

FLOTTE FLOTTE
Mini-Jets aus eigener Produktion
Den Anstoß zu diesem Projekt gab das Weihnachtsgeschenk meines Sohnes, neun Jahre jung. Er baute mir zwei kleine F-16-Modelle aus Depron als Wurfgleiter. Die kleinen Jets mit ihren 16 cm Spannweite überraschten mich durch ihre hervorragenden Flugeigenschaften. Da war der Gedanke nicht weit entfernt, diese kleinen Jäger mit einer RC-Anlage auszustatten. Welche Bedeutung dieses Kleinprojekt in den Zeiten der Coronakrise haben würde, konnte ich damals noch nicht ahnen.

Eine der beiden F-16 wurde mit einem bei mir vorhandenen 7-mm-Motor und einer Empfängereinheit aus einer alten UMX Vapor ausgestattet. Diese Einheit besteht aus einem Empfänger mit eingebautem Regler und zwei integrierten Linearservos. Eine kompakte, kleine und leichte Anlage, die sich für solche Projekte geradezu anbietet. Angelenkt habe ich nur die beiden Höhenruderblätter. Sie übernahmen als sogenannte Tailerons die Funktion von Höhen- und Querrudern. Ausgerüstet mit einer LiPo-Zelle mit 120 mAh Kapazität, wog das erste Testobjekt 13 g.

Noch am selben Tag erfolgte die erste Flugerprobung. Leider gibt es keine anderen Worte: Sie war eine absolute Katastrophe. Das Modell hielt sich zwar in der Luft, es gelang mir aber nicht, auch nur einigermaßen eine gewollte Flugbahn zu steuern. Das Drehmoment des Motors führte zu ungewollten Rollen, vernünftige Kurven waren schlicht unmöglich. Und doch wurde im Desaster sichtbar, dass es machbar sein müsste, wenn man das Modell geringfügig vergrößerte.

Im Mini-Jet-Fieber
So entstand die zweite Version mit einer leicht vergrößerten Spannweite von nun 18 cm. Und diese überzeugte mit solch überraschenden Flugeigenschaften, dass in meiner Werkstatt das große Mini-Jet-Fieber ausbrach, während unser Vereinsflugplatz aufgrund des Coronavirus geschlossen wurde.

Die im Folgenden beschriebenen Jets haben also alle eine Spannweite von 18 cm, was ungefähr einem Maßstab von 1:50 entspricht. Die einfachen Depron-Modelle sind sehr schnell gebaut. Ohne Bemalung reicht dazu ein längerer Abend in der Werkstatt aus. Meine Baubeschreibung soll einige Tipps und Anregungen geben, es ist aber noch viel Freiraum für eigene Experimente vorhanden.

Einzelteile aus Depron
Auf einer Depronplatte werden die Einzelteile des Modells aufgezeichnet und dann sorgfältig ausgeschnitten. Die Flügel und Leitwerke können mit feinem Schleifpapier etwas profiliert werden. Das ist aber nicht unbedingt notwendig. Die Modelle fliegen auch mit komplett ebenen Flügeln.

Der Rumpf wird auf der Tragflächenebene in eine obere und eine untere Hälfte geteilt. Das zweite Element, das die Tragflächen bildet, habe ich im vorderen Bereich durch einen 3 mm dicken und 5 mm breiten Balsastreifen verstärkt. Der Deltaflügel der Saab Draken benötigt keine Verstärkung, jedoch die Flügel der Tiger und der F-16 habe ich mit einem Stück Garn, das durchgehend auf die Flügelvorderkante geklebt wird, verstärkt. Besonders die schmalen Flügel der Tiger brechen sonst rasch bei der ersten Bodenberührung. Weitere Verstärkungen an den Rumpfflanken entlang wären sicher denkbar, jedoch darf man nicht vergessen, dass es bei einem Modell dieser Größe auf jedes Gramm ankommt.



Antrieb und Steuerung
Die Ruder werden nun abgetrennt und der Schnittkante entlang im Winkel von 45° abgeschliffen. Der Ausschnitt für den Motor wird ebenfalls bereits jetzt ausgeschnitten.
Wer sich seiner Sache sicher ist und an seinen Fähigkeiten als Pilot nicht zweifelt, kann die Einzelteile des Modells nun schon farblich gestalten. Ich habe dies erst nach dem Erstflug gemacht, da ich bisher bei jedem Flugzeug noch ein wenig nachbessern musste.
Die Rumpfteile habe ich mit ganz wenig 5-Minuten-Epoxid zusammengefügt. UHU Por geht natürlich ebenso wie ein geeigneter Sekundenkleber. Die Ruderblätter habe ich mit ganz wenig UHU Por, der elastisch bleibt, angeklebt. Ein Tesascharnier funktioniert selbstverständlich genauso gut. Der kleine Motor mit 7 mm Durchmesser kann nun schon an seinen Arbeitsplatz geklebt werden. Meine Motörchen stammen aus dem Ersatzteilsortiment des Blade Nano QX 3D. Es gehen aber sicher viele handelsübliche Motoren, die oft in kleinen Quadrocoptern eingesetzt werden.


Erste Gleitflugversuche
Im Gegensatz zu den meisten Modellflugzeugen erfolgt nun bereits der erste Teil der Flugerprobung. Die Schwerpunktlage der Jets ist auf dem Plan jeweils eingezeichnet. Trotzdem empfehle ich, vor dem endgültigen Einbau der Komponenten ein paar Gleitversuche zu machen.
Dazu wird der Akku mit etwas Klebeband unter der Rumpfspitze befestigt. Stimmt die Schwerpunktlage gemäß Plan einigermaßen, kann das Modell im Gleitflug getestet werden, bis es möglichst geradeaus fliegt. Je nachdem, muss der Akku noch etwas nach vorne oder nach hinten geschoben werden. Die Ruderblätter werden für die Gleitflüge mit einem winzigen Stück Tesa in der Neutrallage fixiert. Die so erflogene Schwerpunktlage wird markiert.
Einbau der Elektronik
Nun erfolgt der Einbau der Empfangseinheit mit den Linearservos. Diese wird so auf der Rumpfunterseite angeordnet, dass der erflogene Schwerpunkt genau eingehalten wird. Ich habe die Elektronik zwischen zwei kleine Balsastreifen geklebt und dann in einen passenden Ausschnitt unten am Rumpf eingesetzt.
Die Ruderhörner habe ich aus dünner GFK-Folie hergestellt. Feines Flugzeugsperrholz eignet sich natürlich ebenso gut dafür. Wichtig ist, die Bohrungen für die Gestänge keinesfalls zu groß auszuführen. Die Ruderhörner werden mit wenig Epoxid in die Ruderblätter eingeklebt. Die Bohrungen der Ruderhörner sollten genau unterhalb des Drehpunkts liegen und 12 mm von diesem entfernt. Die Gestänge habe ich aus 0,5er Stahldraht gebogen. Damit ist der Einbau der RC-Anlage bereits abgeschlossen und lediglich der Motor muss noch verdrahtet werden. Als Propeller eignen sich kleine Luftschrauben aus dem Quadrocopter-Sortiment. Ich verwende solche mit 40 bis 45 mm Durchmesser. Sehr gut funktionieren auch die Luftschrauben der kleinen Silverlit-Flugmodelle. Vor der Flugerprobung wird noch die Rumpf-Unterseite verstärkt. Ich habe ein dünnes Carbon-Band mit 3 mm Breite auf die Unterkante des Rumpfs geklebt. Besonders im Bereich der Empfangsanlage bricht der Rumpf sonst rasch.
Die Programmierung
Nun ist das Modell eigentlich schon fast fertig. Es fehlt noch die Programmierung. Dazu benötigt man je nach Elektronik und Steuermodus einen Delta- oder V-Leitwerksmischer. Dieser wird gemäß Anleitung der RC-Anlage programmiert. Wer sich bereits mit Deltamischern befasst hat, kennt vielleicht die Problematik der Servoreverse. In bestimmten Situationen kann es vorkommen, dass auch mit allen Reversefunktionen am Sender keine korrekte Ansteuerung möglich ist. Im Normalfall müsste man nun die Steckplätze der Servos am Empfänger tauschen. Da dies hier nicht möglich ist, musste ich auch schon die Elektronik nochmals ausbauen und umgedreht wieder montieren.

Einfliegen der Mini-Jets
Nun ist das Modell bereit für den Erstflug. Dieser erfolgt am besten auf einer Wiese, denn es kann durchaus vorkommen, dass die ersten Flugversuche mit einer Stecklandung enden. Die Ruder sollten in Neutrallage oder ganz leicht hochgetrimmt stehen. Zudem empfehle ich tendenziell eine leichte Trimmung in entgegengesetzter Richtung des Drehmoments.
Und dann geht‘s los: Der Start erfolgt mit etwa Halbgas oder leicht darüber. Es macht nichts, wenn das Modell erst einmal gar nicht steigt, sondern nur einen verlängerten Gleitflug ausführt und ins Gras plumpst. Das gibt uns die Gelegenheit, die Trimmung gemäß den ersten Beobachtungen zu verstellen. Erst wenn die verlängerten Gleitflüge einigermaßen klappen, kann man einen richtigen Flugversuch wagen. Man muss sicher recht konzentriert bei der Sache sein, denn die winzigen Modelle bewegen sich bald an der Sichtgrenze. Bei der F-16 und der Tiger waren die Rollrate und Wendigkeit von Beginn an recht vernünftig. Da nur die Höhenruder als Tailerons angelenkt sind, reagieren beide Modelle zwar ausreichend, aber nicht nervös auf die Querruder. Die Schwerpunktlage ist dann korrekt eingestellt, wenn das Modell die Nase nicht nach unten nimmt, auch wenn die Höhenruder auf 0° eingestellt sind. Ein zu kopflastiges Modell, das nur auf Höhe getrimmt fliegt, macht weniger Flugspaß, da es beim Gasgeben die Nase hoch nimmt.

Jetzt geht’s ab!
Und Gas geben kann man! In absoluten Zahlen liegt die Geschwindigkeit zwar im Bereich eines Slowflyers, doch in Anbetracht der Winzigkeit der Flugzeuge kommt richtiges Jetfeeling auf. Besonders tiefe, schnelle Vorbeiflüge sind einfach toll. Die Modelle können auch erstaunlich langsam geflogen werden, wenn man sie wie die großen Vorbilder mit einem hohen Anstellwinkel bewegt. Rollen gelingen recht gut, je nach Modell nicht unbedingt ganz rund und aufgrund des Drehmoments nicht in beiden Richtungen mit derselben Rollrate. Loopings sind etwas tricky und selten wirklich schön, da beim Steigflug das Tempo rasch abnimmt und sobald der Flügel weniger angeströmt ist, wirkt das Drehmoment des Motors und aus dem Looping wird eine Fassrolle.
Fein-Finish danach
Wer es gerne einfach mag, kann sein Modell nach der Flugerprobung kurzum mit wasserfesten Stiften bemalen. Mit etwas Acrylfarbe und einer Airbrushpistole lässt sich aber auch ein richtiges kleines Kunstwerk zaubern aus dem kleinen Giftzwerg. Ich habe bei meinen Modellen die Airbrushvariante gewählt.
Außerdem habe ich vor der farblichen Ausgestaltung noch eine vernünftige Akkuhalterung ausgeschnitten und den Stecker an der passenden Stelle unten am Rumpf eingeharzt. So kann der Akku einfach und schnell ausgetauscht werden. Ein Klettband oder ein Stück Tesa geht natürlich auch.

Welcher Jet kann was?
Alle Modelle fliegen mittlerweile mehr als zufriedenstellend. Für Einsteiger in die Mini-Jet-Welt empfehle ich die Draken oder die F-16, die sehr ausgewogen fliegt. Die Draken hat aufgrund der relativ großen Tragfläche die besten Langsamflugeigenchaften, neigt aber dazu, sich plötzlich senkrecht aufzustellen, wenn sie zu langsam wird. Die F-16 zeigt eine gute Mischung aus Wendigkeit und Tempo. Sie kann auch relativ langsam geflogen werden mit hohem Anstellwinkel, wie das Original.
Das echteste Jet-Feeling vermittelt die Tiger. Sie fliegt allgemein etwas schneller und ist etwas weniger wendig als die anderen Modelle, dafür vermittelt sie einem das Gefühl, ein echtes Jetmodell zu steuern. Selbstverständlich könnte jeder erdenkliche Jet in dieser Größe als Vorbild nachgebaut werden. Ein Vereinskollege baut sich gerade eine Mikro-Concorde. Ich bin gespannt, welche Modelle die flotte Flotte sonst noch ergänzen werden. Die kleinen Giftzwerge bieten jedenfalls eine Menge Flugspaß für wenig Geld, sind sehr bruchfest und zudem ein echter Hingucker. Viel Freude beim Nachbauen!
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Die Umriss-Vorlagen der vorgestellten Modelle gibt’s als Download in der CAD-Bibliothek unter: www.fmt-rc.de