

KUNST-TURNER
Extra 330 Münster Energy von Pichler
Pünktlich zum Beginn der neuen Hallensaison hat Pichler seine neue Extra 330 SC Münster Energy vorgestellt. Das Modell ist in einer Zusammenarbeit mit Martin Münster und Andys Folienwelt entstanden. Extrem große Ruderflächen, eine optimierte Flächengeometrie, ein sehr niedriges Abfluggewicht und eine optional installierbare Vektorsteuerung sollen dem EPP-Modell eine enorme Wendigkeit verleihen.

Auch als Combo-Set
Geliefert wird das Modell in einer flachen Pappschachtel. Diese enthält alle erforderlichen Bauteile: Zum Vorschein kommen die sauber bedruckten, 4 mm starken EPP-Bauteile, ein Bündel CFK-Stangen und -Profile sowie ein Päckchen mit Beschlagteilen und diversen Kleinteilen. Bei Bestellung der auch erhältlichen Combo sind dem Modell zusätzlich die Antriebskomponenten (bestehend aus Pulsar-Shocky-Motor und -Regler, Propeller, 350-mAh-2s-LiPo) sowie drei Servos beigelegt. Bei Letzteren handelt es sich um drei 5,5 g leichte Mini-Digital-Servos mit Titangetriebe und Glockenankermotor. Sie können mit maximal 6 V betrieben werden. Der Pulsar-Shocky-Motor ist ein 21,5 g wiegender Außenläufer mit 1.700 kV, der mit der PWS 8×4,3“-Luftschraube knapp 390 g Schub liefern soll. Der Maximalstrom liegt mit diesem Propeller und 7,4 V bei zirka 8 A. So ist dann auch der 6 g leichte Regler mit 15 A ausreichend dimensioniert. Sein BEC leistet 2 A an 5 V Spannung.
Anleitung mit 276 Fotos
Der Aufbau des Indoormodells ist im Prinzip Standard. Wer schon mal ein ähnliches Modell gebaut hat, benötigt die Anleitung, die man sich als PDF (https://shop.pichler. de/PDF/münster.pdf) herunterladen muss, nur noch für ein paar Details. Die Anleitung zeigt ein fast baugleiches Modell des tschechischen Herstellers RC-Factory, das sich in ein paar winzigen Details vom vorliegenden Muster unterscheidet. Beschrieben ist der Zusammenbau sehr ausführlich mit 276 Fotos und wenigen Worten auf 29 Seiten. Nur an ein paar Stellen hätte ich mir eine etwas bessere Fotoqualität gewünscht, um Details besser erkennen zu können. Beispielsweise habe ich ein wenig rätseln müssen, wie die Motorhalterung angeklebt werden soll, da sie Aussparungen hat, deren Zweck nicht sofort erkennbar ist. Bei einem schärferen Bild hätte ich es sofort erkannt. Bevor man mit dem eigentlichen Zusammenbau starten kann, müssen sämtliche Ruder um 180 Grad umgeklappt und in der umgeklappten Stellung mit Gewichten für mindestens eine Stunde fixiert werden. Dies dient der Leichtgängigkeit der Ruder.
Verkleben von EPP
Für den Bau der Extra werden verschiedene Klebstoffe, ein scharfer Cutter sowie eine geeignete Bauunterlage benötigt. Ich habe handelsübliches Backpapier als Unterlage auf meinem Baubrett verwendet, um zu verhindern, dass sich das Modell beim Verkleben der Bauteile ungewollt mit meinem Baubrett verbindet. Als Klebstoffe werden vom Hersteller Sekundenkleber mit dünner und mittlerer Viskosität in Verbindung mit Aktivatorspray empfohlen. Allerdings sollte man bedenken: Der dünnflüssige Sekundenkleber sickert gerne durchs 4 mm dünne EPP-Material komplett durch und sammelt sich dann an der Bauteilunterseite an, was zu unschönen dunklen Stellen und sogar zur Verklebung mit dem Backpapier führen kann. Versucht man das Backpapier vom Modell zu lösen, lässt sich dies in der Regel nicht ohne Beschädigung des Aufdrucks bewerkstelligen. Aus diesem Grunde lautet meine Empfehlung: möglichst auf dünnflüssigen Sekundenkleber verzichten.
Der mittelviskose Sekundenkleber saugt sich mittels Kapillarwirkung ausreichend tief ins Material hinein. Das Aktivatorspray sollte man nur in Ausnahmefällen verwenden, da der Einsatz des Sprays zu unschönen weißen Ausblühungen des Sekundenklebers führt. Alternativ zum Sekundenkleber habe ich für einige Klebestellen, bei denen eine Dauerelastizität von Vorteil ist, UHU Por verwendet. Dieser Klebstoff hat sich aus Erfahrung bestens für derartige Modelle bewährt. Er empfiehlt sich nicht nur zur Verklebung von Schaumteilen untereinander, sondern auch zur Verklebung von Verstärkungsprofilen im Schaum. Für das Verkleben der Kohlestäbe verwendet man aber besser Sekundenkleber.
Jetzt wird losgebaut
Danach startet man mit der Draufsicht des Modells beziehungsweise mit der Ansicht von unten. Nach dem Verkleben von Flächen und Höhenleitwerk mit der Rumpfunterseite werden sämtliche CFK-Verstärkungsprofile in die bereits vorhandenen Schlitze mit Sekundenkleber eingeklebt. Hierbei muss man darauf achten, dass die Verstärkungsprofile vollständig in den Schlitzen versenkt werden können. Das war nicht immer auf Anhieb der Fall, so dass ich an verschiedenen Stellen die Schlitze ein wenig nachschneiden musste. Beim Nachschneiden ist Vorsicht geboten, da man teilweise 3 mm hohe Profile in 4 mm dünnes EPP einkleben muss – und somit schnell versehentlich das EPP komplett durchgeschnitten hat. Sobald das jeweilige Profil bündig mit der EPP-Oberfläche abschließt, kann es verklebt werden. Zum Verkleben wird einfach Sekundenkleber entlang des Profils auf dessen sichtbare Oberkante geträufelt. Im Idealfall saugt sich der Klebstoff mittels Kapillarwirkung auf beiden Seiten des Profils ins EPP und sorgt so für eine sichere Verbindung. Das sollte man aber nach dem Trocknen des Klebers zur Sicherheit nochmals überprüfen und, wenn nötig, die nichtverklebten Stellen nacharbeiten.
Fachwerk aus Kohlestäben
Im nächsten Schritt habe ich gemäß der Bauanleitung den unteren Rumpfseitenbereich mit CFK-Verstärkungen versehen und anschließend mit der Unterseite verklebt. Hier sollte man natürlich – für gute Flugeigenschaften – peinlich genau darauf achten, dass Unterseite und Seite einen rechten Winkel zueinander einnehmen. Zur „Konservierung“ dieses Zustands auch unter Belastung wird das Ganze mit einem Fachwerk aus Kohlestäben versehen. Auch die Flächen und die Querrudern erhalten ein solches Fachwerk, indem man Stege aufklebt, die mit Kohlestäben abgestrebt sind. Dies erhöht die Biege- und Torsionssteifigkeit der Flächen und Querruder signifikant.
Der Einbau des Hauptfahrwerks gehörte ebenfalls zu den Aufgaben dieses Bauabschnitts. Es wird im Wesentlichen aus zwei Kohleflachprofilen, die sich in den Rumpfseiten kreuzen und in der Unterseite abstützen, aufgebaut. Zur Stabilisierung erhält es beidseitig des Rumpfs im Kreuzungspunkt der Kohleprofile eine Umwicklung mit Garn. Das Garn wird mit Sekundenkleber fixiert und gehärtet. Räder sind bei diesem Modell nicht vorgesehen. Das Modell soll auf den Radschuh-Attrappen aus EPP gleiten. Diese Radschuhattrappen bestehen aus flachen EPP-Bauteilen, die mit einem geschlitzten Kunststoffplättchen verstärkt werden, um sie an die Fahrwerksbeine ankleben zu können.
Servos und Anlenkungen

Danach konnte ich bereits die drei Servos in die dafür vorgesehenen Rumpfaussparungen einkleben. Die Querruder werden von einem zentralen Servo angesteuert. Für die geforderten großen Querruderausschläge muss das Querruderservo mit einer Servohebel-Verlängerung ausgestattet werden. Diese Hebelverlängerung aus Kunststoff liegt dem Baukasten bei und wird mit Sekundenkleber und Garn am originalen Servohebel befestigt. Mini- Gestängeanschlüsse an der Hebelverlängerung, die ebenfalls zum Lieferumfang gehören, machen das Ganze sogar einstellbar.

Die Querruderanlenkungen erstellt man aus Kohlestäben und den beiliegenden Kunststoffclipsen. Die speziellen Clipse befestigte ich mit Schrumpfschlauch und Sekundenkleber am Gestänge. Anschließend konnte ich die Gestänge auf der Querruderseite ins Ruderhorn einclipsen und auf der Servoseite im Gestängeanschluss mittels Schraube festklemmen. Beim Höhenund Seitenrudergestänge geht man analog vor. Um ein Ausknicken des Höhen- und Seitenrudergestänges zu verhindern, wird es in Kunststoffösen geführt. Montiert werden kann dieses Gestänge aber erst nach dem Verkleben der oberen Rumpfseite. Auch die obere Rumpfhälfte erhält einige Verstärkungen, da das EPP ohne Aussteifungsmaßnahmen zu instabil wäre.
Um die Ecke

Die im Lieferumfang enthaltene Vektorsteuerung des Modell wird durch einen um die Hochachse schwenkbaren Motor realisiert. Sie unterstützt das Seitenruder. Möglich wird das durch eine Gestängekopplung zum Seitenruderservo. Betätigt man das Seitenruder, so wird der gekoppelte Motor gleichsinnig mitgeschenkt. Erreicht wird dies durch eine über Kreuz zum Rumpf verlegte Anlenkung des Motors. Für einen leichtgängigen und spannungsfreien Betrieb habe ich dieses Gestänge gemäß Bauanleitung beidseitig mit Kugelköpfen ausgestattet. Mit Kugelköpfen ist auch der Motorspant der Vektorsteuerung gelagert und an einem zweiten, dahinter sitzenden Spant befestigt. Der hintere Spant wird mit dem Rumpf verklebt.

Damit ist der Aufbau des Modells schon fast abgeschlossen. Nach der Montage des Motors und der Luftschraube müssen nur noch die SFGs angeklebt, Regler und Empfänger eingebaut und der Akku mittels Klettband befestigt werden. Die Position des Akkus ermittelte ich mit einer Schwerpunktwaage und dem vorgegebenen Schwerpunkt. Die Ruderausschläge habe ich nicht eingeschränkt, da die Bauanleitung hierzu keine Angaben macht und man erfahrungsgemäß die Vollausschläge benötigt.
Ideal in der Halle
Der Erstflug der Extra fand im Freien bei etwas Wind statt. Aufgrund des niedrigen Abfluggewichts hatte das Modell dabei schon mit dem Wind zu kämpfen. Für die weitere Erprobung bin ich dann in die Halle gegangen. Dort zeigte sich die Extra von ihrer besten Seite und bereitete mir von Anfang an viel Spaß. Sämtliche Figuren funktionierten auf Anhieb und gelangen recht einfach. Das liegt auch an dem niedrigen Abfluggewicht und der daraus resultierenden niedrigen Grundgeschwindigkeit. Zusätzlich verhält sich das Modell sehr neutral, wodurch man keine Eigenheiten des Flugzeugs aussteuern muss.
Die Wirkung der Vektorsteuerung hatte ich mir deutlich heftiger vorgestellt. Sie agiert relativ unauffällig bei der Unterstützung des Seitenruders. Hilfreich ist sie bei eng geflogen Turns und Kurven sowie im Messerflug. Der Anstellwinkel im Messerflug ist dann deutlich flacher als üblich. Eine sehr gute Wirkung zeigen die Querruder. Ohne Entschärfung durch reichlich Expo war mir das Flugverhalten dabei zu nervös um die Längsachse, mit zirka 50% Expo passte es für mich.
Enge Messerflug-Loops
Aufgrund der sehr guten Wirkung aller Ruder kommen gerissenen Rollen sehr gut und blitzschnell. Auch die Vektorsteuerung trägt sicherlich ihren Teil dazu bei. So radikal konnte ich gerissene Rollen mit meinen bisherigen Indoor-Modellen jedenfalls noch nicht fliegen. Ebenfalls sehr hilfreich ist die Vektorsteuerung bei Messerflug-Loopings. Diese lassen sich problemlos in einer normal hohen Sporthalle fliegen. Das Modell dreht dabei quasi auf dem Teller, wodurch Messer-Loop-Durchmesser von zweieinhalb bis drei Metern problemlos geflogen werden können. Noch ein Hinweis zum Schwerpunkt: Eine Überprüfung des erflogenen Schwerpunkts mit der Schwerpunktwaage ergab einen um 5 mm weiter hinten liegenden Schwerpunkt gegenüber der Angabe in der Bauanleitung. Damit hat mein Modell ein sehr neutrales Flugverhalten.

Wie robust ist 4-mm-EPP?
Flugdynamisch hat der Leichtbau der neuen Extra 330 von Pichler klare Vorteile. Ein kleiner Nachteil ist die etwas geringere Robustheit im direkten Vergleich mit 6-mm-EPP-Modellen. Rempler, die gerade in der Halle immer mal wieder vorkommen, wenn man neue Figuren trainiert, führen schneller zu Schäden am Modell. Das 4 mm starke EPP reißt eben schneller als 6-mm-EPP. Hinzu kommt die starke Aussteifung durch Kohleprofile und Stäbe, die kaum eine Deformation zulässt, weswegen es schneller zu Rissen im EPP kommt. Allerdings lassen sich die allermeisten „Trainings-Schäden“ in wenigen Minuten mit etwas UHU Por oder Sekundenkleber an Ort und Stelle beheben.
Mein Fazit
Die Extra 330 SC Münster Energy von Pichler ist ein sehr gut fliegendes Indoor-3D-Kunstflugmodell. Mit dem niedrigen Abfluggewicht und der serienmäßigen Vektorsteuerung sind spektakuläre Flugmanöver auf engstem Raum möglich. Mit einem sehr neutralen Flugverhalten. Besonders empfehlenswert ist die Combo, die neben dem Modell auch die Antriebskomponenten und Servos umfasst: Die Servos sind kräftig, stellgenau und schnell und durch das Metallgetriebe auch robust. Der Pulsar-Motor hat genug Power für jedes 3D-Manöver. Überzeugt hat mich dabei auch die gute Spannungslage des Lemon-LiPos, der ebenfalls zum Lieferumfang der Combo gehört.
Extra 330 Münster Energy
Verwendungszweck: Indoor-Kunstflug
Modelltyp: Baukasten
Hersteller/ Vertrieb: RC-Factory/Pichler Modellbau
Bezug und Info: direkt bei www.shop.pichler. de, Tel.: 08721 5082660
Preis: 75,- €, 149,- € (Combo)
Lieferumfang (Combo): Komplett-Baukasten mit Motor, Regler, Servos, Luftschraube und Akku Erforderl. Zubehör: Empfänger, Sender
Bau- u. Betriebsanleitung: Deutsch, 29 Seiten mit 276 farbigen Fotos und Angaben zum Schwerpunkt
Aufbau
Rumpf: 4-mm-EPP mit CFK-Verstärkungen, farbig bedruckt
Tragfläche: 4-mm-EPP mit CFK-Verstärkungen, farbig bedruckt
Leitwerk: 4-mm-EPP mit CFK-Verstärkungen, farbig bedruckt
Motoreinbau: Vor-Spant-Montage, mit Vektorsteuerung
Einbau Flugakku: per Klettverschluss am Rumpf
Technische Daten
Spannweite: 840 mm
Länge: 900 mm
Spannweite HLW: 390 mm
Flächentiefe an der Wurzel: 240 mm
Flächentiefe am Randbogen: 125 mm
Tragflächeninhalt: 14,97 dm²
Flächenbelastung: ab 10,4 g/dm²
Tragflächenprofil: ebenes Brett
Profil des HLW: ebenes Brett
Gewicht/Herstellerangabe: ab 150 g
Fluggewicht Testmodell o.Flugakku: 130 g
mit 2s-350-mAh-LiPo: 155 g
Antrieb im Testmodell eingebaut
Motor: Pulsar Shocky
Regler: Pulsar A-15
Propeller: PWS 8×4,3“
Akku: LemonRC 2s-350-mAh-LiPo
RC-Funktionen und Komponenten
Höhenruder: Master S706MG
Seitenruder: Master S706MG
Querruder: Master S706MG
Verwendete Mischer: keine
Empfänger: Jeti R7 Nano
Empf.-Akku: BEC