KOLUMNE

Hier riecht’s nach Sprit


Es ist immer wieder ein Vergnügen, zu sehen, dass die FMT-Leser so aktiv an dieser Kolumne mitarbeiten. In einem der letzten Hefte hatte ich über die unbeliebte Arbeit beim Entfernen von Hartlot-Flussmittelresten gesprochen und empfohlen, das fertig gelötete Teil in warmes Wasser einzuweichen. Georg Krämer aus Euskirchen hat einen besseren Vorschlag und schreibt:

„Hallo Franz, als „alter“ Modellbauer sind meine Flieger am liebsten aus Holz und riechen meist nach Sprit, gerne auch nach Methanol (mit Rizinus). Deswegen ist deine Kolumne auch immer mein Anfang in einer neuen FMT-Ausgabe. Zum Artikel im Dezember 2017: Einen selbst hartgelöteten Krümmer (das Flussmittel ist dann ja wie Emaille) lege ich in einen alten Topf mit kochendem Wasser. Man kann dann sehen, wie sich innerhalb weniger Sekunden alles löst und die Lötstelle nach etwa zwei Minuten sauber ist und auch mit hitzebeständiger Farbe lackiert werden kann, ohne dass die Rückstände wieder durchblühen.“

Herzlichen Dank, Georg. Ich habe das natürlich sofort überprüft. Ich hatte noch einen uralten Krümmer irgendwo liegen, der wunderschöne und im Laufe der Jahre sehr hart gewordene Flussmittelblüten präsentierte. Den habe ich, wie Georg vorgeschlagen hat, ein paar Minuten in kochendes Wasser gelegt. In Zeitraffertempo verschwand das Flussmittel – ohne jedes mühselige Bürsten (Abb. 1 und 2). Das kochende Wasser wurde fast schlagartig braun und trüb. Jetzt bleibt nur noch das Thema, der Gattin zu erklären, warum gerade der beste Kochtopf für so einen komischen Test herhalten musste.

Abbildung 1

Abbildung 2

In der letzten FMT-Ausgabe hatte ich den 2-Zylinder-V-Motor von Walter Schimmer aus München vorgestellt, der das dem 2-Takter angeborene Problem der Gassteuerung durch die konsequente Trennung der beiden Gehäuseteile gelöst hatte. Er hat im Prinzip zwei Einzylinder-Motoren im Winkel von 90 Grad hintereinander zusammengebaut. Das ist ja auch die Lösung, die 3W bei dem seit einigen Jahren auf den Messen gezeigten 3-Zylinder-2-Takt-Sternmotor in der Entwicklung hat.

Knapp 50 km östlich von München entfernt liegt Maitenbeth. Da wohnt Walters Schimmers Freund Walter (noch einer!) Vilsmeier. Sein Heimatverein ist der MBC Assling. Wer mal den Verein googelt und dann die Videos des Jahres 2015 sichtet, findet auch ein kurzes Video über einen 2-Takt-4-Zylinder-V-Motor mit ca. 200 cm³ Hubraum. Das ist der Motor, den Walter Vilsmeier gebaut hat. Er ist einen völlig anderen Weg bei der Konstruktion seines V-Motors gegangen. Zum besseren Verständnis zuerst einmal ein paar Prinzip-Skizzen:

Abb. 3: Beim Einzylinder-2-Takter wird beim Aufwärtsgang des Kolbens über z.B. ein Flatterventil vom Vergaser ein Frischgasgemisch angesaugt. Beim Abwärtsgang des Kolbens (roter Pfeil) wird das Flatterventil durch die Drucksteigerung im Gehäuse automatisch geschlossen und das Frischgas im Gehäuse unter Druck gesetzt. Wenn der Kolben den Überstromkanal (grüner Pfeil) freigibt, fördert der Gehäusedruck das Gemisch in den Brennraum. Dieses Prinzip funktioniert nur dadurch, dass bei der Kolbenbewegung im Gehäuse einmal ein Unterdruck, ein anderes Mal ein Überdruck erzeugt wird.

Abb. 4: Sehen wir uns jetzt mit diesem Grundgedanken einen 2-Zylinder-Boxermotor an. Da beim Boxer beide Kolben simultan auf und ab fahren, ist hier der identische Vorgang wie beim Einzylinder möglich. Auch beim Boxer, bei dem die beiden Zylinder ja in einem gemeinsamen Gehäuse enden, ändert sich der Innendruck im Gehäuse mit der Kolbenbewegung.

Abb. 5: So und jetzt endlich der V-Motor. Beide Kolben werden von einem gemeinsamen Kurbelzapfen angetrieben. Das heißt aber damit auch, dass beim Aufwärtsgang des einen Kolbens der andere zwangsläufig abwärts läuft. Dadurch ändert sich das Volumen im Kurbelwellengehäuse nicht und es kann kein Transport des Frischgases stattfinden. Irgendwo muss jetzt ein Druck her, der den Gaswechsel möglich macht. Walter hat dafür einen kleinen Kompressor zwischen dem Motorgehäuse und dem Vergaser gebaut. Er ver wendet einen sogenannten Roots-Lader. Der Roots-Lader macht die Verschiebearbeit des Gasgemisches bei konstantem Druck (= geringer Überdruck gegenüber Umgebungsdruck). Da immer bei einem Zylinder der Überströmkanal geöffnet ist, entsteht ein konstanter Volumenstrom vom Lader zu den Zylindern. Walter war sich nicht sicher, ob dieses System überhaupt funktionsfähig ist und hat einen Versuchsmotor gebaut als 2-Zylinder-Reihenmotor mit Lader, der dasselbe Laufverhalten zeigte, wie jetzt der Vierzylinder.

Aber lassen wir Walter selbst erzählen: „Die Gehäuseteile sind in Alu (AlMgSi10) gegossen, weil es für mich die einfachste Fertigungsmethode war. Ich habe nur eine handgekurbelte Fräsmaschine im Keller und kann somit nur geradeaus Fräsen. Beruflich habe ich einen gewissen Einblick in die Gießerei, so dass die Anfertigung der Gussformen (normaler Modellbau) und der Aufbau der Kernkästen kein Problem darstellt. Und Aluminium wird bei ca. 720° vergossen. Ich habe das Aluminium anfangs sogar im eigenen Kachelofen geschmolzen! Inzwischen habe ich aber einen thermostatgesteuerten Wärmeofen, mit dem ich das Aluminium schmelze und die Gussrohlinge dann auch wärmebehandeln kann.

Der Motor ist momentan in einem PAF-Trainer eingebaut, der Prop ist ein SL-Prop (Sven Lange) mit 28“ Durchmesser, die Steigung ist auf 14“ eingestellt, da dreht der Motor aber noch zu hoch. Eine Kleinserie ist eventuell denkbar, wenn der Motor die Flugerprobung besteht. Ein Thema ist z.B. die Abdichtung der Kurbelwelle vorne und hinten, die abgedichteten Kugellager mit FKM-Dichtscheiben (benzinfest) halten dem permanenten Überdruck im Kurbelgehäuse nicht stand, die äußeren Dichtscheiben werden aus den Lagern herausgedrückt. Hier habe ich jetzt Viton-Simmerringe eingesetzt. Weiterhin muss ich noch mit der Lader-Übersetzung spielen, wahrscheinlich ist die Förderrate noch zu hoch, da der Motor einen respektablen Spritkonsum hat und einen Teil der Ladung vom Überströmer aus gleich in den Auspuff schiebt. Das Laufverhalten ist allerdings sehr gut, er springt warm und kalt tadellos an, der Leerlauf ist stabil bei ca. 800 1/min, die niedrigste Drehzahl liegt bei ca. 650 1/min.

Ohne Kühlluftführung hatte ich an den vorderen Zylindern nach kurzem Vollgasflug 125°C, die hinteren Zylinder waren bei 160°C. Nach Anbau einer Kühllufthutze für die hinteren Zylinder war dann die Temperaturverteilung 125°C vorne, hinten 1× 130°C und 1× 150°C. Das muss ich noch optimieren. Ich habe auch den Verdacht, dass der Motor im Flug noch richtig Drehzahl zulegt, am Boden 5.600 1/min mit einer 32×12 Zweiblatt, in der Luft an die 7.000 – aber das ist noch nicht ganz sicher, da die Drehzahl-Telemetrie noch nicht optimal funktioniert. Das Propellergeräusch ist aber infernalisch. Der Motor hat inzwischen einen neuen Rootslader mit Gussgehäuse und kompakteren Abmessungen sowie einer Druckluftstrecke, die mit O-Ringen abgedichtet und nun wirklich dicht ist. Der Vergaser erhält seinen Pumpendruck inzwischen durch eine kleine Kolbenpumpe an der Rückseite des Laders mit Abmessungen wie ein 0,33 cm³ Cox. Das funktioniert bisher bestens mit einer Dauerfettfüllung im Pumpengehäuse. Mit den Rotoren des Laders experimentiere ich mit Kunststoff, sehr vielversprechend, aber noch nicht in der Flugerprobung (da sind bisher Stahl-Rotoren eingebaut, die laufen problemlos mit einer Übersetzung 1:4 zur Kurbelwelle). Der nächste Schritt ist neben der Kühlluft noch die Optimierung der Abgasführung mit gleichen Krümmerlängen, das ist speziell am PAF-Trainer noch ein Problem, da ich dann den Motor mit stehenden Zylindern einbauen müsste. Der Motor ist für eine Me 109 gedacht, da erzeugt die Abgasführung oberhalb des Kurbelgehäuses kein Platzproblem.“

Walter hat mir zugesagt, mich und damit die FMT-Leser über den weiteren Werdegang seines 4-Zylinders auf dem Laufenden zu halten. Es ist immer wieder toll, zu sehen, dass neben dem „ich kaufe nur fertig!“ auch das Bauen nicht zu kurz kommt.

Abbildung 6

Abbildung 7

Abbildung 8

Abbildung 9

Wer auch etwas in dieser Richtung in seiner Werkstatt hat, darf sich gerne bei mir melden. Oder noch viel besser, er meldet sich für die ProWing Nord in Bad Sassendorf für die Aktionsfläche an, die vom 27. bis 29. April 2018 dort veranstaltet wird und zeigt seinen Schatz in Aktion. Wer möchte, meldet sich ganz formlos bei Thomas Schmidt an: schmidt@prowing. de oder schreibt mir eine E-Mail. Bis nächsten Monat.

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