
Hier riecht’s nach Sprit

In meinem langen Arbeitsleben habe ich sehr oft junge Leute beim Vorstellungsgespräch interviewen dürfen und war – ehrlich gesagt – oft genug heimlich neidisch auf die mir vorgelegten Zeugnisse. Aber, und das habe ich hier in der Kolumne auch schon einige Male gesagt, allein eine zielgerichtete, ausschließlich schulische Ausbildung ist nicht genug. Und das Lernen hört nicht mit dem Abschlusszeugnis auf! Wer nicht in der Lage ist, mit Verständnis auch in Nachbar-Disziplinen hineinzusehen, wird nicht in der Lage sein, ein komplexeres Thema voll zu verstehen. Im Beruf wie auch im Hobby.

Fliegen macht Spaß, aber Fliegen und Bauen noch viel mehr. Am besten ist aber doch wohl Fliegen, Bauen und Konstruieren. Dazu gehört natürlich ein gerütteltes Maß an Wissen und Können in allen Bereichen, die dazu nötig sind. Man sollte sein Material kennen, ehe man einen Flügel konstruiert und beim Flügel gehört bestimmt Aerodynamik und Profilauswahl dazu. Diese Aufzählung kann man lange fortsetzen und sie beinhaltet eine gehörige Portion nie endendes Lernen.
Puh! Das war aber eine lange und nachdenkliche Vorrede. Wie komme ich gerade jetzt dazu, solche Gedanken hier zu schreiben, die ja vordergründig noch nichts mit dem eigentlichen Thema dieser Kolumne – nach Sprit zu riechen – zu tun haben?
3D-Drucker sind in! Und die Kosten dafür passen durchaus in ein Modellbau-Budget. Und das allwissende Netz stellt unzählige Druckvorlagen zur Verfügung. Also, was soll’s, irgendwann wird so ein Ding gekauft und steht nach einigen Wochen mit einigen gedruckten Internet-Vorlagen und genau so vielen Fehlversuchen dann arbeitslos irgendwo herum. Aber den genau passenden Hebel für die Vergaseranlenkung im neuen Kunstflugmodell gibt es nicht, nur einen gekauften, der ungefähr passt. Dabei wäre es doch so einfach, das Teil zu drucken, wenn man es nur druckergerecht zeichnen könnte…

Bei der Konstruktion der großen Bronco meines Sohnes, über die ich hier hin und wieder etwas erzählt habe, war geplant, alle Randbögen im 3D-Druck zu fertigen. Außerdem alle Formen für Motorhauben und das Kabinen-Tiefziehpositiv. Dieser Entschluss wurde gefasst, ohne einen entsprechenden Drucker zu besitzen. Es sollte der Drucker auf der Arbeitsstelle meines Sohnes „engagiert“ werden. Es lagen auch keine Erfahrungen mit einem 3D-CAD-Programm vor. Insgesamt betrachtet, nicht die allerbesten Voraussetzungen für unsere Planung. Dann kaufte mein Freund Manni sich so einen Drucker und lag mir permanent mit seinen Berichten über die guten Druckergebnisse in den Ohren. Was sich daraus entwickelte, kennen wir alle aus eigener Erfahrung. Irgendwann ist der dem Modellbauer angeborene Reflex, „das muss ich auch haben“, nicht mehr beherrschbar.
Jetzt liegen alle Teile der Randbögen vor mir – zusammengebaut immerhin 860 mm lang. Da ein bezahlbarer Drucker diese Länge nicht in einem Stück drucken kann, besteht jeder Randbogen aus vier 215 mm langen Teilstücken und es gibt saugend passende Einschubspanten, um die Viertel zu einem Gesamtteil zu verkleben.
Was war nun nötig, um diese Randbögen drucken zu können? Natürlich ein Drucker und am besten ein paar Freunde, die schon erfolgreich drucken und bei Fragen helfen können. Dann logischerweise das Druckmaterial – das Filament. Aber welches? Es gibt so viele unterschiedliche. Jemand muss die druckergerechten Zeichnungen machen, am besten natürlich man kann es selbst. Dazu muss man ein 3D-CAD-Programm anschaffen und jetzt wird es schon bedrohlich, man muss lernen, damit umzugehen. Die Zeichnerei von allseitig gekrümmten Bauteilen – so genannte Freiformteile – ist schon eine Aufgabe, deren Lösung man sich erarbeiten muss.

Es geht, wenn man bei der Stange bleibt, und besonders dann geht es, wenn man sich nicht allein daran begibt, neue Felder zu bestellen. Ich erzähle das hier deswegen so ausführlich, um besonders unseren älteren Hobby-Kollegen, zu denen ich ja auch gehöre, Mut zu machen, an die Themen CAD, 3D-CAD und damit direkt zusammenhängend an CNC-Fräsen und 3D-Drucken zu gehen. Ich kann euch versprechen, wenn der Groschen mal gefallen ist, macht es einen höllischen Spaß. In der kommenden Ausgabe können wir gemeinsam starten – ich werde dann die ersten Schritte mit einem 3D-Programm erläutern.
Aber jetzt riecht es wieder mächtig nach Sprit. Ich freue mich immer, wenn bei den Leserfragen auch ein Foto mit Modell, Pilot und Landschaft mitgeschickt wird. Dieses Mal stammt das Foto von Johannes Taschner aus meiner Gegend, dem Niederrhein. Im Hintergrund ist die typische Silhouette des Ruhrgebietes zu sehen. Das Bild wurde auf dem Modellflugplatz von Rheinhausen aufgenommen, linksrheinisch, mit Duisburg auf der rechten Rheinseite.
Von sich selbst sagt Johannes: „Mein Verein ist der FSC-Duisburg Rheinhausen. Ich gehe dahin wegen der guten Kameradschaft und weil es dort keine Höhenbegrenzung gibt und Verbrenner-Motoren erlaubt sind. F-Schlepp ist so am ehesten mein Ding. Meist in der Rolle des Segelfliegers. Ausgedehnte Thermikflüge mit meinem Ventus sind für mich das Sahnehäubchen. Aber langsam taste ich mich auch an die Rolle des Schleppers heran. Dazu habe ich eine 1:4-Piper von Rödel, die mit besagtem ZG62 motorisiert ist. Von Beruf bin ich evangelischer Schulpfarrer in Düsseldorf-Oberkassel.“
Der ZG62 hatte eine ganze Weile problemlos gearbeitet. Auf einmal fängt er an, beim Anwerfen ganz heftig zurückzuschlagen. Wie heftig die Einschläge waren, zeigt das Bild 4. Seitdem wirft Johannes den ZG nur noch mit einem gummierten Rundholz an. Wenn der 62er einmal gelaufen ist und nach dem Abstellen erneut gestartet wird, startet er ohne jede Bösartigkeit. Der Motor ist mit einer elektronischen Falcon-Zündung ausgerüstet und hat, wie schon gesagt, auch eine ganze Zeit lang brav gearbeitet. Warum schlägt so ein Motor auf einmal? Nach einigen nicht erfolgreichen Versuchen, einen Fehler zu finden, hat Johannes den Motor zur Überprüfung zu Toni Clark geschickt und bekam ihn mit der Bemerkung zurück, es sei alles ok. Aber das böse Zurückschlagen war immer noch vorhanden. Nur wenn der Motor falsch herum angeworfen, dann abgestellt und sofort wieder gestartet wurde, gab es kein Zurückschlagen. Johannes hatte im Bereich Vergaser und Einstellung der Düsennadeln gesucht. Meine Vermutung lag aber eher in Richtung Zündung und genauer gesagt Zündkabel/Stecker.
In allen Beschreibungen von elektronischen Zündungen wird immer ausdrücklich davor gewarnt, die Zündung arbeiten zu lassen, ohne eine Zündkerze im Stecker zu haben. Warum? Um einen zündenden Funken zu erzeugen, sind einige 1.000 Volt Spannung nötig. Nun springt ein Zündfunke aber nicht immer gleich je nachdem, ob er einen weiten Abstand zu überwinden hat oder unter Kompressionsdruck springen soll oder ob ein Isoliermaterial dazwischen liegt. Wer sich mit der Theorie einmal auseinandersetzen möchte und gut in Mathematik ist, sollte bei Wikipedia einmal nach dem „Paschen-Gesetz“ suchen. Wenn unsere Zündungen so installiert sind, wie sie sein sollten und eine passende Kerze eingebaut ist, dann ist es für die Hochspannung am leichtesten, sich zwischen den Elektroden der Zündkerze zu entladen. Unsere Kerzen haben zumeist einen Elektrodenabstand von 0,5 mm. Fehlt aber die Kerze mit diesem kleinen Elektrodenabstand im Kerzenstecker, sucht sich die Hochspannung die nächste günstige Stelle zum Entladen. Und das kann dann sehr leicht durch die Isolierung des Zündkabels in den Metallschutzschlauch hineingehen. Wenn das passiert ist, hat das Zündkabel ein mikroskopisch kleines Loch und müsste ausgetauscht werden, da sich die Durchschlagsstelle nicht selbst heilt. Weil die meisten Zündungen aber vergossen sind, heißt das: Neue Zündung kaufen.

Zurück zu Johannes und seinem Problem: Wenn beim Starten des Motors noch keine optimalen Zustände vorliegen, egal ob zu wenig oder zu viel Sprit, kann es in Verbindung mit dem Druck in der Zylinderkammer sein, dass die Spannung leichter an der mikroskopisch kleinen Durchschlagsstelle überschlägt, als im Zylinder an der Kerze. Wenn der Motor allerdings schon gelaufen ist und die Verhältnisse erheblich günstiger sind, ist es für die Hochspannung leichter, sich an der Kerze zu entladen. Dieser ungewollte Durchschlag kann auch an der Zündspule passieren, mit identischem Resultat.
Johannes hat sich dann eine neue Falcon-Zündung gekauft, mit der das Zurückschlagen vorbei war. Leider hat die aber nach kurzer Laufzeit die Arbeit verweigert. Ich hatte bereits zu Anfang des Mail-Austausches mit Johannes von meinen sehr guten Erfahrungen mit der Rcexl-Zündung erzählt, die KPO mit einem zum ZG62 passenden Hallsensorhalter liefert. Nach Anbau dieser Zündung war der bösartige 62er gezähmt und läuft besser denn je.
Im letzten Mail von Johannes schreibt er: „Das war schon ein qualitativer Unterschied. Mit einem Vereinskameraden habe ich dann noch mal den Motor eingestellt, seitdem gibt es gar keinen Rückschlag mehr. Mit dieser Rcexl-Zündung kommt mir in der Tat der Lauf viel ruhiger vor. Wir konnten ihn jetzt noch viel weiter herunter drosseln. Er nimmt das Gas jetzt völlig ohne zu tuckern an. Noch einmal herzlichen Dank für Deine Hilfe!“
Was ist an der Rcexl-Zündung anders? Das Wichtigste ist die Regelkurve, die geht im Leerlauf deutlich gegen Null-Vorzündung, anders als bei vielen anderen Zündungen. Dann gibt es einen Metall-Kerzenstecker, der unseren Fernsteuerungen guttut. Auch wenn unsere heutigen 2,4-GHz-Anlagen weitestgehend störsicher sind, gegen ein loses Zündkabel in einem Gummi-Kerzenstecker ist kein Kraut gewachsen.
Zum Schluss möchte ich einen Rat von dem von mir hoch geschätzten Gerd Reinsch zitieren: Ein ZG62 mit elektronischer Zündung und dem dann eigentlich unnötigen Schwungrad der Magnetzündung, auf dem hinteren Kurbelwellenende montiert, läuft besonders ruhig.
Soweit für heute, bis nächsten Monat.