

Triple X
Abnahme der XXXL F-104 von Airworld Modellbau
Für den Erstflug suchen Sie sich am besten eine leicht geneigte Wiese…, so stand es jedenfalls in der Baubeschreibung meiner ersten Flugmodelle Ende der 60er Jahre. Ob Hans-Dieter Reisert und Thomas Gleißner von Airworld Modellbau wohl ähnliche Gedanken hatten, als es um den Erstflug und dann um die Einzelstückzulassung ihrer großen F-104 im Maßstab 1:3 ging? Sie haben sich letzten Endes für den Flugplatz Auerbach im Vogtland entschieden. Die großzügige Halle und Werkstatt sowie 800 m Asphaltpiste – und natürlich die offizielle Zulassung des Platzes für Flüge im Rahmen der Muster- u. Einzelstückzulassung mit Modellen bis 150 kg – waren wohl gute Argumente für den Flugplatz Auerbach. Hinzu kommt, dass die Modelle und ihre Piloten auch von Seiten des Fliegerklubs und der Flugplatzleitung immer herzlich willkommen sind.
REINHARD SCHOTT, DAeC-PRÜFER
Es war schon sehr beeindruckend, was da am Morgen des ersten Testtages aus dem Transporter zum Vorschein kam. Der mit fast 6 m schier endlos lange Rumpf besteht aus vier Segmenten und bietet dem Prüfer die Möglichkeit, sich von Aufbau und Innenleben ein genaues Bild zu machen. Alle GFK/CFK-Teile sind sehr sauber laminiert, leicht und mit sinnvollen Verstärkungen versehen. Man erkennt die enge Verwandtschaft zur „kleinen“ F-104 im Maßstab 1:4 aus gleichem Hause, jedoch wurde die XXXL-104 nicht einfach nur vergrößert. Es wurden den sich aus Masse und Geschwindigkeit ergebenden Kräften Rechnung getragen und erforderliche Veränderungen vorgesehen und umgesetzt.
Noch ohne anmontierte Flügel hat man den freien Blick auf die Wurzelrippe des Tragflügels – und kommt zwangsläufig ins Grübeln. Fragen drängen sich auf:
1. Wird die Konstruktion der aufzulegenden Masse von ca. 500 kg standhalten?
2. Was machen Pilot und Halter der schönen Maschine mit dem Prüfer, wenn Frage 1 negativ beantwortet wurde?
3. Wo legt man angesichts der winzigen Tragflächen die Sandsäcke hin?
4. Wie heißt eigentlich das Gegenteil von Profildicke?
Die erste Frage war keine, denn die gesamte Zelle des Modells zeigte sich vom Belastungstest unbeeindruckt. Die Überlegungen, die beim Entwurf angestellt wurden, waren somit richtig und die Umsetzung beim Bau ebenfalls. Daher stellte sich Frage zwei somit zum Glück für den Prüfer auch nicht. Die dritte Frage konnte gelöst werden, indem die Sandsäcke dicht gestapelt wurden. Nur die vierte Frage ist noch unbeantwortet…
Die gesamte im Modell verwendete Technik wurde sehr verantwortungsvoll und dem anspruchsvollen Einsatzzweck entsprechend ausgewählt. So wurde für die Ruder jeweils die am besten geeigneten Servos von JR, Spectrum und Futaba ausgewählt. Die notwendige elektrische Energie kommt aus zwei SLS-Akkus, zentrales Bindeglied ist eine PowerBox. Die Verbindung zwischen Pilot und Modell stellt eine Futaba-Anlage sicher. Der Einbau der gesamten Technik und Elektronik war, wie nicht anders zu erwarten, sauber und professionell und der Prüfer fand keinen Grund zur Beanstandung.
Angetrieben wird das imposante Modell von einer JetCat P 550, welche aus einem 11-l-Tanksystem versorgt wird. Die zur Verfügung gestellten 550 N Schub haben mit einer maximalen Abflugmasse von 70 kg weder beim Start noch im Flug ein Problem und bescheren dem Modell ein außergewöhnlich realistisches Flugbild. Von Thomas Gleißner ruhig und weiträumig geflogen, begeisterte der große Starfighter nicht nur alle am Flugplatz Anwesenden. Auch etwas weiter weg wohnende Nachbarn fanden sich nach dem ersten Flug am Platz ein, um zu sehen, ob hier jetzt wirklich die US-Airforce stationiert ist.
Zurück zur eigentlichen Abnahme, zu der zwei Vor-Ort-Termine notwendig wurden, weil durch die extreme Trockenheit im letzten Sommer zeitweise ein Flugverbot für Turbinenflugzeuge von der Flugplatzleitung ausgesprochen werden musste. Die F-104 im Maßstab 1:3 von Airworld hat alle Prüfungen im Rahmen der Zulassung problemlos bestanden. Der Prüfer konnte zum Schluss seinen Stempel unter die Papiere machen und Halter und Pilot gratulieren.
Lohn für den betriebenen Aufwand ist, nach Bestätigung der Abnahme durch das Luftsportgerätebüro des DAeC, eine komplette Lebenslaufakte ohne Beanstandungen für ein außergewöhnliches Flugmodell.





INTERVIEW mit Airworld-Chef Hans-Dieter Reisert und dem Technischen Leiter Thomas Gleißner
FMT: Eure 1:4-Version des Starfighters ist eine erfolgreiche Modellkonstruktion und beeindruckt nach wie vor jeden, der eines dieser imposanten Modelle fliegen sieht. Was war der Grund, den Starfighter nochmals zu vergrößern und im Maßstab 1:3 anzubieten?
Hans-Dieter Reisert: Unsere F-104 ist im Maßstab 1:4 mit 4,3 m Länge ja schon nicht gerade klein und hat viele glückliche Kunden weltweit gefunden. Zu unserem 30-jährigen Firmenjubiläum wollten wir einen weiteren Meilenstein setzen und nach Abwägung und Vernachlässigung aller Vernunftgedanken entschieden wir uns, aufgrund der überragenden Flugeigenschaften und der imposanten Abmessungen, den Starfighter eine Nummer größer in der XXXL-Version als Projekt anzugehen und zu realisieren.
FMT: Worin lagen die technischen Herausforderungen bei der Auslegung eines so großen Modells?
Hans-Dieter Reisert: Bei einem Abfluggewicht von etwa 75 kg gilt es, alle Komponenten so auszulegen, dass sie den enormen Belastungen nicht nur im Flug sondern auch bei der Landung standhalten, damit die Alltagstauglichkeit im Flugbetrieb z.B. auch auf Graspisten gewährleistet ist. Des Weiteren kommen Komponenten, beispielsweise das Triebwerk JetCat P 550, zum Einsatz, die nicht aus dem Bereich des Modellflugs sondern aus der Industrieanwendung stammen. Hier sind dann schon einige Punkte zusätzlich zu beachten.
FMT: Welche Baugruppe hat bei euch das meiste Kopfzerbrechen bereitet?
Thomas Gleißner: Die großen Landeklappen in dem extrem dünnen originalgetreuen Profil anzulenken, war nicht einfach und konnte nicht maßstäblich von der 1:4-Version übernommen werden. Das Fahrwerk war eine weitere Herausforderung, schon aufgrund der gewaltigen Dimensionen.
FMT: Welche baulichen Veränderungen gegenüber der 1:4-Version waren notwendig?
Thomas Gleißner: Im Wesentlichen war dies eine weitere Teilungsebene des Rumpfes in nunmehr vier Teile. Das hat dazu geführt, dass das längste Rumpfteil sogar 50 cm kürzer als bei der 1:4-Version geworden ist. Ein klarer Vorteil sowohl beim Transport zum Flugplatz als auch beim Versand des Bausatzes.

FMT: Welche Ausrüstung kommt im Prototyp zum Einsatz?
Thomas Gleißner: Für die Stromversorgung haben wir die PowerBox Mercury SRS verwendet mit zwei Futaba-S.BUS-Empfängern 7003SB in Verbindung mit einer Futaba T18MZ Fernsteuerung. Servos wurden von verschiedenen Anbietern verwendet – von Futaba, JR und Spectrum.
FMT: Welche Anforderungen stellt der 1:3-Starfighter an Flugfeld und Piloten?
Thomas Gleißner: Man braucht einen Flugplatz mit der entsprechenden Zulassung, ob Asphalt- oder Grasbahn ist mit dem robusten F-104-Fahrwerk eigentlich egal. Ach ja, von Vorteil ist natürlich auch, wenn der Luftraum entsprechend großzügig bemessen ist.
FMT: Wie fliegt sich ein Modell mit dieser Rumpflänge und 70 kg Gewicht?
Thomas Gleißner: Die Flugeigenschaften sind – wie schon bei der kleineren 1:4-Version – einfach genial. Man würde das diesem Flugzeug, nur auf Grund seiner Optik bewertet, nie zutrauen. Die F-104 hat einen enormen Geschwindigkeitsbereich. Start und Landung sind einfach zu beherrschen, das Modell kann man getrost als eher gutmütig bezeichnen. Auf der anderen Seite sind gemessene 366 km/h Top-Speed schon recht flott, was einem aber aufgrund der Größe des Modells nicht so vorkommt und deshalb sehr den vorbildgetreuen Flugeindruck unterstützt. Alle klassischen Manöver wie Rollen, halbe Kubanacht etc. gehen problemlos. Eines meiner Lieblingsmanöver ist der schier endlose senkrechte Steigflug nach einem langsamen Platzüberflug. Hier kann man die enorme Leistung des Triebwerks mal demonstrieren und die 104 steigt wie eine Rakete in den Himmel. Bei den bisherigen Flügen habe ich die Kreiseloption noch nicht genutzt – das Modell hat eine unglaubliche Flugruhe und ist jederzeit voll kontrollierbar.
FMT: Habt ihr die Flächenbelastung mal berechnet?
Hans-Dieter Reisert: Wir liegen hier bei etwa 220 g/dm² - also alles durchaus im unspektakulären Bereich.
FMT: Worin liegen die Gründe für die sehr guten Flugeigenschaften – insbesondere auch im Langsamflug?
Thomas Gleißner: Ich habe durch unsere F-104 viele Piloten kennengelernt, die das Original gelogen haben. Die haben alle von den Flugeigenschaften geschwärmt. Ich würde sagen, die F-104 ist einfach ein gut konstruiertes Flugzeug, sowohl im Original als auch im Modell-Maßstab!
FMT: In welcher Vorfertigung wird die 1:3-F-104 angeboten?
Hans-Dieter Reisert: Wir bieten den Bausatz in beiden Größen in einem sehr hohen Vorfertigungsgrad an. Alle Spanten, inklusive der Rumpfteilungen sind bereits bei Auslieferung an den Kunden passgenau und inklusive aller Verschraubungen montiert. Das Fahrwerk ist bereits im Rumpf funktionsfähig installiert und muss nur noch mit den nötigen Anschlüssen versehen werden. Die Tanks sind bereits installiert, Servohalterungen eingebaut, die Höhenruderbefestigung ist montiert. Jedes Modell wird vor Auslieferung komplett zusammengebaut und vermessen. Für den Kunden erleichtert dies den Bau des Modells enorm, da er sich direkt auf die individuelle Ausstattung konzentrieren kann und die Teile nicht zunächst erst komplett montieren muss.

FMT: Mit welchen Lieferzeiten muss man rechnen und was kostet ein so exklusives Modell?
Hans-Dieter Reisert: Bei der 1:4-Version liegen wir bei etwa zehn Wochen Lieferzeit und bei der XXXL-Version im Moment bei vier Monaten ab Bestelleingang. Selbstverständlich gehen wir natürlich auf die Wünsche des Kunden bezüglich Einsatzzweck, vorgesehener Turbine, Gewichtslimitierungen etc. individuell ein und stehen gerne beratend zur Seite. Bei der 1:4-Version geht’s ab 5.990,- € los, bei der XXXL-Version starten wir bei 19.990,- € für den Voll-GFK/CFK-Bausatz. Erwähnenswert ist an dieser Stelle, dass der CFK-Anteil bei den im Vakuumverfahren hergestellten Sandwich-Bauteilen bei über 90% liegt.
FMT: Soll es nach dem Starfighter weitere zulassungspflichtige Großmodelle von Airworld geben?
Hans-Dieter Reisert: In der Tat haben wir noch weitere Projekte in Planung bzw. schon in der Realisierungsphase. Als nächstes Modell kommt ein Kunstflugsegler SWIFT S-1 im Maßstab 1:1,4 mit einer Spannweite von 8 m – der Prototyp wird ebenfalls einen Turbinenantrieb erhalten. Parallel dazu sind wir mit einer größeren MB-339 (unsere jetzige hat 3 m Spannweite) in der Prototypenphase. Diese, gemeinsam mit dem Red Bull-Team Fuchs/ Fuchs/Stadler entwickelte XXXL-MB-339, hat eine Spannweite von 4,2 m und ist ein gewaltig großes Modell. Die Tragflächenhälften haben in etwa das Format einer Zimmertür! Daran mussten wir uns nach den Starfighter-Tragflächen erst mal gewöhnen.

FMT: Abschließend eine Frage zur künftigen Entwicklung der Jetfliegerei. Wohin führt der derzeitige Weg? Sind kleine und bezahlbare Modell noch gefragt? Gibt es parallel zur Konstruktion zulassungspflichtiger Modelle auch Entwicklungen in der anderen Richtung?
Hans-Dieter Reisert: Die jetzt hier beschriebenen Modelle stellen sicherlich in jeder Hinsicht die Spitze des Modellflugs dar. Wir sehen es als unsere Aufgabe als Hersteller, die technisch machbaren Grenzen aufzuzeigen und eben manchmal auch zu verschieben bzw. zu erweitern und neue Maßstäbe zu setzen. Wenn man die Entwicklung der Jet-Modelle im Rückblick betrachtet, hat für uns eine unglaubliche Reise auf der WM 2001 in Thailand begonnen. Dort hat Stephan Völker mit unserer Albatros L-39 im Maßstab 1:7 seinen ersten Weltmeistertitel errungen. Achtzehn Jahre später sind weitere WM-Titel, auch durch Tommy mit unserer BAe Hawk in Ungarn erflogen, sowie unzählige nationale und internationale Titel dazu gekommen. Und mit den beiden neuen Großmodellen der F-104 und der MB339 schließt sich für uns der Kreis – im Moment. Wer weiß, wo die Reise noch hingeht…
Auf der Jetpower im September präsentieren wir, passend zum Starfighter, unsere neue MiG-21 im Maßstab 1:4. Das wird ein Scale-Modell, das absolute WM-Tauglichkeit hat und unter 25 kg Abfluggewicht einzusetzen sein wird. Aber wir haben auch für den engagierten Modellflieger in unserer Produktpalette von Voll-GFK Modellen unter den 22 Seglern, 26 Motormaschinen und 23 Jets sicher etwas Passendes im Programm.
Thomas Gleißner: Auch diese großen Modelle haben ihre Daseinsberechtigung und haben ihren Platz im Modellbaumarkt gefunden. Es ist kein Modell für jeden Tag. Aber jeder Flug damit ist ein einzigartiges und nachhaltiges Erlebnis!