

Das Gesamtbild zeigt einen schnittigen Segler der 3-m-Klasse mit 4-Klappen-Flügel und auffällig langem Rumpf. Das Ganze wirkt nicht zuletzt durch den aufgebrachten Dekor auch sehr ansprechend. Erst bei näherer Betrachtung fällt der kantige Rumpf in Holzbauweise auf und lässt den Gedanken an eine Symbiose aus Moderne und klassischer Holzbauweise entstehen. Da auch die Flächen und Leitwerksteile komplett in Holz aufgebaut sind, können wir also von einem Ganzholzmodell sprechen. Das ist schon ungewöhnlich für diese Größenordnung, die Kombination GFK-Rumpf/Holzfläche ist durchaus öfter zu finden. Neben der nicht alltäglichen Optik ergibt sich dadurch auch ein günstiges Gesamtgewicht, das mit knapp 1.900 g für einen 3-m-E-Segler sehr gering ausfällt.

Der Eindruck von großer Rumpflänge wird noch durch das weit hinten sitzende und sehr hohe Seitenleitwerk verstärkt. Aber auch das hat einen entscheidenden Vorteil. Das Höhenleitwerk sitzt damit frei zugänglich auf der Rumpfoberseite vor dem Seitenleitwerk und wird mit zwei Schrauben darauf gehalten, ist also für den Transport abnehmbar. Insgesamt wirkt das Modell für einen 3-m-Segler geradezu mächtig, ist aber trotzdem angenehm im Handling und Transport.
Segler oder E-Segler
Bleiben wir zunächst beim Rumpf. Der ist wie gesagt komplett in Holz gefertigt, mit gewichtssparenden Ausschnitten versehen und wie das ganze Modell sauber mit Ora-cover-Folie bespannt. So wie er dem Karton entschlüpft, ist er ruckzuck als reiner Segler einsetzbar. Für das Höhen- und Seitenruderservo findet sich eine Montageklappe an der Rumpfunterseite, etwas hinter dem Flächenansatz. Bei Verwendung der empfohlenen Servos mittlerer Größe fällt für deren Montage keine Nacharbeit an. Unter der stilisierten Kabinenhaube, die übrigens mit einer Magnetverriegelung versehen ist, findet sich im Falle des reinen Seglers außer dem Empfängerakku und dem dann notwendigen Bleigewicht schlichtweg nichts.

So drängt es sich geradezu auf, dem Modell einen Elektroantrieb zu verpassen, zumal die Gewichtszugabe ohnehin erforderlich ist. Der Hersteller hat sich das offensichtlich auch so gedacht und den Einbau des E-Motors bereits vorbereitet. Das Ganze stellt sich so dar, dass ein Spant mit passenden Aussparungen und Befestigungslöchern bereits eingebaut ist. In der Rumpfspitze befindet sich die passgenaue Öffnung für die Fernwelle des Motors. Ja, Sie haben richtig gehört: Fernwelle! Es handelt sich um ein spezielles Antriebsset, das in seiner Art auch gerne bei Scale-Seglern von Pichler (zum Beispiel Olympia Meise oder Ka 8) verwendet wird. Vorteil ist, dass der Motor dank der langen Welle etwas weiter hinten sitzt und damit der Einbau auch in vorne sehr schlanken Rümpfen möglich wird. Der Antrieb fällt kaum auf, vorn wird die Welle durch ein Kugellager geführt und ragt nur ca. 14 mm dort heraus. Darauf wird eine kurze Brücke (Lochabstand 28 mm) mit der Klappluftschraube montiert. Eigentlich ist dieses Konzept als unauffälliger E-Antrieb für Scale-Segler gedacht. Es sieht jedenfalls besser aus als ein Spinner, der nicht der Rumpfkontur angepasst ist. Aber auch für den schlanken Holzrumpf der Alpine ist das Antriebskonzept wie gemacht und außerdem ist eine schnelle Umrüstung zum reinen Segler möglich.

5 Prozent Montage
Bei 95 Prozent Fertigmodell bleiben also 5 Prozent Montage bis zum Endergebnis. Der Weg dahin wird durch eine reichlich bebilderte Aufbauanleitung erleichtert, die überwiegend englisch verfasst ist, in einigen Passagen, die der Hersteller offensichtlich für besonders wichtig angesehen hat, aber auch deutschsprachige Hinweise enthält. Eine der Arbeiten ist, dass der Motor im Rumpf verschraubt werden muss. Da dieser etwas weiter hinten als üblicherweise sitzt, erfolgt die Verschraubung durch zwei Längsschlitze im vorderen Rumpfbereich, die später mit beiliegenden Dekorstreifen wieder verschlossen werden. Das klappt ganz gut, ist aber trotzdem ein wenig knifflig, da man durch die Längsschlitze etwas schräg auf die Schrauben trifft. Es empfiehlt sich die Verwendung eines Inbus-Schlüssels mit Kugelkopf.

Für Antriebsakku und Regler findet sich ausreichend Platz unter der Kabinenhaube. Der Akku sollte mit Klettband auf der bereits eingebauten Sperrholzplatte gesichert werden und der Regler dann in gleicher Weise auf dem Akku. Bei Verwendung eines 3s-LiPo mit 3.300 mAh passt der Schwerpunkt ohne weitere Gewichtszugabe. Ansonsten geht es dank perfekter Vorbereitung beim Rumpf zügig weiter. Das Seitenleitwerk muss noch nach Öffnung der entsprechenden Aussparungen auf dem Rumpf verklebt werden, nachdem zuvor die Scharniere verklebt wurden und das Ruderhorn angebracht worden ist. Die beiden zuletzt genannten Arbeitsgänge entstehen auch beim Höhenleitwerk, zusätzlich sind die beiden Ruderblätter mit einem fertig gebogenen Stahldraht zu verbinden, der auf beiden Seiten zu verkleben ist. Mit der Schraubbefestigung und Arretierung des Höhenleitwerks hat man nichts zu tun, hier sind lediglich die jeweiligen Öffnungen von der Folie zu befreien. Die Anlenkungen von Höhen- und Seitenruder erfolgen über schon eingelegte 1,8-mm-Drähte, die noch mit den Anschlüssen an den Rudern und Servos zu versehen sind. Dort, wo die Stahldrähte den Rumpf verlassen, werden zum Abschluss Kunststoffteile als Gestängeschutz aufgeklebt. Das hat nicht nur Schutzcharakter, sondern ist auch eine optische Aufwertung.

Flächen mit Einblick
Sauber gefertigt und gebügelt präsentieren sich die beiden Flächenhälften. Eine interessante Idee ist die Bespannung in Weiß mit aufgebrachtem Dekor auf der Oberseite und in Gelb/Blau-transparent auf der Unterseite. Nicht nur, dass damit der Einblick auf den sauberen Aufbau gewährt wird, die Farbgebung bringt auch Vorteile beim Erkennen in der Luft. Die Vorbereitung verdient großes Lob. Wie beim Höhen- und Seitenleitwerk sind die Scharniere der Querruder und Wölbklappen nur noch einseitig zu verkleben sowie die GFK-Ruderhörner in vorbereiteten Schlitzen zu befestigen. Die vier Flächenservos werden an den Abdeckungen verschraubt. Auch hier ist alles komplett vorbereitet. Verwendet man die empfohlenen Servos, müssen diese nur noch in den passgenauen Halterungen verschraubt werden. Das Durchziehen der Servokabel wird durch eingelegte Bindfäden erleichtert. Verwendet man Verlängerungskabel mit Steckverbindung, ist man zwar für den Moment schneller fertig, das spätere Handling ist aber weniger komfortabel, da beim Aufbau des Modells immer vier Stecker und Buchsen miteinander verbunden werden müssen. Ich empfehle, die Kabel direkt an den Flächenservos anzulöten und die Verbindung zum Rumpf über zentrale Steckverbindungen (z.B. MPX-Stecker) zu realisieren.

Die beiden Flächenhälften werden mittels zweier 8-mm-Kohlerohre, die durch den Rumpf geführt werden, miteinander verbunden. Die langen Rohre sorgen für ausreichende Festigkeit – und das Gute ist: alles ist komplett fertig und passt exakt. Eine technisch interessante Lösung ist auch die Sicherung der Flächenhälften. Kunststoffzungen in jeder Seite greifen in den Rumpf und die Sicherung erfolgt dort durch Schrauben, die von der Rumpfoberseite her angezogen werden. Was bleibt, ist die Montage der fertigen Anlenkungen für Querruder und Wölbklappen sowie der Einbau des Empfängers im Rumpfbereich unter den Tragflächen. Der vom Hersteller bereits aufgebrachte Dekorbogen wird lediglich noch durch ein paar Schriftzüge ergänzt. Neben der blauen Testversion ist auch noch eine Variante in Rottönen lieferbar.
Vier-Klappensystem
Vor dem Flugvergnügen steht noch das übliche Programmieren an. Durch das Vier-Klappensystem ergeben sich grundsätzlich einige Möglichkeiten. Allerdings: das ist kein Kunstflugsegler und so beschränkt sich der Einsatz der Wölbklappen überwiegend auf die Bremsfunktion und ein wenig positive Wölbung. Wie sich später zeigt, ist es nicht erforderlich, die Wölbklappen beispielsweise als Querruder zu nutzen.

Die von Pichler empfohlenen Grundwerte sind für den Anfang durchaus okay, in der Praxis haben sich folgende Einstellungen bewährt, die in ihren Werten zum Teil ein wenig größer sind: Seitenruder +/- 30 mm, Querruder oben 15 mm, unten 10 mm, Höhenruder +/- 8 mm; Butterfly: Querruder 25 mm nach oben, Wölbklappe 20 mm nach unten, Höhenruder 2 mm nach unten. Zur Auftriebserhöhung für beispielsweise langsames Thermikkreisen können die Wölbklappen 1 – 2 mm nach unten gestellt werden. Eine Schnellflugeinstellung der Wölbklappen ist nicht erforderlich.
Anti-Stress-Fliegen
Der Probelauf des Antriebs zeigte, dass trotz der verwendeten Fernwelle alles ruhig und vibrationsarm läuft. Auch die Messwerte mit 22 A Stromaufnahme bei einer Drehzahl von 9.000 U/min waren erfolgversprechend, so dass dem Erststart nichts mehr im Wege stand.

Der schmale, griffige Rumpf und das günstige Gesamtgewicht verleiten dazu, schon den ersten Start ohne Helfer vorzunehmen. Und in der Tat, das klappt absolut stressfrei. Geradezu wie eine Feder gleitet die Alpine aus der Hand, um anschließend in einen sanften Steigflug überzugehen. Der Steigwinkel ist dem Modellkonzept angemessen nicht zu steil und damit ist die Alpine auch nicht überpowert. Schon beim Kraftflug beginnt die Entspannung. Eines ist damit schon mal klar: die Abstimmung des Antriebskonzepts ist gelungen und passt zur Modellauslegung.

Beim anschließenden Gleitflug zeigt die Alpine, was der Hersteller verspricht. Auffällig ist besonders, mit welch geringer Geschwindigkeit das Modell kreisen kann. Dabei ist es vollkommen ausreichend, nur mit dem Seitenruder zu arbeiten. Beim zusätzlichen Einsatz der Wölbklappen kann der Langsamflug sogar noch gesteigert werden. Damit ergibt sich eine hohe Thermiksensibilität und die Möglichkeit, auch bei geringen Aufwinden lange in der Luft zu bleiben. Selbst bei neutralen Auftriebsverhältnissen kommen enorm lange Flugzeiten zustande. Das macht einfach Spaß und wirkt äußerst entspannend auf den Piloten, der sich so voll auf die Thermiksuche konzentrieren kann.

Das Gefühl der Entspannung wird auch durch die angenehmen Ruderwirkungen unterstützt. Trotz der beachtlichen Abmessungen und der eher geringen Fluggeschwindigkeit ist die Querruderwirkung so gut, dass auch schnelle Richtungswechsel gelingen und man den Segler immer voll im Griff hat. Besonders hervorzuheben ist die enorm gute Richtungsstabilität, was ich auf den langen Rumpf und die großflächigen Leitwerksteile zurückführe. Es ist schon ein beeindruckendes Bild, wenn die Alpine völlig geradlinig im langgestreckten Gleitflug über den Flugplatz zieht.

Wie nicht anders zu erwarten und auch vom Hersteller beschrieben, zeigen sich die Grenzen beim dynamischen Einsatz. Das Modell kann durchaus weite Strecken überwinden, nur eben nicht so schnell, und ein Kunstflugbolide ist es auch nicht. Klar, der Looping und auch der Turn gelingen problemlos, das war es aber auch. Doch mehr muss bei diesem Modell nicht sein. Um einen stressfreien Flug zum erfolgreichen Abschluss zu bringen, sollte auch bei der Landung keine Nervosität aufkommen. Da kann ich beruhigen, mit den beschriebenen Einstellungen wird die ohnehin nicht sehr hohe Geschwindigkeit reduziert, Höhe abgebaut und das Modell schwebt sanft gen Boden.
DATENBLATT SEGELFLUG
• MODELLNAME: ALPINE
• VERWENDUNGSZWECK: SEGLER FÜR THERMIK UND HANG
• HeRsteLLeR/VeRtRIeB: Pichler
• MODELLTYP: ARF-MODELL IN HOLZBAUWEISE
• LIEFERUMFANG: RUMPF, LEITWERKSTEILE UND FLÄCHENHÄLFTEN ALS FERTIGTEILE IN HOLZBAUWEISE UND MIT ORACOVER BESPANNT, ZWEI KOHLEROHRE ALS FLÄCHENVERBINDER, SCHARNIERE, RUDERHÖRNER, ANLENKUNGEN, GESTÄNGESCHUTZ, KLEINTEILE, SCHRAUBEN, AUFKLEBER UND BAUBESCHREIBUNG
• BAU- U. BETRIEBSANLEITUNG: ENGLISCH (TEILWEISE DEUTSCH), 21 SEITEN UND 165 BILDER/ZEICHNUNGEN, EINSTELLWERTE VORHANDEN
• AUFBAU:
Rumpf: Holz teilbeplankt, mehrfarbig bebügelt, Dekor aufgebracht
Tragfläche: zweiteilig, Holz teilbeplankt, Rippenfläche, mehrfarbig bebügelt, Steckungsrohr GFK
Leitwerk: abnehmbar, Holz teilbeplankt, mehrfarbig bebügelt
Kabinenhaube: Holz am Rumpf angeformt und gebügelt, abnehmbar
Motoreinbau: Kopfspantmontage, Motorspant Holz
Einbau Flugakku: Akkuplatte, Klettverschluss, Akku verschiebbar, für empfohlenen Akkutyp (3s LiPo, 3.250 – 4.250 mAh) vorbereitet
• TeCHNIsCHe DAteN:
Spannweite: 3.050 mm
Länge: 1.600 mm
Spannweite HLW: 700 mm
Flächentiefe an der Wurzel: 240 mm
Flächentiefe am Randbogen: 130 mm
Tragflächeninhalt: 65 dm²
Flächenbelastung: 28,74 g/dm²
Tragflächenprofil Wurzel: RG-15 (mod.)
Tragflächenprofil Rand: RG-15 (mod.)
Profil des HLW: ebene Platte
Gewicht/Herstellerangabe: 1.800 – 2.000 g
Fluggewicht Testmodell ohne Flugakku: 1.600 g
Mit 3s 3.300 mAh: 1.868 g
• ANTRIEB VOM HERSTELLER EMPFOHLEN UND VERWENDET:
Motor: Pulsar 40
Akku: 3s LiPo Red Power 4.250 mAh
Regler: Pulsar A 50
Propeller: 12×6“
• RC-FUNKTIONEN UND KOMPONENTEN:
Höhe: DS 3012 MG
Seite: DS 3012 MG
Querruder: 2 × DS 3012 MG
Wölbklappen: 2 × DS 3012 MG
Verwendete Mischer: Butterfly
Fernsteueranlage: Graupner MC 20 HoTT
Empfänger: Graupner GR 16 HoTT
Empf.Akku: BEC
• ERFORDERLICHES ZUBEHÖR: KLETTBAND, SEKUNDENKLEBER, EPOXI, VERLÄNGERUNGSKABEL, RC-KOMPONENTEN
• GEEIGNET FÜR: FORTGESCHRITTENE EINSTEIGER
• BEZUG: FACHHANDEL BEZIEHUNGSWEISE DIREKT BEI PICHLER MODELLBAU, TEL.: 08721 96900, INTERNET: HTTP://SHOP.PICHLER.DE
• PREIS: 329,00 € (MIT ANTRIEBSCOMBO)
